Rosenkranzfest

 

7. Oktober

 

Schön ist das Fest der Rosen im Mariengarten, und schon auch ist das, was die Legende vom hochheiligen Rosenkranz zu erzählen weiß.

 

Im weißen Orden des heiligen Bernhard lebte einmal vor vielen hundert Jahren ein Mönch, der von einfältigem Geist war, kein Latein verstand und deswegen beim feierlichen Gottesdienst in der Klosterkirche weder mitbeten noch mitsingen konnte. Dafür kniete er regelmäßig, wenn die anderen lateinisch beteten und sangen, vor dem Muttergottesaltar nieder und sprach langsam und mit großer Andacht fünfzig Ave zu Mariens Ehre. Jahrelang machte er es so, und eines Tages geschah es, dass aus dem Mund des Beters, mit jedem Ave, das er verrichtete, eine Rose hervorwuchs, und die Rosen schlangen sich von selbst zu einem Rosenkranz, der sich als blühender Schmuck um Mariens Haupt und Mantel legte. Zuerst sah es nur einer von den lateinisch betenden und singenden Brüdern im Chor.

Dieser stieß den Nachbarn an und erzählte es ihm, und dann sagte es einer dem anderen, und sie hörten auf zu beten und sahen mit staunenden Augen das Wunder, das vor ihnen aufblühte, und alle machten es fortan ebenso wie der einfältige Mönch. Das war der Beginn des Rosenkranzgebetes. Es ist ein schöner Beginn.

 

Jahre vergingen, und von jenem Kloster, in dem sich das Rosenkranzwunder ereignete, pflanzte sich die neue Andacht mit der Zeit auf andere über, und schließlich waren alle Klöster Mariengärten mit Rosen, weiß und rot und golden, die ohne Unterlass im Sommer und im Winter blühten. Vom katholischen Volk indessen wurde der Rosenkranz kaum gebetet, denn fast niemand kannte ihn. Das war bedauerlich.

 

Es wurde erst anders, als sich in Südfrankreich die gräuliche Irrlehre der Albigenser ausbreitete. Hartnäckige Leute waren es, die allen Bekehrungsversuchen widerstanden und unerschütterlich im Irrtum beharrten. Die Geistlichen konnten predigen, dass ihnen der Schweiß von der Stirn lief, die Albigenser lachten sie nur aus. Unter den Predigern befand sich der heilige Dominikus. Doch auch er hatte mit den Predigten keinen Erfolg. Was tat er da? Er betete drei Tage lang, und als die drei Tage vorüber waren, erschien ihm die liebe Mutter Gottes und trug ihm auf, er solle die Leute den Rosenkranz lehren und beten lassen. Das sagte Maria, und Dominikus befolgte den Rat, und von diesem Zeitpunkt an bekehrten sich die Irrgläubigen schnell, oft Hunderte an einem Tag. So mächtig ist der Rosenkranz.

In der Folgezeit gaben sich die Mönche des Dominikanerordens alle Mühe, landauf und landab das Rosenkranzgebet zu verbreiten. Bald blühten um alle Häuser und Hütten die Mariengärten, weiß und rot und golden, bald stand die ganze Welt im Duft der Marienrosen. Schön war es. Ein eigenes Rosenkranzfest gab es jedoch immer noch nicht.

 

Es kam das Jahr 1571. Es war ein böses Jahr, denn damals drohten die Türken, Europa zu überrennen, und wo die Moslems hausten, da wurde das Christentum mit Stumpf und Stiel ausgerottet. Groß war die Gefahr, mächtig war der Feind, und an seine Fahnen hatte sich seit Jahren der Sieg geheftet in jedem Krieg. Unüberwindlich schien er zu sein. Klein war dazu die Streitmacht, die der damalige Papst Pius V. dem Gegner entgegenstellen konnte, als es am 7. Oktober 1571 zur entscheidenden Seeschlacht bei Lepanto kam. Schwer hatten es anfangs die christlichen Krieger. Der Wind schlug ihnen entgegen und trieb ihnen den Pulverdampf in die tränenden Augen, aber in ihrem Rücken betete die gesamte Christenheit den Rosenkranz, und plötzlich schlug der Wind um, und es wurde ein solch großartiger Sieg errungen, dass die türkische Macht für immer erledigt war. Das hat der Rosenkranz getan, und zum Dank für die Rettung aus höchster Not wurde das heutige Rosenkranzfest eingeführt.

 

Seitdem ist die ganze katholische Welt zu einem Mariengarten geworden, in dem alle Tage und Stunden zu Mariens Ehre neue Rosen, rot und weiß und golden, aufblühen, eine Pracht und eine Herrlichkeit ohnegleichen.

 

 

Rosenkranz-Lied

 

Es glänzt kein Licht im Sternensaal

So hell als wie der Sonnenstrahl,

Und unter Blumen glänzt hervor

Der Rose schönster Purpurflor.

Du aller Rosen Königin,

Sei mir gegrüßt mit Herz und Sinn!

 

Ein Meisterwerk aus Gottes Hand,

Gepflanzt, gepflegt im heil`gen Land,

Gefielst du schon von Ewigkeit

Der heiligsten Dreifaltigkeit.

Du aller Rosen Königin,

Sei mir gegrüßt mit Herz und Sinn!

 

Erblüht im Garten Nazareth,

Dort, wo der Engel grüßend steht

Und spricht: Es sei dir keine gleich;

Er nennt dich Rose gnadenreich!

Du aller Rosen Königin,

Sei mir gegrüßt mit Herz und Sinn!

 

Des Himmels und der Erde Pracht

Aus dieser milden Rose lacht.

Maria! Du entzückst mich ganz,

Dir flecht` ich einen Rosenkranz.

Du aller Rosen Königin,

Sei mir gegrüßt mit Herz und Sinn!

 

Den goldnen heil`gen Rosenkranz,

Umstrahlt von deinem Tugendglanz,

Von Engelsgrüßen wind` ich dir;

Ach, nimm ihn gnädig an von mir!

Du aller Rosen Königin,

Sei mir gegrüßt mit Herz und Sinn!

 

Der schöne Kranz, er wird bestehn,

Bis einst die Welt zu Grund wird gehn;

Die Tugend ist den Rosen gleich,

Hier dornenvoll, dort freudenreich.

Du aller Rosen Königin,

Sei mir gegrüßt mit Herz und Sinn!

 

Die Freude, Glorie – und den Schmerz,

Die flecht` ich um dein Mutterherz,

Und in den Kranz recht tief hinein –

Soll meine Lieb` gebunden sein.

Du aller Rosen Königin,

Sei mir gegrüßt mit Herz und Sinn!

 

So will ich täglich kränzen dich,

Bis du im Tod bekränzest mich,

Und mit dem Kranz der Seligkeit

Sich einst mein Herz in Gott erfreut.

Du aller Rosen Königin,

Sei mir gegrüßt mit Herz und Sinn! Amen.

 

 

Der Rosenkranz spielt in der Geschichte unserer Frömmigkeit eine besondere Rolle. Früher völlig unbekannt, hat er etwa seit 850 Jahren sich die Stellung eines Lieblingsgebetes erobert. Und keineswegs nur bei dem einfachen, wenig gebildeten Volk, auch Könige und Päpste, Wissenschaftler und Künstler haben ihn gerne und unablässig gebetet. So ist der Rosenkranz wie der katholische Gruß und das Kreuzzeichen zum Kennzeichen des echten Katholiken geworden.

 

Aber der Rosenkranz spielt auch in der Geschichte des Reiches Gottes auf Erden keine unbedeutende Rolle. Seinem Beten haben die Päpste die Errettung Europas aus der Türkengefahr zugeschrieben. Zu seinem Gebrauch rief unermüdlich der hochgelehrte Leo XIII. auf, als er das Schiff Petri von den Anstürmen der Freimaurer arg bedroht sah. Er ruhte nicht, bis er den Oktober als den Rosenkranzmonat in unserer Kirche heimisch gemacht hatte. Nicht nur in Lourdes, auch in Fatima erschien die seligste Jungfrau mit dem Rosenkranz und lehrte ihn beten. Sie forderte sogar zu Fatima das eifrige Rosenkranzgebet als eine Voraussetzung für unsere Rettung im gegenwärtigen Ansturm der Gottlosigkeit.

 

Maria ist aber auch in anderer Weise mit dem Rosenkranz verbunden. In seinen Geheimnissen erscheint sie als die stete Begleiterin unseres Herrn. In den stets wiederholten Aves weicht ihr Name nicht von den Lippen des Beters. So ist in der Tat Maria die Königin des Rosenkranzes, das Beten desselben eine Huldigung an die Königin.

 

Aber noch etwas anderes als Huldigung: innigstes Anflehen, Rufen und Schreien zur „Hilfe der Christen“. Je größer die Not, um so mehr schwillt das Rosenkranzgebet an. Durch ihn können wir so gut den Rat des göttlichen Heilandes befolgen: Wir sollten solange durch Anklopfen und Rufen lästig werden, bis uns willfahren würde, und sei es nur, um die lästigen Schreier quitt zu werden. Dazu eignet sich das Rosenkranzgebet mit seinen stetigen Wiederholungen ausgezeichnet. Lästig werden wir freilich der Mutter der Barmherzigkeit nie. Die Rosenkranzkönigin wartet vielmehr schon darauf, uns helfen zu dürfen. Und nie scheint Maria unserem Flehen geneigter zu sein, als wenn wir mit dem Rosenkranz in der Hand ihr nahen. Das ist der Ruf, dem die Königin huldvoll sich zuneigt.

 

Kirchengebet

 

O Gott, Dein eingeborener Sohn hat durch sein Leben, seinen Tod und seine Auferstehung für uns den Lohn des ewigen Heils erworben; wir bitten Dich nun: durch die Verehrung dieser Geheimnisse im hochheiligen Rosenkranz der seligen Jungfrau Maria lass uns nachahmen, was sie enthalten, und erlangen, was sie verheißen. Amen.

 

Zur Geschichte des Festes: Das Rosenkranzfest ist ein Dankfest an die Rosenkranzkönigin. Als nämlich die Türken im Jahr 1571 das christliche Abendland bedrohten und man mit Recht den Sieg der übermächtigen türkischen Flotte fürchtete, rief Papst Pius V. die gesamte Christenheit, besonders alle Rosenkranzbruderschaften auf, die Gottesmutter durch eifriges Rosenkranzgebet zu bestürmen, die drohenden Gefahren abzuwenden. Das Wunder geschah! Maria offenbarte sichtbar ihre Hilfe. Die feindliche Flotte wurde am 7. Oktober 1571 bei Lepanto vernichtend geschlagen. Aus Dankbarkeit ordnete der Papst zunächst an, in jedem Jahr am 7. Oktober dieses Ereignisses zu gedenken, und zwar unter dem Titel: „Gedächtnis Unserer Lieben Frau vom Sieg“. Gregor XIII. ersetzte dieses „Gedächtnis“ bereits im Jahr 1573 durch eine eigene Festfeier (am 1. Samstag im Oktober) zu Ehren Unserer Lieben Frau vom heiligen Rosenkranz. Nach einem abermaligen Sieg über die Türken, bei Peterwardein, ordnete Klemens XI. die Feier des Rosenkranzfestes (1716) für die ganze Kirche an. In Leo XIII. erwuchs dem Rosenkranzgebet ein ganz besonderer Liebhaber. 1883 fügte er in die Lauretanische Litanei die Anrufung „Königin des hochheiligen Rosenkranzes“ ein und erhob 1887 das Rosenkranzfest zu einem Doppelfest zweiter Klasse.

 

(„So feiert dich die Kirche“, Prof. Dr. Carl Feckes, Maria im Kranz ihrer Feste, Steyler Verlagsbuchhandlung, 1957)

 

Maria vom Sieg

 

Alljährlich wird in der ganzen katholischen Christenheit am 7. Oktober (früher am ersten Sonntag im Oktober) das Rosenkranzfest gefeiert. Welche Begebenheit zur Einsetzung dieses Marienfestes die nächste Veranlassung bot, soll immer wieder erzählt werden.

 

Hart bedrängt war die ganze Christenheit, als die Türken im Jahr 1566 die Insel Chio erobert hatten und ihr Sultan Soliman 1570 seinen grausamen Feldherrn Mustapha absendete, um sich der Insel Zypern zu bemächtigen. Papst Pius V. wendete alle Kräfte an, die christlichen Fürsten zum gemeinschaftlichen Widerstand gegen den Erbfeind des Christentums zu bringen. Allein nur Spanien und die Republik Venedig, die dem Andrang der wilden Horden zunächst ausgesetzt waren, rüsteten sich. In Deutschland loderte die die Flamme des Reformationskrieges, und der Kaiser wurde dadurch gehindert, seine Macht zu teilen. Langsam ging die Mobilmachung der Spanier vor sich. Unterdessen bemächtigte sich Mustapha der Insel Zypern, brach treulos die gemachten Friedensbedingungen und ließ die Einwohner grausam behandeln, größtenteils ermorden oder an die Galeeren schmieden. Besonders unmenschlich verfuhr er gegen den Statthalter Bragadin, indem er ihm Nase und Ohren abschneiden, ihn auf dem Platz öffentlich schinden und danach seine mit Stroh ausgefüllte Haut samt den Köpfen der vornehmsten Einwohner nach Konstantinopel bringen ließ. Außerdem wurde der Sohn des lebendigen Gottes öffentlich verhöhnt und gelästert, und, wo es nur möglich war, die Kirchen geschleift oder in Moscheen verwandelt. Was hatte das christliche Europa zu erwarten, als Soliman im Jahr 1571 mit einem gewaltigen Kriegsheer über die Venetier herfallen und über die anderen christlichen Länder sich ausbreiten wollte? Furcht und Schrecken bemächtigten sich aller Gemüter. Ganz Europa wandte sich zu Gott, und die Gläubigen zur heiligen Jungfrau, als der Fürsprecherin, als der Mutter aller Christen und der Schützerin der heiligen Kirche. Zahlreich strömten sie zu ihrem Gnadenort, nach Maria-Loretto. Johann von Österreich, der Anführer der christlichen Armee, gelobte, wenn es ihm gelingen sollte, mit seiner geringen Macht das feindliche Heer zu schlagen, persönlich Loretto zu besuchen und der Mutter des Herrn als Siegerin öffentlich zu huldigen. Beide Mächte waren sehr ungleich. Die türkische bestand aus mehr als zweihundert Galeeren und beiläufig fünfzig kleinen Schiffen, die mit siebzigtausend streitbaren Männern besetzt waren, die christliche hingegen, zählte nur einhundertdreißig Galeeren, beiläufig dreißig andere Schiffe und zwanzigtausend Soldaten. Doch Gott ließ das Vertrauen des christlichen Volkes nicht zu Schanden werden. Am 7. Oktober kam es zur Schlacht. Sie dauerte von sechs Uhr morgens bis zum Abend. Der Sieg war auf der Seite der Christen, denn Maria kämpfte für die Christenheit. Ungefähr dreißigtausend Türken liegen erschlagen, hundertsiebzehn Schiffe sind erobert, siebzig in den Grund gebohrt, hundertsechzehn Kanonen und hundertfünfzig Feldschlangen erbeutet, fünfzehntausend gefangene Christen in Freiheit gesetzt.

 

Allgemein wurde dieser so wichtige und vollkommene Sieg der Christen Mariens Fürsprache zugeschrieben. Papst Pius V., der Heilige, hatte am Tag der Schlacht ein Gesicht vom Sieg der Christen. Er war eben in Arbeiten mit den Kardinälen begriffen. Plötzlich verließ er sie, schaute einige Augenblicke gen Himmel, schloss das Fenster, das er geöffnet hatte, und sprach: "Nun sei nicht mehr die Rede von Geschäften. Nur Dankgebete sollen zum Himmel geschickt werden für den Sieg, den Gott soeben der christlichen Armee verliehen hat." Er setzte zur Erinnerung dieses großen Ereignisses das Fest "Maria vom Sieg" ein, das später von Papst Gregor XIII. auf den ersten Sonntag im Oktober übertragen wurde und nun jährlich am 7. Oktober unter dem Namen "Rosenkranzfest" gefeiert wird. Papst Gregor XIII. erklärte, erwähnter Sieg der Christen sei als eine Wirkung der Fürbitte Mariens anzusehen, da er an demselben Tag erfochten wurde, an dem die Mitglieder der Rosenkranzbruderschaft, die zur Ehre der allerseligsten Jungfrau errichtet worden war, ihre feierlichen Prozessionen in allen Provinzen hielten und Gott durch die Fürbitte seiner gebenedeiten Mutter um einen glücklichen Ausgang des Krieges anriefen. Von der Zeit an wurden auch nach Anordnung Pius V. der Lauretanischen Litanei die Worte beigesetzt: "Helferin der Christen!"

 

Die Rettung Europas 1571

 

Im Jahr 1571 trafen die türkischen Eroberer Vorbereitungen zu einer riesigen Flottenexpedition. Sie wollten über die Insel Malta sowie über Sizilien und Neapel die Herrschaft über das Mittelmeer erringen. Das christliche Abendland war bedroht, das Kreuz hätte dem Halbmond weichen müssen, wenn nicht rasch und gründlich Abhilfe erfolgt wäre. Denn Europa war im Begriff, von einer mächtigen Zange eingeschlossen zu werden. Das letzte Bollwerk der Christen im Süden, Zypern, fiel. Papst Pius V. bemühte sich, eine Liga zur Verteidigung der Christenheit zu bilden. Als die Nachricht vom Fall Zyperns eintraf zerstritten sich jedoch die christlichen Befehlshaber. Die Liga zerfiel. In höchster Not entschloss sich der König von Spanien, Philipp II., die ganze Verantwortung auf sich zu nehmen. Er beauftragte Don Juan von Österreich, das Mittelmeer von der ständigen Geisel der islamischen Gefahr zu befreien.

 

Am 7. Oktober 1571 kam es bei Lepanto (Griechenland) zur entscheidenden Schlacht. Die Türken, sagte man, seien unbesiegbar. Auf den Schiffen der Christen wurde ein Kruzifix in die Höhe gehalten. Don Juan kniete vor dem Kreuz nieder und flehte mit gefalteten Händen um den Sieg. Seinem Beispiel folgte jeder Mann auf dem Schiff, die Musketiere, die Kanoniere. Aus Tausenden von gläubigen Herzen stieg die Bitte um Erhörung zum Gekreuzigten empor. Eine Welle von Gottvertrauen und Siegeszuversicht ging über die zum Kampf, Sieg und Tod bereiten Scharen hin. Es war nach den Aussagen derer, die es miterlebten, ein ergreifender, weihevoller Augenblick.

 

Der Papst hatte die ganze katholische Welt zu einem Sturmgebet mit dem Rosenkranz aufgerufen. Wie entscheidend dieses innige Beten für Sieg und Niederlage war, sollte sich bald herausstellen. Am Abend dieses 7. Oktober fiel die Entscheidung. Die christliche Flotte konnte einen großen Sieg über die Schiffe der Mohammedaner erringen. Das ganze westliche Mittelmeer war frei. Don Juan von Österreich wurde geehrt. Der Papst aber sah tiefer. Er sah das große Heer der Beter, das hinter dem Geschehen stand, und bestimmte den Tag des Triumphes als Rosenkranzfest. Er ordnete als Dank für die Hilfe der Rosenkranzkönigin das tägliche dreimalige Läuten der Glocken an, morgens, mittags und abends, als immerwährenden Dank des Abendlandes an Gott und Maria, die Retterin der Christenheit.

 

Don Juan selbst bekannte, dass er ohne Gottes Hilfe nichts vermocht hätte. Wie sehr dieser Dank an den Himmel berechtigt war, enthüllt mit erschütternder Deutlichkeit eine Vision, die der heiligmäßigen Katherina von Cardonne, der Erzieherin von Don Juan, gewährt wurde.

Auch sie hatte Gott mit vielen Gebeten und Opfern um den Sieg der Christen angefleht. In dieser Vision wird offenbar, dass es sich im Letzten um ein Ringen der göttlichen Gerechtigkeit mit der göttlichen Barmherzigkeit handelte.

 

Am Tag der Schlacht wurde ihr ein gewaltiges Geschehen gezeigt. Sie schaute Gottes erhabene Majestät sowie Dämonen, welche die unzähligen Sünden der Christen vor Gott brachten und unerbittlich das Eingreifen seiner Gerechtigkeit forderten. Gleichzeitig sah sie Maria, von Engeln begleitet, Gott alle gebeteten Rosenkränze aufopfern. Der furchtbare Kampf zwischen den beiden Flotten wogte noch hin und her. Da erkannte sie, dass er zugunsten der Christen entschieden worden ist. In überströmender Freude jubelte sie.

 

„Wir müssen der heiligen Jungfrau danken! Sie hat durch ihre mächtige Fürbitte den glänzenden Triumph erlangt!“ Später stellte sich heraus, dass sie den schicksalhaften Sieg der Christen genau in der Stunde verkündete, als dieser tatsächlich erfolgte.

 

***

 

Seit den Tagen der Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert werden der Kirche die mittelalterlichen Kreuzzüge vorgeworfen. Dabei wird stets unterschlagen, warum die Kreuzzüge überhaupt entstanden sind. Bald nach der Gründung des Islam wurden die Christen in Nordafrika und Südeuropa von den Moslems hart bedrängt. Die frühen Stätten der Christenheit fielen an die Moslems. Der Greifswalder Geschichtsprofessor Egon Flaig schreibt dazu:

„Wäre Konstantinopel schon um 1100 gefallen, dann wäre die vielfältige europäische Kultur wahrscheinlich nicht entstanden: keine freien städtischen Verfassungen, keine Verfassungsdebatten, keine Kathedralen, keine Renaissance, kein Aufschwung der Wissenschaften.“ Jacob Burckhardts Urteil – Ein Glück, dass Europa sich im Ganzen des Islam verwehrte – heißt eben auch, dass wir den Kreuzzügen ähnlich viel verdanken, wie den griechischen Abwehrsiegen gegen die Perser. Insofern hat die Kreuzzugsbewegung auch einer berechtigten Verteidigung gedient. Angesichts der ständigen Bedrohung haben die Menschen damals den Sieg von 1571 als große Befreiung empfunden.