Wunderbare Erscheinungen Marias

 

Inhalt: 

 

1. Stiftung der Abtei Grotta ferrata

2. Legende von Unserer Lieben Frau del Pilar

3. Die sieben Himmelsfreuden Marias

4. Visionen der heiligen Brigitta

5. Die Forderung eines Tempels

6. Maria die Erquickende

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1. Stiftung der Abtei Grotta ferrata

 

Von Marino immer weiter hinab und sachte hinan schlängelt sich der Weg durch hohe, üppige Hecken, die an der einen Seite Weinberge und Gärten, an der anderen steile Abhänge decken, vorbei an wunderschönen Baumgruppen und einer uralten, zur Laube gezogenen Linde. Diese Linden-Laube ist eine Kapelle, und aus der gewaltigen knorrigen Höhle des Hauptastes blickt dem Wanderer ein blumenbekränztes Marienbild entgegen, und ein Eremit tritt uns, mit seiner Büchse klappernd und „per la santissima Madonna“ Almosen fordernd, in den Weg. – Wir reichen unsere Spenden. –

 

Aber schon rauscht und braust es unter uns in der Tiefe, und von der Höhe des Waldpfades hinab sahen wir zu unseren Füßen das Mühlental von Grotta ferrata mit seinen silberumschäumten Pfaden. Durch den Mühlenhof steigt der beschwerliche Fußpfad aufwärts nach Grotta ferrata, das jetzt mit all dem Zauber mittelalterlicher Romantik, der seine krenelierten Türme und zinnengekrönten Mauern umgibt, vor unseren Blicken lag. Die stattliche Abtei Grotta ferrata sieht aus wie einer jener kriegerischen Bischöfe und Äbte des Mittelalters, die über ihrem Ordensgewand Stahlpanzer und Eisenharnisch trugen.

 

Der Stifter des Klosters und der Kirche ist der heilige Rilus, der, als Vorstand eines griechischen Klosters bei Gaeta, um das Jahr 1000 vor den Einfällen der auf Sizilien hausenden Sarazenen, auf Einladung des Kaisers Otto III. nach Rom flüchtete. – Auf seinem Weg dahin, den er mit dem gottseligen Bruder Bartholomäus zusammen machte, erschien beiden die heilige Muttergottes auf einem Wolkenthron, als sie eben an der Stelle, wo jetzt das Kloster steht, von ihren Reisebeschwernissen ausruhten, und tat dem heiligen Rilus, indem sie ihm einen goldenen Apfel überreichte, ihren Willen kund: „hier eine Kirche zu besitzen.“ –

 

Diese Stiftungs-Legende ist denn auch in den berühmten Fresko-Gemälden verewigt, mit denen Domenichino auf Befehl des damaligen Abtes, Kardinal Odoardo Farnese, die Kirche geschmückt hat.

 

Das letzte Fresko-Bild zeigt die heilige Jungfrau Maria, wie sie auf einem von Engeln getragenen Gewölk, mit dem Jesuskind auf dem Arm, den beiden Heiligen erscheint, und dem St. Rilus den goldenen Apfel reicht. Und damit die Stätte offenbar werde, an der die Madonna ihre Kirche gegründet haben will, schiebt der eine der schwebenden Engel mit beiden Händen die Wolken zurück, die die Aussicht auf Grotta ferrata bedecken. –

 

Auf einem anderen Bild heilt St. Rilus einen unglücklichen, besessenen Jungen, den der Vater zu ihm geleitet hat. Die Heilung geschieht durch einige Tropfen Öl aus der vor dem Bild der Madonna brennenden Lampe, die der Heilige mit dem Finger auf die Zunge des Besessenen bringt. –

 

(Aus: Ein Jahr in Italien von Adolph Stahr)

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2. Legende von Unserer Lieben Frau del Pilar

 

„Meine geliebteste Mutter Maria“, sprach Jesus, „du weißt, dass die Apostel mit meiner Gnade zu meinem Ruhm arbeiten müssen, und mir auf dem Weg des Kreuzes und des Todes, den ich erlitten habe, um die Menschen zu erlösen, nachfolgen!“ – Der erste, der mir hierin nachfolgen soll, ist Jakobus der Ältere, mein getreuer Diener, und ich will, dass er den Martertod hier in der Stadt Jerusalem erleide. Es ist darum mein Wille, dass du ihn in Spanien aufsuchst, wo er meinen Namen predigt. Ich will, dass du nach Saragossa gehst und ihm gebietest, nach Jerusalem zurückzukehren, und vor seiner Abreise von Saragossa eine Kirche, zum Preise deines Namens, in der du verehrt und angerufen werden sollst, zu erbauen.“

 

Und die weiseste Mutter ging unter den Händen der Seraphim dahin und begleitet von ihren tausend Engeln und anderen, die ihr der Herr zurückgelassen, nach Saragossa. Unter den Gesängen und der himmlischen Musik dieser Engel kam sie in Saragossa gerade um die Mitternachtsstunde an.

 

Der glückliche Apostel Jakobus befand sich mit seinen Schülern außerhalb der Stadt, dicht an der Mauer, die am Ufer des Ebro steht. Sie bemerkten in der Luft ein sehr starkes Licht, das das der Sonne übertraf. Die Engel setzten den Thron ihrer Königin vor das Angesicht des Apostels, der eben in einem hochbegeisterten Gebet begriffen war.

 

Sie brachten eine kleine Säule (Pilar) von Marmor oder Jaspis herbei, und nachdem sie aus einem anderen davon verschiedenen Stoff ein Bild der Himmelskönigin gestaltet hatten, erhoben sie es mit großer Ehrerbietung.

 

Die erhabene Königin des Weltalls, die, umgeben von Engeln, auf jenem Thron saß, den sie an Licht und Anmut überstrahlte, zeigte sich nun dem heiligen Jakobus, der sich zur Erde niederwarf. Er sah auch das Bild und die Säule (oder Pfeiler) in der Engel Händen.

 

„Mein Sohn Jakobus“, sprach die Königin, „der Allmächtige hat diese Stätte erwählt, damit du sie ihm weihen und auf ihr eine Kirche erbauen sollst, die du ihm – unter meinem Namen – widmen wirst. Ich verspreche den Gläubigen, die sie besuchen werden, große Gnade, Segnungen und meinen mächtigen Schutz; denn dieser Tempel wird mein Haus und mein eigenes Erbe sein! Als Bürgschaft dieses Versprechens soll mein eigenes Bild auf diese Säule gestellt werden, und eben sowohl als der heilige Glaube bis zum Ende der Welt in der Kirche bleiben, die du erbaust! Du wirst sobald als möglich den Bau dieses Hauses Gottes beginnen und dann nach Jerusalem gehen, wo du, wie mein Sohn will, ihm das Opfer deines Lebens darbringen sollst!“

 

Nach diesen Worten befahl die heilige Jungfrau den Engeln, das heilige Bild auf die Säule zu stellen und sie an diesem Ort aufzurichten, wo sie sich heute noch befindet.

 

Der heilige Jakobus sank in die Knie, die Engel feierten die Weihe des ersten Tempels, der in der ganzen Welt dem Namen der glorreichen Königin des Himmels und der Erde erbaut ist.

 

Dies war der hochherrliche Anfang des Heiligtums von Unserer Lieben Frau del Pilar, das man mit Recht „Engels-Kammer“ oder auch „Eigenes Haus Gottes und seiner allerreinsten Mutter“ nennt. Besagtes Heiligtum hat sich durch die Gegenwart des geweihten Bildes und der Säule unversehrt erhalten, ohne dass seit fast 2000 Jahren, trotz aller Falschheit böser Menschen, trotz des Götzendienstes der Römer, trotz der Ketzerei der Arianer, und trotz der barbarischen Wut der Mauren, je im Geringsten daran wäre gerüttelt worden. Nach dieser Erscheinung der allerseligsten Jungfrau Maria rief St. Jakobus seine Jünger, unterwies sie in dem, was sie tun sollten, und begann fleißig zu arbeiten. Da die Engel ihm Beistand leisteten, vollendete er, ehe er von Saragossa schied, die kleine Kapelle, in der sich das heilige Bild und die Säule befinden.

 

Im Laufe der Zeiten haben die Katholiken die prachtvolle Kirche und alles andere aufgeführt, was dieses erhabene Heiligtum schmückt.

 

Diese wunderbare Erscheinung Marias zu Saragossa geschah zu Anfang des Jahres vierzig nach der Geburt ihres Sohnes, unseres Herrn.

 

Frau von Aulnay schreibt in ihrer Reise nach Spanien im Jahr 1769: „Nuestra Senora del Pilar steht zu Saragossa in einer Kapelle auf einer Marmorsäule, wo sie das Jesuskind in den Armen hält. Man behauptet, die heilige Jungfrau Maria sei auf dieser Säule dem heiligen Apostel Jakobus erschienen und man verehrt mit großer Andacht ihr Bildnis. Man kann es nicht gut erkennen, weil es hoch und an einem so dämmervollen Ort steht, dass man es ohne die Kerzen, die es erleuchten, gar nicht gewahr werden könnte. Es sind immer mehr als fünfzig Lampen angezündet; Gold und Edelsteine glänzen auf allen Seiten, und Pilger kommen in Menge. Die Kapelle del Pilar befindet sich in der Mitte der Kathedrale von Saragossa und ist von einem vergoldeten Gitter umgeben und mit Lampen geschmückt. Die durchbrochene Decke lässt eine Kuppel erblicken, auf deren Seitenwänden die Herabkunft der heiligen Jungfrau gemalt ist. Der Fußboden der Kapelle besteht aus den reichsten Marmorarten. Der Altar ist mit Skulpturen und sonstigen Zierraten überdeckt. Das Bild der gebenedeiten Jungfrau ist von kleiner Dimension, aus einem harzigen und beinah schwarzen Holz geschnitten. Sie hält das Jesuskind mit der einen Hand und mit der anderen fasst sie die Falten ihres Gewandes zusammen. Die Verehrung der heiligen Jungfrau und Gottesgebärerin findet täglich statt, aber die kindliche Feier wird am 12. Oktober, am Jahrestag ihrer Erscheinung, hochfestlich begangen. In dieser Zeit zählt man zu Saragossa wohl 50000 Pilger."

 

(Aus: Die geheimnisreiche Stadt Gottes von Maria von Agreda)

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3. Die sieben Himmelsfreuden Marias

 

Im dreizehnten Jahrhundert lebte im Zisterzienser-Kloster zu Villiers ein schlichter Laienbruder Namens Arnold, ein frommer Sohn Marias, mit dem sich in mütterlicher Milde und Güte die glorreiche Himmelskönigin mehr als ein Mal unterhielt.

Unter vielen anderen Andachtsübungen, mit denen Arnold seine geliebte Herrscherin zu ehren pflegte, oblag er auch gar oft der Betrachtung der sieben freudenreichen Ereignisse ihres Lebens auf Erden.

Als er nun wieder eines Tages dieselben Ereignisse erwog und ein seliges Lächeln der herzlichsten Teilnahme an ihnen sein Antlitz verklärte, erschien ihm, das Ziel seiner Gedanken, die heilige Jungfrau selbst und sprach zu ihm: "Arnold, geliebter Freund! Warum begnügst du dich, meine sieben freudenreichen Erlebnisse auf der Erde zu betrachten? Betrachte auch die sieben Freuden, die meine Glorie im Himmel bilden!" Und zugleich teilte sie ihm diese sieben glorreichen Freuden ihres himmlischen Aufenthaltes mit, wie sie es schon mit den sieben Erdenfreuden beim heiligen Thomas von Canterbury getan hatte.

Sie sprach nämlich:

 

"Meine erste Freude ist, - dass ich beim Eintreten in den Himmel alles dort gefunden habe, was ich zu besitzen hoffte, und was ich von der Wohnung der ewigen Seligkeit erwartete.

 

Meine zweite Freude - dass ich das ewige Zion mit meiner Klarheit und den Strahlen meiner Glorie erfüllt habe, wie an einem schönen Sommertag die Sonne mit ihrem Glanz die Erde, deine Heimat, erfüllt.

 

Meine dritte Freude - den himmlischen Heerscharen zu befehlen.

 

Meine vierte Freude - bei der unzertrennlichen und anbetungswürdigsten Dreieinigkeit überaus mächtig zu sein.

 

Meine fünfte Freude - dass Gott meinen Dienern und Schützlingen alles auf Erden und im Himmel bewilligt, was ich von ihm erbitte.

 

Meine sechste Freude - dass ich nächst Gott über alle Seligen erhöht und von allen Auserwählten umgeben bin.

 

Meine siebente Freude - die Gewissheit, dass sich meine Herrlichkeit und meine Seligkeit niemals mindern werden." -

 

Man erzählt auch, dass, als Arnold einmal gebetet und den heißen Wunsch gestammelt habe, doch einmal die Pracht des Paradieses sehen zu dürfen, ihm Jesus Christus erschienen sei. Der göttliche Heiland zeigte ihm die Herzen aller Engel, der Patriarchen, der Propheten, der Apostel, der Märtyrer, der Beichtiger, der Jungfrauen, und fragte ihn dann: "Arnold! Bist du jetzt zufrieden?" Und als der fromme Zisterzienser es verneint hatte, da er nicht befriedigt sein könne, indem er ja die göttliche Mutter nicht gesehen habe, so ließ Jesus Christus allsogleich die Herrlichkeit Marias vor den Blicken seines Dieners erscheinen; ein wunderseliger Anblick, der ihn dann außer aller Fassung brachte; er genoss im Geist des Schauens einen mystischen Tropfen der himmlischen Glückseligkeit. -

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4. Visionen der heiligen Brigitta

 

 

Die Glorie der Himmelskönigin

 

Die heilige Brigitta sah in einer ihrer Visionen die heilige Muttergottes, Maria, die auf ihrem Haupt eine kostbare unschätzbare Krone trug und der die Haare in wundersamer Schönheit auf die Schulter herabwallten. Sie trug einen goldenen Rock, der in unaussprechlichem Glanz schimmerte, und einen blauen Mantel, von der Farbe des Azurs oder des heiteren Himmels.

 

Als Brigitta über den wunderbaren Anblick in starke Bewunderung geriet und in diese Bewunderung ganz und gar versunken war, indem ein inneres Staunen sie darin erhielt, erschien ihr alsbald der heilige Johannes der Täufer, der zu ihr sprach:

 

„Höre aufmerksam den Sinn dieser Erscheinung! – Die Krone deutet an, dass Maria, Königin und Herrscherin, die Mutter des Königs der Engel ist; die herabwallenden Haare, dass sie die allerreinste und unbefleckte Jungfrau ist; der himmelblaue Mantel, dass alles Zeitliche für sie wie tot war; der goldene Rock, dass sie in göttlicher Liebe innerlich wie äußerlich brannte und glühte. – In ihre Krone hat ihr Sohn sieben Lilien gefasst und zwischen diesen Lilien sieben Steine angebracht. Die erste Lilie ist ihre Demut, die zweite die Furcht, die dritte der Gehorsam, die vierte die Geduld, die fünfte die Beständigkeit, die sechste die Milde, denn mild gibt sie allen Bittenden, die siebente ist die Barmherzigkeit in Nöten; und in welcher Not ein Mensch sich auch befinden mag, er wird errettet werden, wenn er sie mit ganzem Herzen anruft. – Zwischen diese sieben Lilien hat ihr Sohn sieben Steine eingesetzt. Der erste Stein ist die auszeichnende Tugendhaftigkeit, denn es gibt keine Tugend in irgendeinem Geist oder Leib, die sie nicht in vollkommener Weise hatte. Der zweite Stein ist die vollkommenste Reinheit, weil diese Königin des Himmels so rein war, dass man von ihrem ersten Eintritt in die Welt an bis auf ihren letzten Todestag nicht einen einzigen Flecken der Sünde an ihr zu entdecken vermochte. Auch konnten alle bösen Geister nicht so viel Unreinigkeit an ihr finden, dass man eine Nadelspitze darauf hätte setzen können. Sie ist wahrhaftig ganz rein gewesen! Denn der König der Herrlichkeit durfte nur in einem ganz reinen und lauteren und vor allen Engeln und Menschen auserwählten Gefäß liegen. Der dritte Stein ist ihre Schönheit gewesen, weil Gott um der Schönheit dieser seiner Mutter willen von allen Heiligen insgesamt gepriesen wird, und die Freude der heiligen Engel und aller heiligen Seelen von ihrer Schönheit erfüllt ist. Der vierte köstliche Stein der Krone ist die Weisheit der Jungfrau, seiner Mutter. Denn wie geschmückt sie auch sonst gewesen ist, ist sie doch erfüllt worden mit aller göttlichen Weisheit bei Gott, und durch sie wird alle Weisheit erfüllt und vollkommen. Der fünfte Stein ist die Stärke, denn sie ist stark bei Gott, dass sie alles, was erschaffen und gemacht worden ist, vernichten kann. Der sechste Stein ist ihre Klarheit, die so leuchtend ist, dass die Engel, deren Augen glänzender sind, als das Licht, durch sie erleuchtet werden, und die bösen Geister ihre Klarheit nicht anzuschauen wagen. Der siebente Stein ist die Fülle aller Freude und geistlichen Früchte, die in ihr sich als so vollkommen erweist, dass es keine Freude gibt, die nicht durch sie verstärkt wird, kein Seligsein, das nicht durch sie und ihren beglückenden Anblick an Fülle und Vollkommenheit dazugewinnt, denn sie ist voll Gnade und über alle Heiligen. Sie ist das Gefäß der Reinheit, worin das Brot der Engel lag und worin jegliche Schönheit sich befindet. – Diese sieben Steine hat ihr Sohn zwischen die sieben Lilien gesetzt, die sich in ihrer Krone befinden. Ehre sie darum, du Braut ihres Sohnes, und preise sie mit ganzem Herzen, weil sie wahrhaft jeglichen Lobes und jeglicher Ehre wert ist!“ –

 

Ausspruch Marias über ihre Erhabenheit

 

In einer Vision sprach die glorreiche Himmelskönigin zur heiligen Brigitta: „Dreierlei besaß ich, wodurch ich meinem Sohn gefiel. Erstens hatte ich Demut, so dass kein Geschöpf, weder Engel noch Mensch, demütiger war, als ich. Zweitens hatte ich den Gehorsam, weil ich meinem Sohn in allen Stücken zu gehorchen strebte. Drittens hatte ich eine ganz besondere Liebe. Darum ehrte mich auch mein Sohn auf eine dreifache Weise. Denn erstens bin ich höher geehrt worden als alle Engel und Menschen, also dass keine Tugend in Gott sich findet, welche nicht an mir leuchtete, obgleich er die Quelle und der Schöpfer von allem ist. Ich aber bin sein Geschöpf, dem er vor den übrigen seine Gnade gewährte. Zweitens erhielt ich für meinen Gehorsam eine so große Macht, dass niemand, auch wenn er ein noch so unreiner Sünder ist, wofern er sich mit dem Vorsatz der Besserung und mit zerknirschtem Herzen an mich wendet, ohne Verzeihung bleibt. Drittens kommt mir für meine Liebe Gott so nahe, dass wer Gott sieht, mich sieht, die Gottheit und Menschheit in mir, wie in einem Spiegel, und mich in Gott erblicken kann. Denn wer Gott sieht, sieht in ihm die drei Personen, und wer mich sieht, sieht gewissermaßen die drei Personen. Denn die Gottheit schloss mich samt Seele und Leib in sich ein und erfüllte mich mit jeglicher Tugend, so dass in Gott keine Tugend ist, die nicht auch an mir strahlte, obwohl Gott selbst der Vater und Geber aller Tugenden ist. Denn wie bei zwei Körpern, welche eng miteinander verbunden sind, was der eine empfängt, auch dem anderen zuteilwird, so wirkte Gott in mir – denn es gibt keine Begeisterung, die nicht in mir wäre, gleichwie wenn jemand einen Nusskern hat und teilt denselben mit einem anderen. Mein Leib und meine Seele sind klarer, als die Sonne, und reiner als der Spiegel. Wie daher im Spiegel drei Personen sichtbar sein würden, wenn sie davor stünden, so erscheinen auch in meiner Reinheit der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Ich nun habe den Sohn samt seiner Gottheit unter meinem Herzen getragen; jetzt wird er in mir mit seiner Gottheit und Menschheit wie in einem Spiegel geschaut, weil ich verherrlicht bin. – Deswegen, o Braut meines Sohnes, bestrebe dich, mir in meiner Demut nachzufolgen, und liebe nichts als meinen Sohn!“ –

 

Unterweisung, den Sohn und die Mutter zu ehren

 

In einer anderen Vision sprach die allerseligste Jungfrau Maria zu der heiligen Brigitta:

"Ich bin die Königin des Himmels. Du fragst, wie du mich loben sollst; so wisse denn für gewiss, dass jegliches Lob meines Sohnes auch mein Lob ist. Wer ihn schändet, schändet auch mich; denn ich habe ihn so sehr geliebt und er mich, dass wir beide gleichsam ein Herz waren. Und er hat mich, die ich ein Gefäß aus Erde bin, so ehrenvoll geehrt, dass er mich über alle Engel erhöhte. Du sollst mich daher also preisen: "Gelobt seist du, Gott, Schöpfer aller Dinge, der du nicht verschmäht hast, in den Leib der Jungfrau herabzusteigen! Gepriesen seist du, Gott, der du ohne Beschwerde bei der heiligen Jungfrau Maria hast weilen wollen und sie würdig erachtetest, von ihr dein unbeflecktes Fleisch ohne Sünde anzunehmen! Gepriesen seist du, Gott, der du nach deiner Himmelfahrt deine Mutter, die Jungfrau Maria, durch häufige Tröstungen erfreut und durch dich selber sie tröstend heimgesucht hast! Gepriesen seist du, Gott, dass du den Leib und die Seele der Jungfrau Maria, deiner Mutter, in den Himmel aufgenommen und über alle Engel ehrenvoll sie neben deine Gottheit gesetzt hast! - Erbarme dich meiner, um ihrer Fürbitte willen!" -

 

(Aus: Leben und Offenbarungen der heiligen Brigitta von L. Clarus)

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5. Die Forderung eines Tempels

 

Die Gemeinde von Montagnaga im südlichen Tirol, im Trentino, erhielt erst im Jahr 1700 einen eigenen Seelsorger, der in einem uralten Kirchlein der heiligen Anna den Gottesdienst verrichten musste.

 

Wenige Jahre danach, nämlich im Mai 1726, hatte eine arme Hirtin, namens Domenica, Tochter des Nicolo Targa von Guardia, die in der Nähe des St. Anna-Kirchleins ihre Herde weidete, eine wundersame Erscheinung. Die gebenedeite Jungfrau Maria stellte sich in himmlischer Glorie ihren Augen dar und trug ihr auf: die Madonna von Caravaggio zu besuchen. Darunter verstand man ein Liebfrauenbild des berühmten Malers Polidoro Caldara, genannt Caravaggio, eines Schülers des Raphael Sanzio, das, im Mailändischen verehrt, mit vielen Gnadenerweisungen des Himmels hochherrlich leuchtete. Dahin wollte nun das Mädchen wallfahren. Aber eine zweite Erscheinung der heiligen Jungfrau belehrte sie: dass mit diesem Namen das Liebfrauenbild im St. Anna-Kirchlein zu Montanaga gemeint sei. Sie verfügte sich demnach am 6. Mai nach Montagnaga in die Kirche vor das Bildnis der heiligen Muttergottes daselbst. Priester und Volk hielten eben Gottesdienst in der Kirche. Feierliche Choräle ertönten zum Preis der unbefleckt empfangenen Jungfrau. Und siehe!, unter Gesang und Litanei trat Maria mit dem Jesuskind vor das betende Mädchen und befahl ihm, laut vor allem Volk ihre Erscheinung zu verkünden, was es denn auch mit kindlicher Einfalt sogleich tat.

 

Im folgenden Jahr sah Domenica an derselben Stelle und zu derselben Zeit die Himmelskönigin, aber dieses Mal – in Blut und Tränen schwimmend – über den Undank des Volkes klagend und ernstlich den Bau eines würdigen Tempels fordernd. Das Mädchen vertraute die Erscheinung dem Pfarrer an. Das Gerücht davon fasste Wurzel im Volk, es gingen alsbald kleine und größere Geldspenden von nah und fern ein, und der verlangte Tempel erstand im Jahr 1730. Er ist in Kreuzform gebaut, dreiundsechzig Fuß lang und dreiundfünfzig Fuß breit, in dem schönsten Ebenmaß eines edlen Stils, und besitzt drei Altäre. Der Hochaltar von weißem Marmor enthält ein meisterhaftes Gemälde von Unterberger. Die Seitenaltäre stehen in lieblichen Kapellen einander gegenüber, beide aus Marmor errichtet und mit guten Gemälden versehen, wovon eines das Wunderbild, die Madonna des Caravaggio, ist.

 

Die fromme Domenica baute sich ein kleines Häuslein in der Nähe und widmete sich gänzlich dem Dienst der allerseligsten Jungfrau, die ihr jährlich am 26. Mai und genau um dieselbe Stunde erschien, in der sie ihr zum ersten Mal erschienen war. Sie starb im Jahr 1764, allgemein geehrt, und wurde in der neugebauten Kirche begraben. –

 

Das alljährliche Hauptfest der Tempel-Forderung Marias fällt auf den 26. Mai und trägt den Namen: „Fest der Erscheinung der erhabenen Gottesmutter“. Deutsche und italienische Prediger treten auf, die andächtige Menge der Gläubigen aus allen Ständen zu erbauen. Zahllose Pilger aus Deutschland und Italien erscheinen bei dieser Feier: besonders aber solche, die mit seltsamen Krankheiten behaftet sind und für Besessene gehalten werden. Viele kehren auch wunderbar geheilt in ihre Heimat zurück.

 

Tirol hat keine interessantere Volksversammlung aufzuweisen, als diese. Gewöhnlich heißt die Wallfahrt nur: „Madonna di Piné“, in der Nachbarschaft wohl gar nur „Madonna“. –

 

(Aus: Die Mariensagen in Österreich von J. P. Kaltenbaeck)

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6. Maria die Erquickende

 

Hieronymus von Montfleurs, General des Ordens der Kapuziner, war ein durch seine Tugenden ausgezeichneter Ordensmann, der bei Gott in Gnaden stand und eine innige Verehrung zur heiligen Jungfrau Maria hegte.

 

Eines Sommertages, da er mit seinen Gefährten das Kloster von Perugia verlassen hatte, um sich nach jenem von Assisi zu begeben, glutete die Hitze so drückend, dass seine Begleiter vor Durst zu sterben wähnten, indem sie ihn nicht stillen konnten, weil diese Gegend ohne Wasser war. Inzwischen besprach der General mit seinen Mönchen die Vollkommenheiten der heiligen Gottesgebärerin, und suchte sie hierdurch der Qual, die sie verzehrte, vergessen zu machen.

 

Bald darauf kamen sie zu einer kleinen Strohhütte, aus der sie eine majestätische Frau heraustreten sahen, die in einem Gefäß in Wein getauchtes Brot trug, das sie dem Oberen der Wanderer anbot. Zwei Begleiterinnen folgten dieser vornehmen Frau, und trugen gleichfalls jede ein Gefäß mit Brot und Wein; sie boten es den Söhnen des heiligen Franziskus an, während die erhabene Frau also zu ihnen redete: „Stärkt euch ein wenig, ihr lieben Väter und nehmt Speise und Trank zu euch, denn ich weiß, dass ihr von Anstrengung ganz erschöpft und vom Durst ganz verzehrt seid!“ – Der General von dieser Erscheinung ganz überrascht, erwog in seinen Gedanken: wer die Frau wohl sein könne? Er sah sie aufmerksam an, denn er glaubte, etwas Übernatürliches und Himmlisches an ihr zu finden. Auch täuschte er sich nicht, denn als sie der barmherzigen und wohltätigen Frau gedankt und sich dann wieder auf den Weg gemacht hatten, wendete sich Hieronymus noch einmal um, und sah, wie allplötzlich die Frau und ihre Begleiterinnen und selbst das Haus verschwanden, auf dessen Stelle auch nicht die geringste Spur einer Wohnung mehr sichtbar blieb. Alle waren von Erstaunen und Bewunderung ergriffen, und diese Verwunderung verwandelte sich alsogleich in die wärmsten Dankgebete.

 

Dem Hieronymus von Montfleurs aber wurde in seinem Gebet durch Offenbarung kund getan: dass die Frau, die zu ihm und den Seinigen so huldvoll und mildtätig gewesen ist, niemand Geringeres als die heilige Muttergottes selbst war, die sie dafür belohnen wollte, was sie auf ihrem Weg über die Erhabenheit und Vorrechte geredet hatten. –

 

(Aus: Annalen der Kapuziner von Zacharias Boverius)

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