Mariä Reinheit

 

16. Oktober

 

Wenn es wahr ist, dass zu der Menschheit Erinnerungsstücken aus dem Paradies des Kindes reines Auge gehört, dann begreifen wir, warum die Menschen stets eine so hohe Ehrfurcht vor der Reinheit und Unverletztheit gehabt haben, warum als Teufelswerk gilt, die Unschuld zu verführen. Gottes Neuschöpfung in Christus muss sich daher durch das Moment der Reinheit auszeichnen als eines Zeichens ihres Ursprungs von oben. Wieder rein zu machen, war des Erlösers große Aufgabe. Rein zu werden, die Lebensaufgabe der Erlösten. So rein müssen die Geschöpfe werden, dass sie im Himmel in die Reinheit Gottes, in die Urreinheit eingehen können.

 

Dieses Ideal der Reinheit hat der Wiederhersteller Christus ganz groß aufleuchten lassen im Vorbild der neuen Ordnung, in der Jungfrau Maria. So rein sollte sie, eine Adamstochter, durch die Gnade Gottes sein, dass auch kein Stäubchen der Unreinheit an ihr zu entdecken sei.

 

Rein war Maria dem Leibe nach. Unberührt und jungfräulich blieb ihr heiliger Leib. Unser Glaube weist uns hin auf Mariens Jungfrauschaft vor der Geburt des Herrn, in der Geburt trotz ihres wahren Gebärens und auf ihre immerwährende nach der Geburt des Heilandes. Mariens Leib blieb nicht nur unberührt von Verletzungen durch andere, sondern blieb noch viel reiner von jeder Selbstentheiligung durch eine sündhafte Begierde. Niemals hat auch nur die geringste unreine Begierlichkeit diese Gottesschöpfung verletzt.

 

Ihre leibliche Reinheit ist aber nur Ausdruck und Ausfluss ihrer seelischen Unverletztheit. Ungetrübt blieb der Spiegel ihrer Seele. Bewahrt vor der Erbsünde, frei von jeder persönlichen Sünde, auch der kleinsten. Sündenlos wie eine Unsündliche ist Maria durch dieses Erdenleben gewallt.

 

Darum bewahrte der Herr die reinste Jungfrau, die unversehrte Mutter auch vor der letzten Verletzung, die sie hätte treffen können: vor der Verwesung im Grab. Jungfräulich bewahrt, ursprünglich rein weilt Maria mit Leib und Seele in dem unverletzlichen Licht Gottes.

 

Mariens Reinheit das Ideal der neuen Ordnung in Christus! Mariens Reinheit ein Aufruf an uns! Mariens Reinheit die Sehnsucht unserer Seelen! Mariens Reinheit die Zuflucht der von Sündenunreinheit befleckten Menschheit!

 

Kirchengebet

 

Allmächtiger Gott, wir bitten Dich, gib uns, die wir die makellose Jungfräulichkeit der reinsten Jungfrau Maria festlich verehren, die Gnade, durch ihre Fürbitte die Reinheit der Seele und des Leibes zu erlangen. Amen.

 

Zur Geschichte des Festes: Zwar hatte König Viktor Josef Emanuel von Portugal in seinem Vertrauen auf die Gottesmutter bereits durch ein besonderes Dekret von Rom die Erlaubnis erhalten, in ganz Portugal das Fest der Mutterschaft Mariens zu feiern. Das genügt ihm aber noch nicht. Er wollte auch die besondere Eigenart dieser Mutterschaft – dass sie nämlich eine reine, eine jungfräuliche sei – in einer eigenen Festfeier betont wissen. Darum wurde er wiederum in Rom vorstellig mit seiner zweiten Bitte, auch das „Fest der Reinheit Mariens“ feiern zu dürfen. Auch diese Bitte wurde ihm 1751 gewährt. Wohl ist dieses Fest im Laufe der Zeit auch von anderen Ländern übernommen worden, aber für die ganze Kirche ist es noch nicht bestimmt.

 

(„So feiert dich die Kirche“, Prof. Dr. Carl Feckes, Maria im Kranz ihrer Feste, Steyler Verlagsbuchhandlung, 1957)