Fest der allerseligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel

 

16. Juli

 

Wie mit duftigen Rosen umrankt die Legende das heutige Fest der allerseligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel.

 

Weit in grauer Vorzeit beginnt die Legende. In ihrem Anfang steht Elias, einer der großen Propheten, den auch die Mohammedaner heute noch verehren und den sie El-Kader, das heißt „Immergrün“, nennen. Diesen Namen erhielt Elias deswegen, weil er die Schwächen des Alters nicht verspürte und auch nicht starb, sondern, wie die Biblische Geschichte berichtet, in einem feurigen Wagen gegen Himmel fuhr, von wo er am Ende der Zeiten zurückkehren wird, um vor dem Untergang der Welt noch einmal die Menschen aus dem Sündenschlaf wachzurütteln und zu Buße und Einkehr zu bewegen.

 

Schon in seinem ersten Lebensabschnitt hat nämlich Elias in Wort und Beispiel die Menschen seiner Zeit mächtig zur Lebensbesserung aufgerufen. Manche von den Zuhörern zogen sich damals auf den höhlenreichen Berg Karmel im Heiligen Land zurück, wo sie, abgeschieden von der Welt, in Gebet und Fasten heilig lebten, jahrhundertelang immer wieder durch neuen Zuzug verstärkt, bis sie von den Kreuzfahrern im Mittelalter entdeckt und von diesen in einen eigentlichen Orden, in den Karmeliterorden, umgewandelt und nach Europa verpflanzt wurden.

 

Schwer tat sich anfangs die neue Gründung als Fremdgewächs im christlichen Abendland, bis ihr von Maria, die immer allen Bedrängten hilft, Rettung und Heil zuteil wurde. Am Sonntag, dem 16. Juli 1251, erschien die allerseligste Jungfrau dem sechsten Generalobern des Ordens, dem heiligen Simon Stock, und erhörte in einer ewig denkwürdigen Weise sein flehentliches Gebet um Hilfe in der Not. Maria übergab ihm einen schmalen Streifen wollenen Tuches von brauner Farbe, das, durch eine Öffnung über den Kopf gezogen, beiderseits von den Schultern herabhängt, das sogenannte Skapulier. Die Hochgebenedeite sprach dabei die Worte:

 

„Nimm hin das Skapulier als Zeichen meiner Freundschaft, und wer damit bekleidet stirbt, der soll vor dem ewigen Feuer bewahrt bleiben.“

 

Daher tragen die Karmeliter zum Zeichen, dass sie unter Mariens Schutz stehen, das Skapulier. Liebfrauenbrüder heißen sie auch, und oft genug haben sie an sich erfahren, dass die Himmelskönigin sie beschirmt.

 

Siebzig Jahre später würdigte sich die Gottesmutter, mit dem Skapulier noch eine weitere große Gnade zu verbinden. Nach der Legende erschien sie nämlich dem damaligen Papst Johannes XXII. Und versprach, allen, die das Skapulier vom Berge Karmel tragen, auch im Fegfeuer zu helfen und ihnen baldige Erlösung, vornehmlich an Samstagen und wenn möglich am ersten Samstag nach dem Hinscheiden, zu verschaffen, wenn sie nach bestem Willen und Können die Sünde mieden und täglich zu ihrer Ehre beteten.

 

So sind mit dem Skapulier herrliche Gnaden verknüpft, und wir müssen den Liebfrauenbrüdern dafür dankbar sein, dass sie die ihnen anvertrauten Schätze nicht für sich behielten, sondern sie allen mitteilen, die der Skapulierbruderschaft vom Berge Karmel beitreten, deren Mitglieder, gleichbedeutend mit dem Stoffskapulier, heute bei der Aufnahme eine Skapuliermedaille erhalten.

 

Das Skapulier ist zum Bundeskleid aller Marienkinder auf Erden geworden. Dieses Ehrenkleid verbürgt uns im Diesseits den mächtigen Schutz der Gottesmutter, und wer nach einem guten Leben darin stirbt, den befreit Maria bald aus den Peinen des Fegfeuers und erhört auf diese Weise jenes liebe Gebet, das wir bei der Opferung verrichten:

 

„O Jungfrau, o Mutter, denk daran vor Gottes Thron, für uns ein gutes Wort einzulegen, auf dass er von uns wende seinen Unwillen.“

 

Das Skapulier ist also das Bundeskleid aller Marienkinder.

 

Skapulierfest

 

Wir können das Skapulier nicht anders schauen als das, was es ist: ein Stück der Ordenstracht. In seiner von den einfachen Gläubigen benutzten Art will es ein verkleinertes Ordenskleid sein. Ordensstand aber besagt Vollkommenheitsstand. Niemand kann Mitglied eines Ordens sein, der es sich nicht als Lebensaufgabe gewählt hat, nach der Palme christlicher Vollkommenheit zu streben. Niemand kann sich daher in rechter Absicht das Skapulier umlegen lassen, der nicht ernstlich gewillt ist, gleich den Ordensleuten, entsprechend zwar dem irdischen Beruf, den der Herr ihm gab, entsprechend den Umständen, in die er hineingestellt wurde, in der besonderen Nachfolge Christi den Weg seines irdischen Daseins zu gehen.

 

Wir kennen diesen Weg als den der evangelischen Räte, als den Weg der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams. Denn dreifach ist nach dem hl. Johannes die böse Lust in dieser Welt: die Augenlust, die Fleischeslust, die Hoffart des Lebens. Ihr stellte Christus seinen evangelischen Weg entgegen, wie das dreifache Ordensgelübde ihn bestimmt. Von ihm kann aber auch der Christ in der Welt nicht absehen wollen, wenn es ihm nicht ergehen soll wie dem reichen Jüngling im Evangelium, den die Liebe zum Guten zum Herrn hintrieb, der aber traurig hinwegging, als er den Weg des Herrn vernahm.

 

Was hat das aber mit Maria zu tun? Weil auch sie, der Christen Vorbild, auf keinem anderen Weg zum Gipfel der Vollendung kam. Denn wer sähe Mariens irdische Armut nicht? Wer könnte sich Reichtum oder nur Wohlstand denken in der Hütte einer Werkmannsfamilie des elenden Bergdorfes Nazareth? Sprechen wir doch so gerne von dem armen Häuschen zu Nazareth. Wie hätte Mariens Herz irdischen Schätzen nachtrauern können, dem Gott seinen kostbarsten himmlischen Schatz anvertraute. Über die Keuschheit ihres Herzens brauchen wir kein Wort zu verlieren bei derjenigen, die die Jungfrau aller Jungfrauen ist, die Allzeit-jungfräuliche, die wir grüßen mit den Titeln: Reinste Mutter, Keuscheste Mutter. Sodann: Magd des Herrn zu sein, ist Mariens einzigstes Streben. Was hätte ihr anders da Lebensspeise sein sollen, wenn nicht der Wille des himmlischen Vaters? Ähnlich ihrem Sohn hätte sie sprechen können: Der Sohn kann nichts tun, was er den Vater nicht tun sieht. Heißt Maria in der Lauretanischen Litanei: Die getreue Jungfrau, dann umschließt das ganz besonders ihren Gehorsam Gott gegenüber.

 

Maria ging den Weg der Räte, den ihr Sohn ihr zeigte, den ihr Sohn auch ging. Darum haben Ordensleute stets in Maria ihr leuchtendes Vorbild erblickt. Darum gibt es wohl kaum einen Orden, der sich nicht in ihre Obhut gestellt hätte.

  

Zur Geschichte des Festes: Das Patronatsfest der Karmeliter erhielt mit der Zeit einen doppelten Festcharakter. Man gedachte nicht mehr so sehr der „unzähligen von Maria empfangenen Wohltaten“, sondern ganz besonders einer einzigartigen Gunstbezeugung, nämlich der Verleihung des Skapuliers (Schulterkleid) durch Maria. Die allerseligste Jungfrau erschien im Jahr 1251 dem 6. Generalprior des Ordens, dem hl. Simon Stock, und, das Skapulier in Händen haltend, sprach sie zu ihm: „Dies soll dir und allen Karmelitern ein Hulderweis sein; wer in diesem Kleid stirbt, wird das ewige Feuer nicht erleiden.“ Der Wunsch des gläubigen Volkes, an solcher Verheißung Anteil zu bekommen, führte zum Brauch, das kleine Skapulier – 2 viereckige Stoffstückchen von brauner Farbe, aus Wolle gewoben, und mit Bändchen zum Tragen verbunden – den Weltleuten unter den Gebeten der Kirche aufzulegen. Die Kirche hat die dem Skapulier erteilten Ablässe auch an die Skapuliermedaillen (Bild des Herzens Jesu und der Gottesmutter mit dem Kind) geknüpft. 1387 wird das Skapulierfest zum ersten Mal genannt. Sixtus V. gab 1587 dem Fest zunächst für die Karmeliter die päpstliche Genehmigung. Dass der 16. Juli immer mehr als Skapulierfest gefeiert wurde, dazu haben viel mitgeholfen die kirchliche Approbation von Festlektionen im Jahr 1609 und ein Apostolisches Dekret von 1613 mit der Erlaubnis, über das Skapulier zu predigen. Noch mehr trug dazu bei die rege Beteiligung des gläubigen Volkes an den Feiern des Skapulierfestes im 17. und 18. Jahrhundert.

 

Unsere Liebe Frau vom Berge Karmel

 

Ein Geheimnis umweht den Berg Karmel. Auf ihm brachte Israels größter Prophet sein berühmtes Opfer dar, das den Baalskult entlarvte und für den wahren Gott entschied. Von ihm aus sah Elias die kleine, regen- und segensschwere Wolke aufsteigen, die ein Symbol Mariens ist. Auf ihm weilte sein größter Schüler, der wundertätige Elisäus. In seinen zahlreichen Kalkhöhlen fanden Einsiedler Gebets- und Gnadenstätten in überreicher Zahl. Deshalb fand auch auf ihm ein ganzer Orden seine Geburtsstätte, der nach ihm sich nennt und der christlichen Welt die größten Lehrer mystischen Betens geschenkt hat. Damit klärt sich auch, warum sie ihn suchten. Fern wollten sie sein dem Getriebe der Welt. Ungestört wollten sie dem Herrn leben und ihm nahe sein. Hineinbetrachten wollten sie sich in die Geheimnisse des Unfassbaren, um in geheimnisvoller, allen Unerfahrenen unerklärbarer Weise mit dem Unendlichen vereint zu sein, den sie fühlbar in sich erleben, dessen selige Umarmung sie genießen, für den in seliger Trunkenheit sie sich opfern wollten.

 

Das Fest vom Berge Karmel wäre darum so recht der Ort, in die tiefsten Tiefen der Seele Mariens zu schauen, wenn der Herr es uns nicht verwehrt hätte. Denn die Heilige Schrift schweigt davon. Nur von ferne lässt sich erahnen, dass auch solch Unsagbares in ihrer Seele gewesen sein muss. Oder sollte Gott der Heiligsten der Heiligen verweigert haben, was er andern in Fülle geschenkt hat? Glaubbar wäre es uns nur, wenn es mit dem ihr allein eigenen Beruf der göttlichen Mutterschaft und der Erlösungsbeihilfe unvereinbar gewesen wäre. Ganz gegenteilig aber liegt es. Wenn die Gottesgelehrten der mystischen Gnadenwege uns lehren, dass solch geheimnisvolles Anfühlen Gottes uns selbst heiliger, reiner, tugendreicher, opferfähiger macht, dann gehören gerade diese Gnadengaben ins Leben derer, die die reinste, die heiligste, die tugendreichste, als Schmerzensmutter die opferfähigste gewesen ist.

 

Verborgene Schönheiten im Seelenleben Mariens! Wir kennen sie nicht. Wir heben sie nie. Wir fassten sie auch nicht. Wenn schon jene, denen Gott deren Anfang schenkte, nur wie gebrochen davon zu stammeln vermochten, wie könnten wir die selige Jungfrau verstehen, wenn sie von jenem ganz einzigartigen seelisch-seligen Einssein zu sprechen versucht hätte, das der göttliche Bräutigam wohl nur ihr allein in dieser Tiefe geschenkt haben mag. Über Mariens Letztes hat der Herr den Schleier gelegt, damit unserer seligen Schau vorbehalten sei zu wissen, was Gott jener bereitet hat, die er mit letzter göttlicher Liebe geliebt.

 

Kirchengebet

 

O Gott, Du hast den Orden vom Karmel mit dem besonderen Titel der allerseligsten, allzeit reinen Jungfrau Maria, Deiner Mutter, geziert. Uns, die wir heute ihr Gedächtnis feierlich begehen, verleihe nun gnädig, dass wir verdienen, unter ihrem Schutz zu den ewigen Freuden zu gelangen. Amen.

 

Zur Geschichte des Festes: Um die Mitte des 12. Jahrhunderts schlossen sich abendländische Einsiedler in einem Tal des Karmelgebirges unter Führung des hl. Kreuzfahrers Berthold Malaphaida zu einem gemeinsamen Leben zusammen. Der hl. Albertus Avogadro, Patriarch von Jerusalem, gab ihnen um das Jahr 1209 eine eigene Regel, die von Honorius III. am 30. Januar 1226 bestätigt wurde. Von Anfang an zeichnete diese Karmeliten neben der Verehrung des Propheten Elias eine große Verehrung für die Gottesmutter aus, so dass sie im 13. Jahrhundert, nach ihrer Übersiedelung ins Abendland und nach ihrer Angleichung an die Bettelorden, „Brüder der allerseligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel“ genannt wurden.

 

Die großen allgemeinen Marienfeste der Kirche waren für die Karmeliten mehr oder minder Tage des Gedächtnisses und des Dankes für alle Gnaden und Wohltaten aus der Hand der Gottesmutter. Das Bestreben, ein besonderes Patronatsfest zum feierlichen Gedenken Mariens (Commemoratio sollemnis) zu begehen, ist begreiflich. Es entstand zuerst in England eine eigene Festfeier, deren Sinn das karmelitanische Martyrologium so wiedergibt: „Feierliches Gedächtnis der seligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel; ihr weiht die Karmelfamilie diesen Tag als Zeichen ihres Mariendienstes zum Dank für die unzähligen von Maria empfangenen Wohltaten.“ Die erste bis jetzt bekannte Bezeugung dieses Festes stammt aus dem Jahr 1386. Die Einführung dieser Gedächtnisfeier dürfte aber viel früher anzusetzen sein. Ursprünglich wurde sie am 17. Juli gehalten, erst später auf den 16. Juli verlegt. Von England aus fand sie in die anderen Provinzen Eingang. Ende des 16. Jahrhunderts gilt die Commemoratio sollemnis als Hauptfest des Ordens. Außerhalb des Ordens begegnet uns das Fest zum ersten Mal in einem Dekret der Ritenkongregation vom 20. Juni 1595.

 

Am 24. September 1726 schrieb dann Benedikt XIII. dieses Ordenshochfest der ganzen Kirche im Rang eines Dupl.-maj.-Festes vor, und Leo XIII. gewährte am 16. Mai 1892 zu diesem Ordensfest den Besuchern der Karmeliterkirchen eines Toties-quoties-Ablass. 1913 erhielt das Fest Maria vom Berge Karmel durch Pius X. eine eigene Vigil-, Fest- und Votivmesse. Benedikt XV. gewährte 1919 für die Fest- und Votivmesse noch eine eigene Präfation.

 

 (Prof. Dr. Carl Feckes, "So feiert dich die Kirche", Maria im Kranz ihrer Feste, 1957, Steyler Verlagsbuchhandlung)

 

Die Andacht zum Skapulier belohnt

(aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

Am 5. September 1538 fand man zwischen Bologna und Pontecchi in einem Graben eine Frau in ihrem Blut liegend und dem Tod nahe. Man brachte sie nach Bologna und erkannte in ihr eine gewisse Margarita Fabri, von Castell St. Pietro gebürtig, die in ihren besten Kleidern und weiblichem Schmuck des Tages vorher nach Pontecchi gehen wollte, aber auf dem Weg von einem Menschen mörderisch angefallen wurde. Zuerst versetzte er ihr mit einem Stein einen tödlichen Schlag auf den Kopf, dann durchschnitt er ihr mit einem Messer den Hals, beraubte sie ihres Schmuckes und ging davon, ihres Todes gewiss. Margarita aber war noch am Leben und bei Bewusstsein geblieben, obschon der Schnitt an der Kehle so tief gegangen war, dass der Atem durch die Wunde drang. So lag sie eine ganze Nacht und einen halben Tag an der Stelle, indem sie ihr Skapulier statt eines Pflasters auf die Wunde legte, und unaufhörlich in ihrem Herzen Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, anrief. Mehr noch als die Gefahr, in der ihr Leben schwebte, musste sie die des ewigen Todes ängstigen, dessen sie sich wegen des Zustandes ihres Gewissens für schuldig erkannte. Maria wendete auch ihre barmherzigen Augen von ihr nicht ab und erhielt sie durch ihre alles vermögende Fürbitte so lange am Leben, bis sie sich durch die heiligen Sakramente mit Gott versöhnt hatte. Alle, die sie sahen, erklärten, nur durch eine außerordentliche höhere Wirkung habe diese Frau in einem solchen Zustand so lange am Leben bleiben können.

 

Bei dem Versprechen, das die heilige Jungfrau dem heiligen Simon Stock machte, als sie ihm das Skapulier überreichte, sagte sie ihm, dass alle jene, die bekleidet mit diesem heiligen Kleid sterben würden, von den Flammen der Hölle verschont werden sollten. Darum ist es gut, von seinem Skapulier niemals zu lassen, und bei Verlust oder wenn es unbrauchbar geworden ist es sogleich wieder zu ersetzen. 

 

Folgende Tatsache haben wir in einer Privatandacht mit Predigt im kleinen Seminar zu Toulouse vom Jesuiten-Pater Leblanc erzählen hören, der selbst Augenzeuge gewesen war.

 

Eines Abends, als dieser heilige Ordensmann in einem Kolleg, wo er angestellt war, die Schlafsäle besuchte, um zu sehen, ob die Zöglinge sich sämtlich zur Ruhe begeben hätten, sah er einen zarten Knaben neben seinem Bett knien. "Warum bist du noch nicht zu Bett gegangen, mein Kind?" sagte der Pater zu ihm. "Ich habe dem Pförtner mein Skapulier zum Ausbessern gegeben. Er hat es mir noch nicht zurückgestellt, darum wage ich es nicht, mich zu Bett zu legen. Ich fürchte, ich möchte diese Nacht sterben ohne mein Skapulier." "Fürchte nichts. Morgen am Tag wird man dir dein Skapulier wiedergeben. Darum gedulde dich und schlafe wohl." "Mein Vater, ich kann mich nicht niederlegen. Ich sterbe vielleicht diese Nacht." Und bei diesen Worten fing das arme Kind bitterlich zu weinen an. Gerührt von der religiösen Stimmung und dem Vertrauen dieses frommen Schülers ging der gute Pater zum Pförtner hinab. Und nachdem er dem lieben Kind zurückgestellt hat, küsste der Junge es andächtig, legte es um den Hals und schlief voller Freude ein, indem er Maria, seine zärtliche Mutter, anrief. Als am folgenden Morgen früh der Pater seinen Umgang hielt, um zu sehen, ob alle Jungen pünktlich aufgestanden sind, kam er auch zum Bett des Jungen, der ihn so sehr erbaut hatte. Er nahm wahr, dass er noch im Bett lag, und glaubte, dass er die Zeit einzubringen suche, die er am Abend versäumt hatte. Nachdem er ihn mehrere Male beim Namen gerufen hatte, ohne dass er antwortete, so näherte er sich dem Bett. Aber wie groß war sein Schrecken, als er sah, dass das liebe Kind während der Nacht gestorben war. Es hielt noch sein Skapulier in den Händen, dass es ohne Zweifel zum letzten Mal geküsst hatte, bevor es im Herrn entschlief.

 

Maria wollte das kindliche Vertrauen ihres jungen Dieners belohnen, indem sie nicht gestattete, dass er stirbt, ohne mit ihrer heiligen Dienertracht bekleidet zu sein: "Der Gerechte gefiel Gott", sagt der Heilige Geist; "er ist von ihm geliebt worden; er lebte mitten unter Sündern; er ist an einen anderen Ort versetzt worden. Er ist hinweggenommen worden, damit nicht die Bosheit seinen Geist ändere, und damit nicht der falsche Schein der Dinge seine Seele täusche; denn die Freude an nichtigen Dingen trübt die guten Eigenschaften, und die Unbeständigkeit der Wünsche untergräbt die unschuldigen Seelen. Auch hat er, obgleich er in kurzer Zeit sein Leben beschloss, eine lange Laufbahn zurückgelegt; denn seine Seele war Gott angenehm; und darum hat er sich beeilt, sie aus der Mitte der Ungerechtigkeiten hinwegzunehmen."

 

 

Skapulierfest

(Aus: Auf Karmels Höhen, P. Redemptus Weninger OCD)

 

Am heutigen Tag, am 16. Juli, begeht die Kirche "das feierliche Gedächtnis der seligen Jungfrau Maria vom Berge Karmel". Deshalb weist sie in den Lesungen der zweiten Nokturn darauf hin, wie die seligste Jungfrau selbst den Berg Karmel besuchte und die dort lebenden frommen Siedler durch ihre liebevolle Gegenwart erfreute, worauf diese nach Annahme des christlichen Glaubens die erste Kapelle zu Ehren Mariens erbauten und eifrige Diener Mariens wurden. Einen neuen Aufschwung nahm die Andacht zu Maria durch den heiligen Simon Stock. Als dieser während der Verfolgung, die zu seiner Zeit den Orden bedrängte, seine Zuflucht zu Maria nahm, erschien sie ihm in Begleitung vieler Engel und sprach, das Ordenskleid in den Händen haltend: "Dies wird das Vorrecht für dich und alle Karmeliten sein, wer darin stirbt, wird das ewige Feuer nicht erleiden." Dann gab sie ihm den Auftrag, er soll sich an Papst Innozenz IV. wenden, und verschwand. Auf dem Weg nach Winchester, wohin Simon eilte, um von dem ihm geneigten Bischof ein Empfehlungsschreiben an den Papst zu erlangen, kam ihm Peter von Linton entgegen, um ihn zu seinem Bruder zu bitten, der in einem Zweikampf tödlich verwundet, selbst im Sterben nichts von Beicht und Bekehrung wissen wollte. Simon begab sich an sein Krankenbett, wurde jedoch von ihm mit Schimpf- und Fluchworten empfangen. Kaum hatte ihn aber Simon mit dem heiligen Skapulier bekleidet, da war er plötzlich wie umgewandelt, bat selbst um geistliche Hilfe und starb in erbaulicher Weise. Nach dem Tod erschien er dem Bruder und sagte, durch den Schutz der Königin der Engel und das Kleid des heiligen Simon von Stock sei er den Fallstricken des Teufels entkommen und in die Wohnung des Friedens eingegangen. - Später kam noch das sogenannte Samstagsprivilegium dazu. Dem Papst Johannes XXII. versicherte nämlich der Überlieferung des Ordens gemäß die seligste Jungfrau in einer Erscheinung, sie werde jene, die mit dem Skapulier bekleidet sterben und im Leben gewisse Werke verrichtet haben, bald (am Samstag) nach ihrem Tod aus dem Fegfeuer befreien. Da die Bulle nicht mehr vorgewiesen werden kann, wird deren Echtheit bestritten. Doch besteht das Samstagsprivilegium zurecht, denn die Kirche gestattet durch Dekret vom 20. Januar 1613 "zu predigen, dass das christliche Volk fromm an die Hilfe glauben könne, welche den Seelen der Brüder und der Mitglieder der Bruderschaft der seligsten Jungfrau vom Berge Karmel zuteil werde, dass nämlich die seligste Jungfrau diesen Seelen, die in Liebe verschieden und in ihrem Leben das Skapulier getragen, die standesgemäße Keuschheit bewahrt, die kleinen Tagzeiten gebetet oder, wenn sie verhindert waren, die kirchlichen Fasttage beobachtet und am Mittwoch und Samstag sich vom Fleischessen enthalten haben, nach ihrem Tod und zumal am Samstag zu Hilfe kommen werde." Deshalb hat Maria vom Berge Karmel unzählige Verehrer gefunden und das Hauptfest der Bruderschaft im Volksmund die Bezeichnung "Skapulierfest" erhalten.