Wallfahrten 5

 

Inhalt:

 

121. Wallfahrtskirche Thalkirchen bei München

122. Die Mariahilf-Kapelle auf dem Wannenberg bei Roggenburg in Schwaben

123. Unsere Liebe Frau zu Pilgramsberg im Bayerischen Wald

124. Die Wallfahrtskirche Ramersdorf bei München

125. Die Wies-Kapelle bei Rotthalmünster in Niederbayern

126. Die Au-Kapelle bei Winzer in Niederbayern

127. Die Wallfahrt Maria-Eck bei Traunstein in Oberbayern

128. Maria Ehrenberg in Metten

129. Maria-Weissenstein in Südtirol

130. Das Gnadenbild Mariahilf in der Kaltenherberge zu Schmirn in Tirol

131. Die Wallfahrtskirche Maria-Steinbach in Schwaben

132. Unsere Liebe Frau vom guten Rat im Kloster Stams

133. Unsere Liebe Frau von Trens in Tirol

134. Maria, die Wegweiserin - Das Gnadenbild der Mutter Gottes aus Candia zu St. Michael in Wien

135. Maria Thalheim - Wallfahrt bei Wartenberg im Erzbistum München

136. Unsere Liebe Frau von den sieben Schleiern zu Foggia

137. Unsere Liebe Frau von Nazareth in Ostflandern

138. Unsere Liebe Frau auf dem Heiligberg in Böhmen

139. Der heilige Berg zu Gostin in Polen

140. Unsere Liebe Frau vom Schnee auf dem Rigiberg in der Schweiz

141. Das Liebfrauen-Münster zu Aachen

142. Unsere Liebe Frau vom Blütendorn im Juragebirge

143. Die Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau di Caravaggio in Südtirol

144. Unsere Liebe Frau von Aldenhoven 

145. Das Wallfahrtskirchlein Mariahilf auf der Schwarzlack bei Brannenburg

146. Unsere Liebe Frau zu Hochkirch bei Groß-Glogau in Niederschlesien

147. Maria, die Trösterin der Betrübten, zu Luxemburg

148. Unsere Liebe Frau zu Mainz

149. Die heilige Linde Unserer Lieben Frau bei Rosenberg in Oberschlesien

150. Die wundertätige Hostie zu Seefeld in Tirol

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121. Wallfahrtskirche Thalkirchen bei München

 

Am linken Ufer der Isar eine halbe Stunde von München entfernt liegt das Dorf Thalkirchen mit einer sowohl seitens der Münchener, als auch der umliegenden ländlichen Bevölkerung stark besuchten und der allerseligsten Jungfrau Maria geweihten Wallfahrtskirche.

 

Über die Entstehung des Wallfahrtsortes melden die Blätter der Geschichte Folgendes:

 

Im Jahr 1372 wurde zwischen Bayern unter Herzog Stephan II., dann den Augsburger Bürgern und anderen schwäbischen Reichs-Bürgern der sogenannte Brandkrieg geführt. Die zwei Frauenberger zu Haag, nämlich die Brüder Wilhelm und Christian durch ihre Tapferkeit berühmt und in Diensten des Herzogs Stephan stehend, deckten eines Tages (25. Januar 1372) den Rückzug des Herzogs gegen die Augsburger. Als sie an die Isar kamen und zwar an den Ort, wo Thalkirchen steht, gelobten sie der Mutter Gottes ein Kloster zu bauen, wenn sie ihnen Hilfe in dem nun beginnenden Gefecht leisten und über den Isarfluss verhelfen würde. Glücklich gelangten sie über den Fluss, und Christian erbaute eingedenk seines Gelübdes die Kapelle und bestimmte auch Geld für ein daran zu bauendes Kloster. Da er jedoch einen Zug nach Ungarn antreten musste, um König Sigmund gegen die Türken Beistand zu leisten, so wurde der Bau des Klosters verschoben und unterblieb in der Folge ganz, da Christian in der Schlacht von Nicopolis am 26, September 1396 starb.

 

Herzog Albrecht III. schenkte an die Kirche von Thalkirchen einen noch vorhandenen ansehnlichen, in Silber gefassten Kreuzpartikel, und vom Kurfürsten Maximilian I. ist bekannt, dass er schon als siebenjähriger Prinz im Jahr 1580 mit seinem Präceptor, dem frommen und gelehrten Böhmen Wenceslaus Petrsikh, gewöhnlich Peträus genannt, nach Thalkirchen gewallfahrtet sei. Dessen ungeachtet hatte Thalkirchen ein eigentümliches Geschick. Die Kirche war im altdeutschen Stil erbaut, hat aber von ihrer ursprünglichen Gestalt und Einrichtung nichts gerettet, als das wunderschöne plastische Gnadenbild mit zwei Bischofsstatuen. Nachdem im Jahr 1632 durch die Schweden die Kirche bis auf ihre Grundmauern zerstört worden war, konnte sie in Ermangelung von Mitteln nur allmählich wieder aufgebaut werden. Wie teuer aber auch noch nach den Stürmen des Dreißigjährigen Krieges diese verarmte und teilweise verödete Lieblingsstätte der Gnadenmutter den frommen Münchnern geblieben war, zeigt die Tatsache, dass bereits im Jahr 1656 die kurfürstlichen Hofmusiker ein Bündnis schlossen, um den Frauen-Dreißiger durch ihre musikalische Mitwirkung auf eine würdige Weise zu begehen, zugleich aber auch das Gnadenbild in einem entsprechenden Schmuck zu unterhalten. Dies ist der Anfang des marianischen Ehr- und Zierbündnisses, das unterm 14. Februar 1754 von Sr. Heiligkeit Benedikt XIV. förmlich bestätigt und mit Indulgenzen und Privilegien beschenkt und unterm 9. November 1773 von Papst Clemens XIV. und unterm 8. Juni 1780 von Papst Pius VI. mit weiteren Gnaden bereichert worden ist. Dieses marianische Verbündnis beging denn auch im Jahr 1854 mit oberhirtlicher Genehmigung vom 30. Juni desselben Jahres den Frauen-Dreißiger vom 15. August bis 15. September ihre Säkularfeier auf eine besonders festliche Weise.

 

Zwei gemalte Gelübdetafeln an der Wand gegenüber dem Hochaltar, deren eine das glückliche Entkommen über die Isar, die andere den Anfang des Baues der Kapelle mit auf diese Begebenheit versehenen Inschriften darstellt, bekunden der Kapelle Entstehung.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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122. Die Mariahilf-Kapelle auf dem Wannenberg

bei Roggenburg in Schwaben

 

Auf dem sogenannten Wannenberg zwischen dem alten und gewerbigen Städtchen Weißenhorn und dem ehemaligen stattlichen Prämonstratenser-Reichsstift und jetzigen Pfarrdorf Roggenburg liegt mitten im Wald gar traulich eine Kapelle, vom Volk und in schwäbischer Mundart gewöhnlich nur das „Wanäkäpple“ (Wannenkapellchen) geheißen, von Roggenburg etwas mehr als eine Viertelstunde, von Weißenhorn aber etwa fünf Viertelstunden entfernt.

 

Über dem Altar der Kapelle hängt ein hinter Glas und goldgefasstem Rahmen ein gewöhnliches auf Leinwand gemaltes Bildnis „Mariahilf“ vorstellend. Hunderte und Hunderte, man darf wohl sagen, Tausende sind es, die alle Jahre von Weißenhorn und allen benachbarten Dörfern und Weilern hierher an diesen einsamen stillen Ort wallen. Die vielen frommen Gebete nun, die hier im Verlauf eines Jahres verrichtet werden, gelten der Mutter Jesu, die gerade auf diesem Platz vor mehr als dreihundert Jahren so augenscheinlich und auffallend als Hilfe der Christen sich geoffenbart und selbst den Grund zu diesem anmutigen Wallfahrtsort und zu dessen Besuch gelegt hat.

 

Schrecklich hausten in den dreißiger und vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts die schwedischen Soldaten in ganz Bayern und in Schwaben. Besonders hatten sie es auf die Klöster abgesehen und somit musste auch das Kloster Roggenburg ihre Wut und Grausamkeit bitter verkosten. Als im Jahr 1633 die Schweden nahten, suchten alle Bewohner Roggenburgs in der Flucht ihr Heil und begaben sich in das ihnen gehörige Haus in der Stadt Weißenhorn. Nur der Koch, ein Chorherr und zwei Diener blieben zurück. Der zurückgebliebene Chorherr war Franziskus Doser. Er war damals erst 25 Jahre alt, brannte aber so sehr von Eifer im seelsorglichen Beruf, dass er sich nicht entschließen konnte, sein Heil in der Flucht zu suchen, sondern es vorzog, bei den in Meßhofen, Ingstetten und anderen Orten zurückgebliebenen Schäflein zu verweilen, sie mit dem Wort Gottes und den heiligen Sakramenten zu weiden und im Notfall sogar sein Leben als Opfer einzusetzen. Aus Klugheit zog er seinen weißen Habit aus und legte Bauernkleider an, um nicht so leicht verraten zu werden. So gekleidet ging er dem Leib nach als schwäbischer Bauer, im Herzen aber als guter Hirte einher, um die Seelsorge zu versehen, und allen geistig-väterliche Hilfe zu leisten. Da er nun einmal, um das heilige Messopfer zu entrichten, nach Meßhofen sich begab, wurde er verraten. Anfangs verbarg er sich in der Kirche, hielt sich aber da nicht für sicher genug und betrat darum den Weg, der nach Weißenhorn führt, um sich dort in Sicherheit zu bringen. Plötzlich wurde er aber von sechs bewaffneten Soldaten ergriffen, die ihn dann auf den nahen Wannenberg schleppten, an einer Eiche aufhängten und davonliefen. In dieser großen Gefahr, entblößt von aller menschlichen Hilfe, half ihm diejenige, die er von Jugend auf so zärtlich verehrt hatte und die ihn für seine bisherige fromme und kindliche Verehrung augenscheinlich belohnen wollte, nämlich Maria, die göttliche Mutter. Sie stellte sich ihm sichtbar dar, verhinderte mit ihren jungfräulichen Händen, dass ihn der Strick erdrosselte, bis einer der Soldaten aus Reue oder Mitleid zurücklief und den Strick abhieb. An der Decke der Kapelle ist diese wunderbare Begebenheit in einem Fresko-Gemälde veranschaulicht. Nachdem Franziskus von seiner Todesangst sich wieder erholt hatte, kehrte er lobpreisend und Gott und seiner heiligsten Mutter dankend zu seinen Brüdern nach Weißenhorn zurück. In seiner christlichen Demut hatte er die ganze Sache, sowie auch, dass ihm Maria seine Erhebung zum Abt vorausgesagt hat, bis an sein Lebensende verborgen gehalten. Erst in seiner letzten Krankheit offenbarte er seinem Beichtvater, was der Herr Wunderbares an ihm durch Maria gewirkt hatte, mit der Bitte, die wunderbare „Marienhilf“ der Welt (aber erst nach seinem Tod) kund zu tun. Franziskus starb als Prälat im Ruf der Heiligkeit, den 7. Februar 1678.

 

Zum steten Andenken an diese wunderbare Begebenheit baute der Prälat Adalbert eine ganz kleine Kapelle an eben jenem Ort, wo Franziskus aufgehängt worden war. Diese Kapelle ließ der Prälat Thaddäus Aigler im Jahr 1794 ganz neu erbauen, etwas erweitern und an seinem Namensfest – am 28. Oktober – ein Bild „Mariahilf“ übersetzen und zur Andacht der Gläubigen aufstellen. Später wurde allenthalben der Wunsch rege, der Mutter Gottes zur Ehre eine größere Kapelle zu erbauen. Während des Neubaus wurde das Mariahilf-Bild in der Kirche zu Meßhofen aufbewahrt, nach Vollendung des Baues aber in feierlicher Prozession und unter dem Andrang einer zahllosen Volksmenge im Jahr 1845 den 28. Oktober zur Verehrung aufgestellt und die Kapelle kirchlich eingesegnet.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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123. Unsere Liebe Frau zu Pilgramsberg

im Bayerischen Wald

 

Wie alt die schön gelegene Wallfahrtskirche zu Pilgramsberg ist, weiß man nicht, jedenfalls steht sie schon mehrere Jahrhunderte und ist ursprünglich der heiligen Ursula geweiht. Zur heiligen Ursula wurde auch früher viel hierher gewallfahrtet. Allein zu Anfang des 19. Jahrhunderts kam dieses Kirchlein sehr herab und war dem Abbruch nahe. Endlich wählte sich die Mutter Gottes diesen Platz zu einem besonderen Gnadensitz. Denn durch eine sonderbare Fügung brachte ein frommer Dienstknecht von Heindlingberg, Georg Fenzl mit Namen, eine Mutter-Gottes-Statue hierher. Diese Statue ist alt, von Lindenholz, war früher in Ingolstadt, kam nach Regensburg, in Regensburg dann durch Kauf an Frenzl. Am 14. April 1839, am zweiten Sonntag nach Ostern wurde dieses Bild in feierlicher Prozession in die Kirche eingeführt und auf den Hochaltar gesetzt. Seitdem wallfahrten alljährlich viele Tausende frommer Christen hierher zur mächtigen und liebreichen Mutter des Herrn und außerordentliche Gebetserhörungen steigern stets noch mehr das Vertrauen zu „Unserer Lieben Frau zu Pilgramsberg“.

 

Von den Gnadenerweisungen Unserer Lieben Frau hier nur einige:

 

Am 23. April 1856 ging Peter Bachmeier, Bauer von Maierhof, der Pfarrei Haibach, königlichen Landgerichts Mitterfels, mit seinem Stiefsohn Michael Huber und zwei Knechten in den Wald, um einen sehr großen Tannenbaum, den der Sturm entwurzelt und niedergeworfen hatte, abzusägen und zum Heimfahren herzurichten. Als sie dabei fürs erste den Stock vom Baum fast abgesägt hatten, trennten sich unerwartet schnell Stock und Baum. Der Stock fiel in einer solchen Richtung, wie keiner von den in derlei Arbeit geübten Männern hätte vermuten können, und der Sohn Michael Huber hatte das Unglück, von der ungeheuren Wucht des Stockes, der mit dem daran hängenden Erdreich und Gestreu wenigstens fünfzig Zentner wog, erfasst und unter ihn gedrückt zu werden. Einige leise Seufzer hatten sie noch von ihm gehört, danach aber sahen und hörten sie gar nichts mehr, er war völlig verdeckt worden von den Wurzeln und dem Erdreich. Anfangs standen der Vater Peter Bachmeier und seine zwei Knechte wie vom Schrecken gelähmt lange da, jammerten, weinten, und dachten nichts anderes, als der Michael sei tot, zermalmt und zerquetscht. Doch endlich fassten sie sich alle drei und suchten unter dem Stock etwas Luft zu machen. Allein sie konnten den Stock nicht heben. Sie greifen auf einer anderen Seite an, schlagen Erdreich los, suchen und finden endlich einen Fuß des Verunglückten, dann bald auch seinen anderen Fuß. Bei den Füßen nun zogen sie ihn unter der schrecklichen Last hervor. Blut rann ihm aus Mund und Nase, ganz betäubt, fiel er vor Schwäche zusammen, übrigens war er ganz unverletzt. Nichts fehlte ihm weiter, so dass er nach einigen Tagen sich völlig erholte.

 

Wie aber wurde er so glücklich gerettet? Als Bachmeier dieses Unglück sah und entsetzt dastand, rief er für seinen einzigen Sohn, den er über alles liebte, obwohl er sein Stiefkind ist, aus der Tiefe des Herzens und voll Vertrauen Unsere Liebe Frau von Pilgramsberg an, verlobte sich hierher und versprach auch seinen Sohn mitzunehmen, wenn er mit dem Leben davonkäme. Nun beteuerten Vater, Sohn und die zwei Knechte, es sei wirklich augenfällig, dass Maria geholfen und wunderbar geholfen habe, denn kein Mensch, der dies Unglück gesehen, hätte es für möglich gehalten, dass da einer lebendig oder gar unverletzt davonkommen konnte, ohne ein Wunder. Vater und Sohn waren hier, verrichteten ihre Andacht und wollten die Wahrheit dieser ihrer Aussage mit einem Eid bekräftigen.

 

Zu Metten an der Donau, berühmt durch sein hochverdientes Benediktinerstift, wohnte eine Schneiderwitwe, Theres Ziegler, mit zwei Töchtern, Theres und Katharina. Um Martini 1856 wurde die ältere Tochter Theres, damals zwölf Jahre alt, krank, bekam Kopfschmerz, Schmerz im Unterleib, ungewöhnlichen und starken Blutverlust, konnte bald das Bett nicht mehr verlassen. Ein Bader und ein Arzt wandten alle ihre Mittel an, aber alles war vergebens, das Kind siechte immer mehr dahin, die Hoffnung auf Besserung war bereits aufgegeben. So kam und verging die Fastenzeit, auch Ostern 1857 war bereits vorbei. Vierzehn Tage nach Ostern träumte dem Mädchen: der Doktor, der sie bisher öfter besucht hatte, komme zu ihr, zeigt ihr ein Muttergottesbild und sagt: „Zu dieser Mutter Gottes geh hin, dann wirst du gesund.“ Sie erzählt diesen Traum der Mutter, aber wo ist dieses Bild? Beide wissen es nicht und erfragen es nicht. Acht Tage danach träumt der Mutter, und es war ihr, als sage zu ihr ganz deutlich eine Stimme: „Nach Pilgramsberg geht bei Ascha, von Ascha geht die gerade Straße hinauf!“ Von Pilgramsberg hatte diese Frau früher schon gehört, und auch dass da eine Wallfahrt sei. So machte sie dann das Gelöbnis, wenn ihre kranke Tochter wieder gesund werde, wolle sie mit ihren zwei Töchtern eine Wallfahrt nach Pilgramsberg unternehmen. Von da an wurde Tag für Tag die Kranke besser, sogar ohne Arznei, nach acht Tagen konnte sie schon außer Bett sein, in vierzehn Tagen war sie gesund und munter, wie wenn ihr nie etwas gefehlt hätte. Wahrhaft wunderbar!

 

Am 9. August 1857 gegen Abend kam die Mutter mit ihren beiden Töchtern laut über den Berg herauf betend hierher, verlangte für den 18. August die heilige Messe nach ihrer Meinung, empfing mit ihrer Tochter Theres die heiligen Sakramente der Buße und des Altars, pflegte ferner ihre Andacht, und erzählte dies mit kräftigen Versicherungen der Wallfahrt und unter aufrichtigen Danksagungen und Lobpreisungen der allerseligsten Jungfrau und Mutter Maria.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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124. Die Wallfahrtskirche Ramersdorf bei München

 

Unter den vielen Kirchen, die der Verehrung der allerseligsten Gottesmutter und Jungfrau Maria ganz besonders bestimmt sind, nimmt die Wallfahrtskirche zu Ramersdorf eine der ersten Stellen ein, indem sie nach der 696 Jahre nach Christi Geburt entstandenen Wallfahrtskirche zu Altötting in Bayern die älteste ist. Das Dorf Ramersdorf selbst liegt an der Rosenheimerstraße, eine Stunde von München entfernt und gehört zur Pfarrei Perlach.

 

Die Kirche war ursprünglich eine Feld-Kapelle. Ein in dieser Kapelle zur Verehrung ausgesetztes Muttergottesbild zog wegen der Wohltaten, die den Hilfesuchenden hier zuteilwurden, viele Wallfahrer an, durch deren Opfer und Beiträge die Feld-Kapelle bald in eine Kirche umgewandelt werden konnte. 1399 wurde es möglich, die bereits baufällig gewordene Kirche von neuem und zwar größer und stattlicher zu erbauen. Aber auch das Dorf Ramersdorf selbst vergrößerte sich durch die Zunahme der Wallfahrten. Eine weitere Verschönerung erhielt die Kirche 1589 durch Herzog Wilhelm V. nach seiner Rückkehr von Loretto.

 

Einer für die Stadt München höchst traurigen Katastrophe verdankte aber die Kirche in Ramersdorf ihre größere Verschönerung und Verzierung im Inneren, nämlich den 42 Geißeln, die im Dreißigjährigen Krieg von Gustav Adolf von München nach Augsburg geführt wurden und nach beinahe dreijähriger Abwesenheit 1634 wieder nach München zurückkamen. Wie so manche andere Kirche hatte auch die Kirche zu Ramersdorf die Wut der Feinde zu ertragen. Die Franzosen plünderten sie, übersahen jedoch in ihrer blinden Wut zwei Tafeln, Christus und Maria, in getriebenem Silber, jede auf einer Kupferplatte befestigt. In allen diesen Drangsalen und Verfolgungen wachte aber die gnadenreiche Gottesmutter über die ihr geweihte Kirche, und es erhielten und vermehrten sich die Wallfahrts- und Bittgänge, letztere besonders in allgemeiner Not bis zum heutigen Tag.

 

Im Innern der Kirche strahlt vom Hochaltar herab uns das Bildnis der seligsten Jungfrau Maria entgegen. Es ist sieben bayerische Fuß hoch, aus Holz gearbeitet, nun mit kostbaren Gewändern versehen und gehört unter die Kunstarbeiten seiner Zeit. Auf den Häuptern der Gottesmutter und ihres Sohnes glänzen Kronen und in ihren Händen liegen Reichsapfel und Zepter, Symbole der von ihnen beherrschten Christenheit. Das frühere auf dem Hochaltar befindliche Muttergottesbild mit dem Kind Jesus auf dem Arm, ebenfalls mit Kronen und Zepter ungefähr zweieinhalb Fuß hoch, steht nun in der Glockenkapelle.

 

Auf der Epistelseite oben an der Wand erblicken wir eine große Votivtafel, die Geißeln im Dreißigjährigen Krieg darstellend, nebst Angabe ihrer Namen und Dankeserstattung. Während ihrer harten und traurigen Gefangenschaft verlobten sich diese Männer zu dem Gnadenbild in Ramersdorf und zogen bis auf vier, die dem Elend der Gefangenschaft erlegen waren, in feierlicher Prozession am 19. April 1634 in Begleitung der deutschen Kongregation in die dortige Kirche ein.

 

Oben an der Wand der Evangelienseite ist eine zweite große Votivtafel aufgehängt, die Bildnisse und Namen von 20 Geißen enthaltend, die im österreichischem Sukzessionskrieg 1742 von München nach Gratz in die Gefangenschaft weggeführt wurden. In dieser Not gelobten sie im Gotteshaus zu Ramersdorf der gebenedeiten Jungfrau Maria ein Lob- und Dankamt halten und eine Votivtafel malen und aufhängen zu lassen, wenn sie wieder glücklich nach München zurückkämen. Nach dreivierteljähriger harter und betrübter Gefangenschaft wurde ihre Bitte erhört. Bis auf zwei, die in Gratz gestorben waren, kehrten sie in ihre Heimat zurück. Sie versäumten auch nicht, alsbald ihr Gelübde zu erfüllen.

 

Eine andere Votivtafel bemerken wir noch fast neben dem Hochaltar. Sie stammt von sieben Bürgern und Loderermeistern von München, die die Stifter des in Ramersdorf noch heute bestehenden Frauen-Dreißigers waren und sich auf der Tafel in kniender Stellung abbilden ließen.

 

Diese von den Münchener Bürgern und Loderermeistern errichtete Stiftung heißt das Bündnis Mariä-Heimsuchung zu Ramersdorf, und wurde von Papst Benedikt XIV. mit großen Ablässen begnadet. Noch bis zum heutigen Tag (1866) wird die Kirche zu Ramersdorf in der Zeit des Frauen-Dreißigers von den frommen Gläubigen Münchens und der Umgegend sehr stark besucht.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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125. Die Wies-Kapelle bei Rotthalmünster in Niederbayern

 

Unweit des gewerbsamen Marktes Rotthalmünster liegt ein freundliches Wallfahrtskirchlein, das wegen seiner anziehenden Lage auf einer reich bewässerten, anmutigen Wiese im schlichten Mund des Volkes die Wies-Kapelle genannt wird.

 

In dieser stillen, heiligen Kapelle, die von den duftigen Schatten prächtiger Akazien und mächtiger Eichen umwoben, und mit einer herrlichen Ehrenwache von schlanken Pappeln geziert als ein treues Denkmal frommer, gläubiger Ahnen dasteht, befindet sich ein uraltes, ehrwürdiges Gnadenbild der schmerzhaften Gottesmutter, das seit den ältesten Zeiten Gegenstand hoher und inniger Verehrung bei der gesamten Umgebung von Rotthalmünster ist.

 

So sehr aber auch diese trauliche Kapelle besucht und in hohen Ehren gehalten ist, so gab man sich doch nicht viele Mühe aufzuzeichnen, woher denn eigentlich das wundertätige Gnadenbild stamme, welches der Ursprung, welches die Geschichte und Schicksale und welches die Privilegien und Hauptwohltäter dieses schätzbaren Gnadenortes waren. Nur spärliche Nachrichten, zum Teil zwei in der Gnadenkapelle aufgehangenen Gedächtnistafeln entnommen, sind uns bei dem unerklärlichen Schweigen der Tradition, noch gerettet worden. Über den Ursprung mehrgedachter Kapelle Folgendes:

 

„Im Jahr 1644 wurde von einem frommen Religiosen aus dem Kloster Aldersbach eine hölzerne Kapelle auf einem Grund gebaut, der zum hiesigen Pfarrhof gehörte, worin ein aus Holz geschnitztes marianisches Vesperbild verehrt wurde und heute noch verehrt wird. Um das Jahr 1737 aber wurde diese hölzerne Kapelle wieder niedergelegt und eine aus Steinen erbaut, mit einer kleinen Glocke und Orgel versehen, mit einem schönen Altarblatt geziert, den seligen Tod der Mutter Gottes vorstellend, woher die Kapelle den Namen hat: „Zum seligen Ende“. Heut zu Tage ist diese Kapelle mit einem Portatile (mittelalterlicher Tragaltar, Steinplatte mit Reliquiar zum Messelesen auf Reisen) versehen, worauf der Pfarrer das heilige Messopfer mit Erlaubnis des Bischöflichen Ordinariates verrichten darf. Doch muss alle drei Jahre um die gnädigste Lizenz gebeten werden. Ebenso dürfen auch alle Priester mit Erlaubnis des Pfarrers das heilige Messopfer in dieser Kapelle entrichten. Gerne wallfahrtet das Volk in die heilige Wies-Kapelle, aber es geschieht wegen gehöriger Entfernung vom Ort fast nur am Nachmittag, an Sonn- und Festtagen und an besonderen Tagen des Jahres.

 

Wie die auf der Evangelien-Seite hängende Denktafel zeigt, stand die Wallfahrts-Kapelle früher an einem anderen Platz, den heut zu Tage noch ein stark hervorbrechender Wasserstrahl bezeichnet, dessen Quellen übrigens unbekannt sind. Das beschädigende Austreten des Kesselbaches aber, an dem die ärmliche Kapelle gelegen war, bestimmte ein Jahrhundert nach der Erbauung der Holzkapelle den frommsinnigen Abt Paulus von Aldersbach einen Steinwurf weit von der früheren Lage der Kapelle eine neue größere und schönere Kapelle zu Ehren der schmerzhaften Gottesmutter zu erbauen, bei diesem frommen Werk ihn laut der zweiten Gedächtnistafel ein christlicher Offizier, Alois Baron von Lemmingen, mit seinen Kriegsleuten unterstützte. Im Jahr 1837 wollte die löbliche Bürgerschaft von Münster das hundertjährige Jubiläum der heiligen Wies-Kapelle feierlich begehen, ein sehr schöner Gedanke, dessen Ausführung jedoch an kleinlichen Zwistigkeiten scheiterte. Auch erhielt das besagte Kirchlein in diesem Jahr einen neuen Dachstuhl. Ungefähr zwölf Jahre später wurde diese Kapelle von einer räuberischen Hand geplündert.

 

Wir kommen nun zur Schilderung des gegenwärtigen Zustandes der Gnaden-Kapelle. Neben dem Kirchlein steht eine gemauerte Brunnennische, in der sich ein Vesperbild befindet. Aus dem Herzen der hier aufgestellten Mutter Gottes sprudelt beständig ein Strahl des köstlichsten und eisfrischen Wassers, dem eine vorzügliche Heilkraft bei Augenleiden zugeschrieben wird, weshalb dieses Wasser nicht bloß gerne in den benachbarten Markt, sondern bisweilen auch weiter fort zu Heilungszwecken geholt wird. An die Kapelle ist ferner eine hölzerne Vorhalle angebaut, die das erhörte Vertrauen und die edle Dankbarkeit und Verehrung der Gläubigen und frommen Waller inwendig mit Votivtäfelchen völlig überkleidet hat. Überdies dient diese Vorhalle den vielen Andächtigen zum Obdach, die die heilige Kapelle bei feierlichen Ämtern, bei dem jährlichen Bittgang zu dieser Gnadenstätte und bei den vielbesuchten Rosenkranz-Andachten an schönen Sommerabenden nicht mehr fassen kann. Das Innere der Kirche misst gegen 32 Schuh Länge und gegen 18 Schuh in der Breite. Vor uns steht ein hoher, aus Holz geschnitzter, schwarzer Altar mit vielen Goldverzierungen. Auf diesem, der überdies mit mannigfaltigen Weihegeschenken geschmückt ist, befindet sich in einer 2 Schuh hohen Kapsel das hochverehrte Gnadenbild, das geziemend und dem Vermögen der Kapelle gemäß gekleidet und geziert ist. Über ihm ist in sinnreicher Anordnung das eigentliche Altarbild, den Tod der seligsten Gottesmutter in Mitte der trauernden Apostel darstellend und über ihm ist noch ein kleineres Bild der Krönung Mariens. Ganz gewiss steht jetzt die kleine Wallfahrt an der Pforte einer neuen Glanzperiode.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

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126. Die Au-Kapelle bei Winzer in Niederbayern

 

Als in der drangsalvollen Zeit des Dreißigjährigen Krieges und seiner so traurigen Folge die allgemeine Not und das unsägliche Elend der damaligen Völker viele, viele Menschen zum Vertrauen auf Gott und insbesondere zum Vertrauen auf Maria, diese wunderbare Trösterin der Betrübten und Christenhelferin, angetrieben hatte, und dadurch, weil der Born der Gnade und des Trostes so überreich floss, viele Wallfahrtsorte entstanden waren, da wurde auch das Samenkörnlein zur jetzigen Au-Kapelle gelegt, die zweihundert Schritte von Winzer entfernt ist.

 

Hans Hueber weiland Schulhalter zu Winzer, war es nämlich, der in seiner Frömmigkeit und bewogen von kindlichem Vertrauen zur gnadenreichen Gottesmutter im Jahr 1666 unweit Winzer in der sogenannten Winzerau oder Osterau auf dem Weg nach Niederalteich und Hengersberg mit gnädiger Erlaubnis des damaligen Abtes Vitus von Niederalteich (regierte von 1651 bis 1667) ein schlichtes Kapellenhüttchen im Schatten junger Eichen und duftiger Linden aufrichtete und darin ein gemaltes Marienbild hineinstellte, teils um selbst ein einsam friedliches Betplätzchen zu haben, teils aber auch um die Vorübergehenden zum frommen Zuspruch bei der Mutter der Barmherzigkeit dadurch einzuladen.

 

Sein frommer Gedanke wurde auch alsbald verstanden. Denn der Zulauf der schwerbedrängten Gläubigen zu dieser friedlichen Gebetsstätte wurde immer größer, das Vertrauen immer lebendiger und die Opfer immer ergiebiger. Auch der damalige seeleneifrige Pfarrer von Winzer Franz Wenig rühmlichen Angedenkens, der auch die Corpus Christi-Bruderschaft in der Pfarrkirche zu Winzer errichtete, schenkte der armen Mutter-Gottes-Hütte in der waldigen Au seine volle Aufmerksamkeit und Zuneigung. Und weil das einsame Muttergottesbild ihm und seinen Gläubigen so lieb und teuer und die arme Bretter-Kapelle ohnehin bald sehr schadhaft geworden war, und weil sie das Bild aus der unsicheren Waldeseinsamkeit heraus näher bei sich an der Hofmark haben wollten, so ließ Pfarrer Wenig das mehrgedachte Marienbild in einer Kapellennische ganz nahe bei Winzer aufstellen. Dass den Winzern die Kapelle und das Gnadenbildnis gleich wert blieb, und dass das Vertrauen und der Zulauf dorthin immer bedeutender wurden, zeigte das Jahr 1685. Laut Urkunde vom 5. Juni 1685 fällt nämlich in dieses Jahr das größte Ereignis für die stille Wald-Kapelle, indem in diesem Jahr zum ersten Mal in ihr das wunderbare Opfer des neuen Bundes durfte dargebracht werden.

 

Vom Jahr 1717 an tritt eine bedeutend lange Lücke in der Geschichte der Kapelle ein. Möglich, dass die Urkunden dieser Zeit, sowie auch mehrere der Vergangenheit unter den barbarischen Pandurenhänden zu Grunde gingen, die um das Jahr 1742 so unmenschlich in den Donaugegenden hinauf hausten. Nach den Kriegsunruhen im Jahr 1742 scheint der Gottesdienst in der gern besuchten, aber auch baufälligen Au-Kapelle wieder regelmäßig fortgedauert zu haben. Mittlerweile wurde es auch um die Kapelle immer lichter und der Wald immer mehr ausgereutet. Da geschah es, dass der Himmel selbst einen gewaltigen Fingerzeig zum längst gewünschten Kapellenbau gab.

 

Im Jahr 1837 den 16. Juli entstand auf einmal ein heftiger Gewittersturm. Es war eben Sonntag nachmittags, und fünf Personen befanden sich in der Kapelle, um ihrer Andacht zu obliegen. Mit einem Mal erhob sich ein starkes Gewitter, und ehe sie die Gefahr ahnten und an die Heimkehr dachten, warf sich der Sturm mit brausendem Ingrimm in die ehrwürdigen Lindenkronen, die auf schon halb morschen Stämmen die stille Kapelle ehrerbietig beschatteten, riss eine Linde um und schlug mit ihr die stille Bretter-Kapelle zusammen, wobei aber alle Schützlinge ohne Verletzung davon kamen. Dieses Ereignis und diese wunderbare Beschützung beschleunigten den neuen Bau derart, dass die neue Kapelle in jetziger Gestalt schon am Jakobitag des Jahres 1839 unter einem großen Zulauf von Andächtigen feierlich benediziert werden konnte.

 

Die jetzige Kapelle ist licht und freundlich. Über der kleinen Eingangspforte ist ein reichverzierter Marmorschild angebracht mit folgender Inschrift:

 

Salve Regina, mater misericordiae.

Der Mutter Gottes Ehr` und Zier

Verkündet die Kapelle hier.

Der Winz`rer frommer Sinn und Gaben

Soll`n hier ein bleibend Denkmal haben.

Erbaut im Jahr 1838 der gnadenreichen Geburt unseres Erlösers.

 

Im Innern fällt unser Auge sogleich auf die kunstlose Armut eines ganz einfachen, hölzernen Altars, auf dem das jetzige Gnadenbild ruht. Statt des früheren Gnadenbildes wird nämlich jetzt ein sogenanntes Mariahilfbild von circa zwei Fuß Höhe verehrt, das von dem frommen Gerichtshalter Grädinger von Tengling, einem geborenen Winzer, hergeschafft wurde, der sich zugleich einen heiligen Rosenkranz am Jakobitag in der Au-Kapelle stiftete. Dieses ruinöse Bild und einige ärmliche Weihegeschenke und andere Tafeln und ein schlechter Kreuzweg und eine orgellose Empore mit einer hellbraunen Tragkanzel machen die ganze innere Herrlichkeit dieses Gnadenkirchleins aus.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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127. Die Wallfahrt Maria-Eck bei Traunstein in Oberbayern

 

Ungefähr drei Stunden südlich von Traunstein, eine Stunde vom bekannten Bad Adelholzen entfernt, steht auf den lieblichen Vorbergen der bayerischen Alpen das freundliche, vielbesuchte Wallfahrtskirchlein Maria-Eck, zur Pfarrei Siegsdorf, zum königlichen Bezirksamt und Landgericht Traunstein gehörig.

 

Erst seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts ist die bezeichnete Anhöhe mit diesem Kirchlein geziert. Die Sache ist so hergegangen:

 

Schon lange hatten die Holzknechte auf dem gegenüberliegenden Rabenstein, wenn sie am Abend nach Hause zurückkehrten, auf dem Vordereck, wo jetzt das Kirchlein mit seinen drei Altären steht, jedes Mal drei Lichter gesehen, wenn Tags darauf ein Fest der seligsten Jungfrau oder sonst ein Festtag gefeiert wurde. Diese Lichter bewegten sich hin und her und verliefen sich am Ende nach den zwei Richtungen hin, von denen später die Wallfahrtswege heraufführten aus der Ebene. Nachdem die Kapelle mit einem Altar gebaut war, sah man nur noch zwei Lichter. Und als endlich drei Altäre im Kirchlein errichtet waren, verschwanden die Lichter gänzlich und wurden nicht mehr gesehen. So geht die Sage. Der geschichtliche Verlauf ist aber folgender:

 

Im Jahr 1618, gerade als der Dreißigjährige Krieg anfing, kaufte der Prälat von Seeon, Sigismund Dullinger, die Vorderalpe, auf der jetzt das Kirchlein steht, und sechs Jahre später auch das Alpengut Hinteregg, das mit der genannten Alpe in Verbindung ist. Die Administration und Inspektion dieses Berggutes forderte die Gegenwart eines Klostergeistlichen von Seeon. Die Gegenwart eines Priesters forderte eine Kirche oder ein Oratorium, wo er die heilige Messe lesen und die Arbeiter des Gutes zum Gottesdienst versammeln konnte. Im Jahr 1626 wurde wirklich ein Kirchlein erbaut, und im darauffolgenden Jahr weihte es Graf Christoph von Lichtenstein, Weihbischof von Salzburg, feierlich ein unter dem Titel „Mariahilf“. In jenen trübseligen Zeiten hatten nämlich die Gläubigen in Bayern und Tirol ihre ganze Zuflucht zur „Trösterin der Betrübten und zur Helferin der Christen“ genommen. Das liebliche Bild von Lukas Cranach, das im Original in Innsbruck aufbewahrt wird, wurde in unzähligen Kopien im ganzen Land umher verbreitet und erweckte in wunderbarer Weise das Vertrauen der Gläubigen. Eine solche Kopie kam auch in das neuerbaute Kirchlein, das fortan den Namen „Maria-Eck“ behielt. Von der Zeit an, dass man im neugebauten Kirchlein die heilige Messe las, sahen die Holzknechte nur mehr zwei Lichter um den Ort sich bewegen. Dafür kamen aber gar bald zahlreiche Wallfahrer ins neuerbaute Kirchlein, so dass es die vielen nicht mehr fassen konnte. Im Jahr 1635 erweiterte man das Kirchlein, errichtete zwei Altäre, und nun verschwanden auch die zwei Lichter, die man bisher noch an den Vorabenden der Frauentage und anderer hohen Feste gesehen hatte. Im April 1636 erfolgte vom Ordinariat Salzburg eine Entschließung, kraft der dieses Gotteshaus mit all seinem Zugehör für ewige Zeiten dem Kloster Seeon einverleibt werden und bleiben sollte. Von dieser Zeit an beginnen die ständigen Priester der Wallfahrtskirche „Maria-Eck“ zu Vordereck. Den immer zunehmenden Wallfahrern konnte ein einziger Priester bald nicht mehr genügen. In den Sommermonaten hatten gewöhnlich drei bis vier Priester vollauf zu tun. Für sie erbaute Abt Columban II. im Jahr 1730 das prächtige Herrenhaus. Die Wallfahrtspriester ließen es am regen Eifer nie fehlen, und die Andacht zur hochgebenedeiten Mutter des Herrn nahm immer mehr zu. Die Votivtafeln zeugen von unzähligen wunderbaren Gebetserhörungen, von denen das Mirakelbuch eine große Anzahl aufgeschrieben enthält.

 

Vermöge kurfürstlichen Spezialbefehls vom 11. März 1803 hatte der Landkommissar Gallinger die Aufhebung des Klosters Seeon in der damals üblichen Weise vollbracht. Die Mutter war jetzt weggeräumt, und der Tochter solle es nicht besser gehen. In Siegsdorf, wohin Maria Eck von nun angehören sollte, war ein Pfarrvikar aufgestellt, der mit den Verwüstern der heiligen Orte vollkommen sympathisierte und zu allen Werken der Art die Hand bot. Dieser erhielt den Auftrag, die Kirche auf schickliche Art von allen Votiven und anderen Apparaten zu reinigen. Am 14. August 1804 erfolgte die gänzliche Ausräumung und Sperrung der Wallfahrtskirche.

 

Indessen kamen noch immer unzählige Wallfahrer von Nah und Fern nach Maria-Eck und beteten daselbst vor der verschlossenen Kirche. Fünf Gemeinden gaben im Jahr 1810 eine Bittschrift ein, man möchte ihnen die Kirche öffnen, mit der Erklärung, sie wollten ihre Unterhaltung für alle Zeiten übernehmen, und auch den Wallfahrtspriester besolden, wenn wieder einer angestellt werde. Die unteren Behörden brachten es dahin, dass am 24. Juni 1811 das Wallfahrtsbild von Maria-Eck in die Pfarrkirche zu Siegsdorf transferiert werden musste. Auf Verwenden des damaligen Kronprinzen Ludwig von Bayern wurde den fünf bittenden Gemeinden am 7. November 1812 die Kirche Maria-Eck mit den nach Siegsdorf gebrachten Kirchen-Effekten und Kirchenschlüsseln übergeben, allein eine feierliche Eröffnung der Kirche strengstens untersagt. Die fünf Gemeinden, hocherfreut über die wieder erhaltene Kirche, wendeten sogleich zweitausend Gulden auf, um der Kirche wieder ein würdiges Aussehen zu geben und stellten an die hohe Behörde die Bitte, es wolle der ihnen überlassenen Kirche auch das zu ihr gehörige Wallfahrtsbild übergeben werden. Ihre Bitte wurde ihnen, wahrscheinlich kraft der Fürsprache des Kronprinzen am 21. Oktober 1813 gewährt. Am 16. Juni 1816 wurde auch die Anstellung eines Wallfahrtspriesters und eines Mesners bewilligt. Das frühere Mesnerhaus wurde vom Eigentümer zur Wohnung des Wallfahrtspriesters hergeschenkt, und die Gemeinden besorgten seine anständige Herrichtung.

 

So wurde denn nach neunjähriger Sperrung der Kirche und nach vielen Widerwärtigkeiten und Mühen im alten Heiligtum wieder das heilige Opfer tagtäglich dargebracht. Seitdem besteigen alljährlich dreißig- bis vierzigtausend Menschen den lieblichen Mariahilfberg, um in ihren leiblichen und geistigen Nöten Linderung und Trost zu erlangen.

 

kloster-mariaeck.de/unser-kloster/geschiche-von-maria-eck

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

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128. Maria Ehrenberg, Wallfahrtskirche in der Pfarrei Metten, Unterfranken

 

Auf einem der vielen Berge, die das hohe Rhöngebirge bilden, erhebt sich der schön bewaldete Maria-Ehrenberg, so genannt von der der heiligen Jungfrau und Gottesmutter geweihten Kapelle, die seinen Scheitel krönt. Sie zählt zu den berühmtesten Wallfahrtskirchen der Provinz Unterfranken, und ist sechs Stunden südlich von der kurhessischen Stadt Fulda und drei Stunden nördlich dem Städtchen Brückenau entfernt. Auf der höchsten Kuppe des Berges ladet die freundliche Kirche den frommen Wallfahrer zum Gebet.

 

Die ältere oder ursprüngliche Kapelle ist von Joachim de Graveneck zwar gegründet, aber erst vom Fürstabt Placidus von Droske im Jahr 1694 vollständig und verschließbar hergestellt worden. Fürstbischof Adolph von Dalberg bestimmte im Jahr 1732 diese heilige Stätte als Wallfahrtsort frommer Christen auf alle Marienfeste des Jahres. Im Jahr 1785 ließ Fürstbischof Heinrich das zur Ausbesserung der nördlichen Dachseite erforderliche Holz verabreichen und als im Jahr 1795 die Südseite nicht minder schadhaft geworden war, schenkte Fürstbischof Adalbert III., der Letzte der geistlichen Fürsten Fuldas, vier Eichbäume zur Reparatur. Noch jetzt erinnert das Wappen, das in der Kirche angebracht ist – ein schwarzes Kreuz im silbernen Feld – an ihre früheren fürstbischöflichen Besitzer und Erbauer.

 

Im Sommer des Jahres 1838 begann das Langhaus in Folge seines schlecht konstruierten Dachstuhls augenfällig auseinander zu weichen und drohte zu bersten. Der eifrige Ortspfarrer wendete sich in dieser Bedrängnis an Se. Majestät König Ludwig I. von Bayern und bat um Erhaltung dieser Wallfahrtskirche. Mit bekannter Freigebigkeit ließ König Ludwig sogleich 200 Gulden zur Errichtung von vier Schutzpfeilern, die vom Fuß bis zum Dachgesims reichen, mit der Anfügung auszahlen: „Die Wallfahrtskirche Maria- Ehrenberg solle erhalten werden!“

 

Die alte Kapelle hat eine Länge von 30 Fuß, das Langhaus misst der Länge 80, in der Breite 40 Fuß. Im Inneren der Kirche befinden sich drei Altäre. Auf dem Hochaltar der Kapelle steht das Gnadenbild, ein hölzernes Brustbild der Himmelskönigin mit dem Jesuskind auf dem linken Arm, wenn auch kein Kunstwerk der Bildhauerei, doch schön und ausdrucksvoll. Die Legende erzählt von ihm:

 

„Dass es vor mehr als zweihundert Jahren von einem frommen Hirten hierselbst gefunden worden sei, der mit noch anderen Bergbewohnern der Umgegend bei diesem an einem Buchenstamm angebrachten Marienbild seine Andacht verrichtete und durch sein inbrünstiges Gebet, das er vor diesem Muttergottesbild zu Gott emporschickte, auf Fürbitte der seligsten Jungfrau viele Gnaden von Gott erlangte, was nicht verschwiegen bleiben konnte und so der jetzigen Wallfahrt ihre Entstehung gab.“

 

Von der großen Zahl derer, die an diesem heiligen Ort Erhörung ihrer vertrauensvoll ausgesprochenen Anliegen gesunden, zeugt die Menge der vorhandenen Gedenktafeln und Votivbilder, der zurückgelassenen Krücken und mannigfaltigen Geschenke von Wachs und Silber. An den sämtlichen Festen der allerseligsten Jungfrau finden sich zahlreiche Andächtige aus weiter Ferne Kurhessens, des Rhöngebirges und der fränkischen Provinzen auf dem Ehrenberg ein.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

mariaehrenberg

 

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129. Maria-Weissenstein in Südtirol

 

Fünf Stunden von der Stadt Bozen in Südtirol liegt der Wallfahrtsort Weissenstein auf einem hohen Felsen an der Etsch mit einer freundlichen Kirche und einem Kloster der Serviten oder Diener Mariens.

 

Die Entstehung der Wallfahrt wird so erzählt:

 

Unten im Tal ist ein Landgut, der Weissensteiner Hof genannt, nach dem ein braver Bauersmann sich benannte, der um das Jahr 1550 Besitzer des Hofes war, nämlich Leonhard Weissensteiner. Er ist in eine schwere Krankheit geraten, drei Jahre bettlägerig gewesen, und zuletzt von den Sinnen gekommen, also dass man ihn an Ketten hat legen müssen. Jedermann hatte Mitleiden mit dem guten Mann. Die Mutter der Barmherzigkeit gab dem Betrübten zu Zeiten Trost, erschien ihm, nannte ihm den Ort, an dem sie wolle, dass er ihr eine Kirche auferbauen sollte, die mit der Zeit durch großen Zulauf und Wunderwerke berühmt sein würde. Sobald aber die Mutter Gottes verschwunden war, ist Leonhard alle Zeit wieder in seine gewöhnliche Sinnlosigkeit verfallen. Seine Leute hatten auf ihn große Obacht, aber eines Tages hat er sie betrogen, sich von den Ketten losgemacht und ist in den nächsten Wald, der kaum eine Viertelstunde von dem Gut entfernt war, geflohen, da auf die Spitze des Berges geraten und von ihr tief, jedoch ohne Schaden, hinunter gefallen. Er kommt zu sich, sitzt auf einem Stein ganz traurig, und indem er sich umsieht, auf welchem Weg er wieder nach Hause kommen könne, erscheint ihm die Mutter Gottes abermals, tröstet ihn und verspricht ihm völlige und beständige Gesundheit, sagt ihm auch nach neun Tagen werden ihn seine Leute an diesem Ort finden, und er werde bis dahin ohne Speise leben, und an den Kräften des Leibes nicht abnehmen. Darauf verließ sie ihn voll des Trostes.

 

Inzwischen wird der verlorene Leonhard allenthalben gesucht und am neunten Tag frisch und gesund von den Seinigen im Tal gefunden, die ihn mit Freuden nach Hause begleiteten, indem er ihnen nach der Länge erzählt, wie er von der Mutter Gottes getröstet worden, und sich durch ein Gelübde verbunden habe, die Kapelle aufzubauen. Weil aber die drei Jahre hindurch, so er krank gewesen war, auch die Haushaltung darnieder lag, und man die Äcker und Wiesen hat veröden lassen, ließ er sich die Aufbesserung des herabgekommenen Hauswesens so angelegen sein, dass er das Gelübde, die Kapelle zu bauen, vergaß. Da fiel er aufs Neue in die vorige Krankheit. Nun erinnerte er sich seines Gelübdes und nahm sich vor, es alsbald zu erfüllen. Mittlerweile sah man an dem Ort, wo er von seinem Fall in die Tiefe liegen geblieben war, öfters ein seltenes Licht. An diesen Ort ließ sich der kranke Leonhard führen. Dort nimmt er eine Haue in die Hand und will das Fundament oder den Grund zu der Kapelle legen. Kaum hat er aber etliche Hiebe getan, so findet er ein von Stein schön gemachtes Marienbild, das das Kindlein auf dem Schoß hält. Wer dieses Bild verfertigt hatte, wer es an diesen Ort brachte, hat man nicht erfahren können.

 

Leonhard setzte den Kapellenbau fort und vollendete ihn auch glücklich. Alsdann stellte er das Bild auf den Altar, wo es noch heutzutage sichtbar ist, samt einer kleinen Glocke auf dem Kirchturm, mit der er die Leute zum Besuch der Kapelle einlud. Zuletzt war Leonhard der Welt müde, übergab seinen Hof und diente fortan treulich Gott und der allerseligsten Jungfrau, bis er im Herrn entschlief.

 

Nach seinem Tod nahm gegen alles Vermuten die Andacht zum heiligen Bild in der Kapelle immer mehr zu. Die Wallfahrer kamen aus den Tälern und von den Bergen scharenweise, so dass die Kapelle zu eng wurde. Deshalb musste man an ihrer Stelle im Jahr 1561 eine neue größere anbauen und da auch sie zu klein wurde, begann man im Jahr 1638 den Bau einer anderen, noch größeren, die 1654 vollendet wurde. Die gottesdienstlichen Verrichtungen besorgten bis zum Jahr 1718 Weltpriester, später aber, nämlich am 21. November dieses Jahres, wurde diese Kirche durch das Domkapitel zu Trient dem Serviten-Orden übergeben, der das noch stehende prächtige Kloster erbaute. Nach der im Jahr 1787 erfolgten Aufhebung des Klosters wurde das Gnadenbild in die Kirche nach Leifers an der Landstraße übertragen, allein da das Volk nicht nachließ, auf den heiligen Berg zu wallen, musste man das Bild wieder dahin bringen. Im Jahr 1837 kam der Serviten-Orden wieder in den Besitz des Klosters und widmete sich bis zur Stunde dem Dienst Mariens und der geistlichen Pflege der herbeiströmenden Wallfahrer.

 

Obwohl die Gnadenkirche schön und freundlich ist, so besucht der Pilger doch mit besonderer Vorliebe die ursprüngliche Gnadenkapelle, die so klein ist, dass kaum zwei Personen zu gleicher Zeit darin knien können. Während der Sommermonate pilgern zahlreiche Wallfahrer an diesen Gnadenort. In den sechsmonatelangen Wintern, wo Schnee und Eis die Straßen und Stege unwegsam machen, arbeiten die frommen Väter des Serviten-Ordens als Schreiner, Buchbinder und durch andere nützliche Arbeiten für Kirche und Schule, ohne dabei die wissenschaftlichen Studien und frommen Übungen der Andacht zu vernachlässigen.

 

In den Tagen vom 16. bis einschließlich 24. August 1853 wurde die dritte Säkularfeier der Auffindung des wunderbaren Gnadenbildes der schmerzhaften Mutter festlich begangen.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

 

Maria-Weissenstein

 

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130. Das Gnadenbild Mariahilf in der Kaltenherberge zu Schmirn in Tirol

 

Im schönen Tal Schmirn in Tirol, im Bezirksgericht Steinach, in der Nähe des Brennergebirges liegt die Seelsorgestation (Kuratie) Schmirn, zum Bistum Brixen gehörig, mit einhundertelf Häusern und fünfhundertfünfzig Einwohnern. Die in der Mitte des Tales liegende Seelsorgkirche ist erst im Jahr 1757 zu Ehren des heiligen Nährvaters Joseph erbaut worden. Der Sitz des Seelsorgers und der Kuratiekirche ist im Weiler „Schmirn“, der viertausendvierhundert Fuß über der Meeresfläche liegt und wovon das ganze Tal den Namen Schmirn trägt.

 

Eine halbe Stunde von der Seelsorgkirche entfernt auf einer waldigen Anhöhe liegt das vielbesuchte Wallfahrtskirchlein „Mariahilf in der Kaltenherberge“. Hinter dem Wallfahrtskirchlein, etwa hundert Fuß weit bergan, an der Mittagsseite, erhebt sich eine schöne hohe Fichte, die über die anderen Bäume hinausragt. Herr Lorenz Nagele, Gastwirt zu Gries am Fuß des Brenners, ein andächtiger Verehrer Mariens, hatte in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts das gegenwärtige Gnadenbild, auf dem die Jahreszahl 1735 steht, am genannten Fichtenbaum angehängt. Das Bild auf Leinwand gemalt (nach dem Original des Gnadenbildes der St. Jakobspfarrkirche zu Innsbruck) misst samt der Rahmung drei Schuhe in der Länge und zwei Schuhe in der Breite. Da wollte eins einer diese Fichte umhauen, aber schon beim ersten Schlag an dem Baum hat er sich am Fuß schwer verletzt. An dem Baum selbst sieht man noch jetzt den durch die Hacke gemachten Einschnitt. Gegenwärtig ist dieser Baum mit einem schönen Zaun umgeben und der ganzen Gemeinde ehrwürdig.

 

Ein paar Jahre später, nachdem das Bild auf dem Baum aufgehängt war, wurde hundert Fuß vom Baum weg (wo jetzt das Wallfahrtskirchlein steht), eine kleine hölzerne Kapelle aufgebaut und das Muttergottesbild dorthin übertragen. Etliche Jahre danach bei einem strengen Winter hatte der viele Schnee dieses Kapellchen zusammengedrückt, jedoch ohne das Gnadenbild zu verletzen. Im Jahr 1773 wurde alsdann eine kleine, sechzehn bis achtzehn Personen fassende Kapelle aus Stein aufgeführt an der nämlichen Stelle, wo die hölzerne gestanden hatte.

 

Zur selben Zeit wurde von den ehrwürdigen Vätern Jesuiten in der Seelsorge Schmirn Mission gehalten. Einer von ihnen, Pater Rektor Johann Müller, schenkte dieser neuerbauten Kapelle sein Kruzifixbild (samt dem Kreuz drei Schuhe groß) mit den Worten: „Die Kaltenherberge werde noch ein berühmter Wallfahrtsort werden.“ Diese Worte entzündeten zu einer großen Verehrung zu Unserer Lieben Frau in der Kaltenherberge, und so kamen einzelne sogar von den benachbarten Gemeinden, die Kaltenherberge zu besuchen.

 

Im Jahr 1818 wurde die Kapelle etwas vergrößert, und endlich im Jahr 1838 die ganze Kapelle abgetragen und ganz neu aufgebaut, so dass das Kirchlein jetzt bereits einhundertfünfzig Menschen fassen kann. Im Jahr 1838 wurde in diesem Kirchlein das erste Mal die heilige Messe gelesen. Im Jahr 1857 feierte daselbst der hochwürdige Primiziant, Herr Jakob Kofler aus der Pfarre Natz, jetzt apostolischer Missionar in Zentralafrika, sein erstes heiliges Messopfer.

 

Als im Jahr 1859 zwischen den Österreichern und den Sardo-Franzosen in der Lombardei der Krieg begann, da wurde zum ersten Mal das Bild der hilfreichen Gottesmutter von der Kaltenherberge prozessionsweise in die Mutterkirche herabgetragen. Im kommenden Frühjahr und Sommer des Jahres 1860 war das ganze Volk in banger Furcht vor einem Missjahr. Da machte die Gemeinde das Gelübde: „Wenn die Feldfrüchte unverletzt und unbeschädigt würden eingebracht werden, das Gnadenbild von der Kaltenherberge feierlich umherzutragen.“ Und wunderbar! Die Ernte war glücklich und gesegnet ausgefallen. Die dankbare Gemeinde erfüllte darauf ihr Gelübde.

 

Die Zahl der andächtigen Wallfahrer zu diesem Kirchlein mehrt sich von Jahr zu Jahr. Vom Frühling an bis anfangs Winter wird nun alljährlich wöchentlich fünf- bis sechs Mal in diesem Wallfahrtskirchlein das heilige Messopfer dargebracht.

 

Unter den vielen Gebetserhörungen, die die liebe Gnadenmutter auch an diesem einsamen Ort austeilt, will ich nur folgende erwähnen:

 

Im Jahr 1845 wallfahrtete jemand, der eine Schuld von hundert Gulden entrichten sollte, aber weder selbst das Geld hatte, noch zu leihen bekommen konnte, zu Unserer Lieben Frau in der Kaltenherberge, um Hilfe in dieser Not zu erlangen. Gerecht war die Schuld und gerecht ihre Ursache, aber der Mensch war verleumdet worden, weswegen er bei seinen Bekannten, die er um ein Darlehen bat, kein Vertrauen besaß. Kaum schüttete er vor Unserer Lieben Frau sein Herz aus, als er schon erhört war. Heimkehrend begegnet er einem Bekannten, dem er sein Anliegen offenbarte. Jener lud ihn ein mit ihm in sein Haus zu kommen, und zählt ihm die hundert Gulden auf.

 

Im Jahr 1852 hatte ein sechsjähriges Mädchen, Klara Eller von Schmirn, einen zwei Zoll großen, alten eisernen Nagel verschlungen. Die Mutter, die es bemerkt hatte, rief augenblicklich Unsere Liebe Frau in der Kaltenherberge um Hilfe an. Am dritten Tag ist der Nagel, ohne dem Kind eine Beschwerde zu verursachen, weggegangen. Der Nagel hängt jetzt in einer Votivtafel gefasst im Kirchlein. Dem Mädchen aber hatte späterhin nichts mehr gefehlt. Im Jahr 1860 ist sie vierzehn Jahre alt am Typhus gestorben.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

 

Tirol/Schmirn_Zur_kalten_Herberge

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131. Die Wallfahrtskirche Maria-Steinbach in Schwaben

 

Das Dorf Steinbach, am linken Ufer der Iller, im Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg, liegt von der Stadt Memmingen in südwestlicher Richtung etwa drei Stunden entfernt. Es befindet sich daselbst eine häufig besuchte Wallfahrt zu einem Gnadenbild der schmerzhaften Mutter Maria. Diese Wallfahrt entstand erst in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts.

 

Im Jahr 1723 erhielt die Pfarrkirche zu Steinbach einen Partikel des heiligen Kreuzes zum Geschenk. Am Fest der Auffindung des heiligen Kreuzes wurde er auf feierliche Weise zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt. Diese Aussetzung geschah von nun an alle Freitage, und es fand sich neben der Gemeinde auch viel andächtiges Volk aus der Nachbarschaft ein. Drei Jahre später wurde ein ziemlich großes hölzernes Kreuz aus einer nahe gelegenen Feld-Kapelle über dem Hochaltar der Pfarrkirche aufgestellt. Darauf folgte im Jahr 1729 auch die Aufstellung zweier Statuen aus Holz geschnitzt und bemalt, darstellend die schmerzhafte Gottesmutter Maria und den heiligen Johannes unter dem Kreuz. Beide standen gleichfalls in gedachter Kapelle, und wurden nun zu beiden Seiten des Kruzifixbildes in der Pfarrkirche aufgestellt. Vom Jahr 1730 an wurde der Zudrang Andächtiger zur Pfarrkirche in Steinbach immer stärker. Besonders war es jetzt die Statue der schmerzhaften Gottesmutter, vor der das Volk seine Andacht verrichtete.

 

Bald verbreiteten sich Erzählungen von Beobachtungen wunderähnlicher Erscheinungen am Marienbild selbst, von gepriesenen Gebetserhörungen, und von plötzlichen Heilungen körperlicher Leiden aller Art. Das Bischöfliche Ordinariat in Konstanz sah sich nun veranlasst, den Sachverhalt betreffs der Vorgänge in Steinbach auf das Genaueste zu untersuchen. Der Befund geschehener Wunder, oder an Wunder grenzender Begebenheiten wurde als vollkommen erwiesen herausgestellt und anerkannt. Die Freude über diese oberhirtliche Entscheidung war groß und allgemein. Sie wurde in unzähligen Exemplaren nach allen Orten versendet.

 

Die große Zahl der ankommenden Wallfahrer vermochte die bisherige Pfarrkirche nun innerhalb des beschränkten Raumes nicht mehr zu fassen. Das Kloster Münchroth traf daher alle Vorkehrungen zum Bau einer neuen und geräumigeren Kirche. Die Kirche ist auf einer mäßigen Anhöhe erbaut und schon von ferne dem andächtigen Pilger sichtbar.

 

Das in ihr befindliche Gnadenbild der schmerzhaften Gottesmutter Maria ist ein sehr gelungenes Werk der Bildhauerkunst. Im stummen Schmerz steht sie da die hehre Gottesmutter, den Blick auf ihren sterbenden Sohn gerichtet. Die linke Hand ruht auf der kummergedrückten Brust, während die rechte sich hinunter senkt, die volle Ergebung gleichsam aussprechend in Gottes heiligen Willen. Das Haupt ziert eine Krone und ein zweischneidiges Schwert durchdringt ihr Herz. Die Statue hat eine Höhe von fünf Schuh vier Zoll und ist in entsprechendes Kolorit gefasst.

 

Auf den andächtigen Besuch der Wallfahrt sind von mehreren Päpsten der Kirche Ablässe verliehen. Von den vielen Tausenden, die des Jahres hindurch besonders aus dem nahen Württemberg her nach Steinbach wallfahrten, empfangen im Durchschnitt zwanzig- bis fünfundzwanzigtausend die heiligen Sakramente der Buße und des Altars.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

 

Maria-Steinbach/Wallfahrt

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132. Unsere Liebe Frau vom guten Rat im Kloster Stams

 

Im Kloster Stams des Landes Tirol befindet sich ein gar wundertätiges Gnadenbild, das Unsere Liebe Frau mit dem Jesuskindlein auf den Armen, und geschmückt mit einem schönen Regenbogen über dem Haupt dargestellt, und dort allgemein die Mutter Gottes vom guten Rat genannt wird. Von der Entstehung dieser Wallfahrt erzählt man:

 

Im Jahr 1466 haben die Türken die Hauptstadt Albaniens, Skutari erobert. Nächst der Stadt war eine Kirche, an deren Mauer inwendig ein Bildnis angemalt war, das die seligste Jungfrau, nach dem Paradies benannt, mit einem Regenbogen gekrönt, vorstellte. Als nun obengenannter Stadt der Untergang drohte, wurden zwei Geschwister, Georgi und Sulavis mit Namen, im Schlaf gemahnt, dass sie Maria vom Paradies, die nun fortziehe, begleiten sollten. Wirklich wurde das Bild durch eine geheimnisvolle Kraft von der Mauer losgetrennt, und durch die Lüfte nach Italien bis gen Rom getragen. Das Bild schwebte in den Wolken, umgeben von einem schönen Regenbogen, wobei sich bei Nacht eine feurige und bei Tag eine hellleuchtende Wolke hatte sehen lassen, um den beiden Geschwistern den Weg zu zeigen, die dem Bild nachfolgten.

 

Zu Rom verschwand das Bild der lieben Frau vom Paradies wieder, und als sie es überall suchten, erfuhren sie endlich, dass das Bild zu Genazano, fünf Meilen von Rom, angekommen sei, und dort in freier Luft in der Kirche der Augustinermönche schwebe. Diese Kirche war schon vordem der seligsten Jungfrau unter dem Titel einer Mutter vom guten Rat geweiht.

 

Auf die Kunde von dieser wundervollen Ankunft des Bildes strömte zahlreiches Volk von allen Gegenden herbei, und die Liebe Frau vom Paradies erhielt nun den Namen der Mutter vom guten Rat. Sehr viele Wunder geschahen, und die Päpste Sixtus IV., Urban VIII. und Innozenz IX. bemühten sich, die Verehrung der Mutter vom guten Rat zu befördern.

 

Inzwischen verbreiteten sich auch Abbildungen des Gnadenbildes durch alle Länder. Andreas Bacci, Domherr zum heiligen Markus und eifriger Beförderer der marianischen Andacht, hatte im Jahr 1752 schon über fünfhunderttausend solche Bilder verteilt.

 

Endlich zur Zeit, als der hochwürdige Abt Rogerius Sailer dem Stift Stams vorstand, wurde an den genannten Domherrn Bacci die Bitte gestellt, er möchte ein genaues Abbild der Gnadenmutter zu Genazano machen, es am Gnadenbild anrühren lassen, und nach Stams schicken. Beides geschah. Am 15. Mai des Jahres 1757 kam das Bild nach Stams. Zuerst wurde es auf den Hochaltar der Klosterkirche gestellt, alsdann wurde es zugleich mit dem kostbaren Blut, das in dieser Kirche verehrt wird, in Prozession herumgetragen. Als man am Morgen um 8 Uhr mit dem heiligen Bild aus der Kirche auszog, zeigte sich ein zweifacher Regenbogen von solcher Größe, Breite und Farbenpracht, dass niemand je einen ähnlichen gesehen zu haben sich erinnerte.

 

Von den vielen leiblichen und geistlichen Wohltaten, die den gläubigen Verehrern dieses Gnadenbildes durch die Fürbitte der Mutter vom guten Rat seither zuteil geworden, will ich hier nur folgende anführen:

 

Schon ehe das Gnadenbild nach Stams überbracht war, zeigte sich Maria gnädig einem Mädchen, der zwölfjährigen Tochter des Anton Gritsch, die seit drei Jahren krumm war. Durch Auflegung des Bildnisses Mariens vom Guten Rat und durch ein der Lieben Frau gemachtes Verlobnis, wurde sie wieder gerade, und verrichtete mit ihren Eltern persönlich ihr Gelübde am 10. Juni 1757.

 

Maria Schwarz wurde im Jahr 1759 in der heiligen Bluts-Kapelle selbst von der Blindheit befreit, als sie dort ihre Andacht zur Mutter des guten Rates verrichtet hatte.

 

Von sehr vielen anderen Gnadenerweisungen zeugen die häufigen Opfer von Votivtafeln, silbernen und anderen Geschenken. Selbst die erhabene Kaiserin Maria Theresia, unsterblichen Andenkens, opferte aus zärtlichster Verehrung zur Himmelskönigin einen vollständigen, überaus kostbaren Ornat.

 

Die Bruderschaft der Mutter vom guten at ist zu Stams im Jahr 1757 errichtet und mit der in Genazano vereinigt worden. Papst Benedikt XIV. hat sie mit reichlichen Ablässen versehen.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

stiftstams

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133. Unsere Liebe Frau von Trens in Tirol

 

Am linken Eisackufer, eine Stunde von Sterzing, am sonnigen Fuß des nordöstlich aufsteigenden Berges, liegt das kleine Dorf und der große Wallfahrtsort Trens, eine uralte Filiale der Pfarrei Stilfes, von der eine halbe Stunde entfernt.

 

Die Gnadenkirche ist im gotischen Stil erbaut und von hohem Alter. An der nördlichen Seite der Kirche ließ Pfarrer Rikordin im Jahr 1727 eine eigene Kapelle mit einem Altar von Marmor erbauen und im folgenden Jahr in diese Kapelle und auf diesen Altar das Gnadenbild mit großer Feierlichkeit übersetzen. Vom Ursprung des heiligen Bildes, das noch heutzutage so frisch und lebhaft aussieht, als wäre es jüngstens von einem Malerpinsel überfahren worden, gibt es keine urkundliche Nachricht. Eine uralte Überlieferung besagt, dass das Bild vor undenklicher Zeit in einer sogenannten Lähn oder einem durch Wassergüsse mit Stein und Letten angefüllten und sodann wieder ausgeräumten Graben zufällig gefunden worden. Aus dem Haus eines Bauern, der das Bild zu sich genommen hat, verschwand es dreimal, durch unsichtbare Hand in die beim obigen Gießgraben gelegene Kapelle getragen, obwohl der Pfarrer die Kammer, wo das Bild aufbewahrt wurde, sorgfältig geschlossen und verwahrt hatte. Von dieser Zeit an wurde die Kapelle „Unsere Liebe Frau zu Trens an der Lähn“ genannt, und durch große Wunder bald sehr berühmt und besucht. Diese Wunder hatte der ehrwürdige Pfarrer von Stilfes, Johann Erb, auf eine Tafel verzeichnen lassen. Durch die vielen Opfer der Wallfahrer konnte endlich ein eigenes Benefizium errichtet werden, doch so, dass zu Stilfes ein dritter Priester angestellt wurde, die zu Trens täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage das heilige Messopfer zu entrichten hatte. Erst im Jahr 1786 erhielt Trens einen eigenen Priester.

 

Zur Verherrlichung der hohen Himmelskönigin sollen hier einige von den wunderbaren Tatsachen angeführt werden, die durch ihre Fürbitte geschahen, deren einhundertsechzehn in dem Buch „Kurzer Bericht des uralten wundertätigen Marienbildes in Trens“ verzeichnet sind:

 

Im Jahr 1720 wollte ein Geistlicher von Stilfes einem bereits dem Tod nahen Kranken bei anbrechender Nacht besuchen. Unterwegs überfiel ihn ein so dichter Nebel, dass er sich verirrte und in einen tiefen Wassergraben geriet. Das Wasser stieg ihm anfangs bis an den Gürtel, dann bis an den Hals und wollte ihn zum dritten Mal auf den Rücken niederwerfen. Da gedachte er der Gottesmutter in Trens und rief: „O heilige Mutter Gottes zu Trens, verlasse mich nicht in dieser meiner Not.“ Kaum hatte diese Worte gesprochen, als er sich plötzlich durch eine unsichtbare Hand rückwärts ergriffen, aus dem Graben herausgezogen und auf einem Stock stehend fand. Von da gelangte er zum Kranken, fand ihn noch am Leben, tröstete ihn und segnete seine Seele aus.

 

Ein achtjähriger Junge, Jakob Leiß, Rotgerberssohn von Sterzing (Tirol), wollte über eine Wasserwöhr springen, fiel aber hinein und geriet unter ein umgehendes Stampfrad. Das Wasser floss über ihn, und der Junge wurde so in das Rad verwickelt, dass es stillstand und mit einer Winde zurückgetrieben werden musste. Alle, die Zeugen des Unfalls und die zur Hilfeleistung herbeigeeilt waren, glaubten nicht anders, als der Junge sei rettungslos verloren, und sie würden ihn nur tot und mit zerbrochenen Gliedern aus dem Rad bringen. Gleichwohl empfahlen sie ihn in solcher Not Unserer Lieben Frau von Trens, durch deren mütterliche Hilfe er auch augenscheinlich errettet wurde. Den 22. September 1737 trat Jakob Leiß in den Kapuziner-Orden, worauf er zur schuldigsten Danksagung der Mutter Gottes Maria zu Trens seinen Brautkranz opferte, heilige Messen lesen und eine schöne Opfertafel der Nachwelt zum ewigen Gedächtnis in ihrer Kirche aufhängen ließ.

 

Ein gewisser zum Strang verurteilter Übeltäter im Landgericht Sterzing (Tirol) im Jahr 1723 wollte die Nacht vor seiner Ausführung durchaus nichts vom Sterben wissen, sondern wehrte und sperrte sich vor dem Tod, wie man zu sagen pflegt, mit Händen und Füßen. Alles Zusprechen des Beichtvaters und anderer Geistlichen war fruchtlos und vergebens. Zu allem Glück war in dem Zimmer das Bildnis der seligsten Mutter Gottes zu Trens, vor dem eine Ampel brannte. Zu dieser Mutter Gottes von Trens hat der Beichtvater samt anderen Anwesenden sein Vertrauen genommen und mit lauter Stimme den heiligen Rosenkranz zu beten angefangen. Unter solchem Gebet wird der Malefikant ganz geändert, nicht anders als hätte man einen Bach abgekehrt, unterwirft sich freimütig dem Willen Gottes und der vorgesetzten Obrigkeit, verrichtet dann eine reumütige Beicht, bittet die Umstehenden um Verzeihung, und hält zugleich an, die Ampel bis nach seinem Tod brennen zu lassen, das Öl aber von dem Almosengeld, so man ihm zu seinem Seelenheil reichen würde, zu bezahlen. In solch reumütiger Ergebenheit hatte er dann auch zur größten Auferbauung aller Zusehenden das gefällte Urteil herzhaft überstanden. Augenzeugen: Pater Josaphat und Pater Viktor, Kapuziner, und mehrere andere.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

mariatrens

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134. Maria, die Wegweiserin

 

Das Gnadenbild der Mutter Gottes aus Candia zu St. Michael in Wien

 

Das gnadenreiche Bildnis der Mutter Gottes aus Candia, das sich schon ungefähr 350 Jahre in der kaiserlichen Hofpfarrkirche zu St. Michael in Wien befindet, ist eigentlich eine wahre, uralte und unverfälschte Abbildung jenes berühmten Urbildes, das unter den griechischen Kaisern zu Konstantinopel in einer uraltbekannten Verehrung gestanden ist. Dieses Urbild ist anfangs zu Jerusalem vom heiligen Lukas auf einer Tafel mit Wachs und Farben entworfen worden, und gleich nach seiner Fertigstellung der göttlichen Mutter gegeben wurde, die darüber ein ganz besonderes Wohlgefallen erkennen  ließ und ihm ihre Gnade mit folgenden merkwürdigen Worten eingab: „Meine Gnade mit ihr!“

 

Es ist nicht auszudrücken, wie groß das Ansehen und die Verehrung dieses Gnadenbildes zu Konstantinopel gewesen ist. Der Ruf verbreitete sich nach und nach durch ganz Griechenland, und bewog besonders die Einwohner des Eilandes Candia, dass sie zu Konstantinopel um eine ähnliche Abbildung dieses so geschätzten Urbildes anhielten. Ihre Wünsche wurden auch wirklich erfüllt, und sie erhielten eben jene wahre und unverfälschte Abbildung, die sich nunmehr zu St. Michael in Wien befindet.

 

Kaum war unser Gnadenbild im Eiland Candia angekommen, so wurde es von allen Einwohnern mit der zärtlichsten Andacht empfangen und sogleich in die Hauptstadt der Insel, die ebenfalls Candia heißt, mit vielen Feierlichkeiten übertragen. Man setzte es dort in der Kirche des heiligen Nikolaus, die insgemein Ciangari oder die Kirche der Schuhmacher genannt wird, der öffentlichen Verehrung aus, und der Zulauf des eifrigen Volkes wuchs nach und nach in solcher Weise an, dass diese Kirche nicht nur am Tag, sondern auch zur Nachtzeit von einer großen Menge frommer Gläubigen besucht wurde, die ihre Zuflucht in verschiedenen Nöten und Angelegenheiten zu diesem Gnadenbild nahmen und bei ihm auch Trost und Hilfe fanden.

 

Candia befand sich durch viele Jahre unter der Herrschaft des Freistaates Venedig in einem sehr blühenden Zustand, bis schließlich im Jahr 1645 die Türken dort einfielen und noch im selben Jahr die Festung Kanea eroberten. Dies war der Anfang des berühmten kandianischen Krieges, der sich bis 1666 hinauszog, in dem die Türken die Hauptstadt Candia selbst zu belagern anfingen. Die Türken setzten die angefangene Belagerung mit der äußersten Hartnäckigkeit fort. Da hat sich mit unserem Gnadenbild, das sich damals noch immer in der Stadt Candia befand, eine ganz besonders merkwürdige Begebenheit zugetragen. Als eines Tages auf dem Altar, auf dem es ausgesetzt war, ein Priester das heilige Messopfer verrichtete, und nun eben zur heiligen Wandlung schreiten wollte, fiel das Bild ganz unversehens und aus freien Stücken von seinem Ort herab. Das Volk erschrak heftig und untersuchte gleich nach geendigter Messe die Ursache dieses unverhofften Zufalls. Da bemerkte man, wie unter der Erde stark gegraben werde und entdeckte endlich, dass die Türken die ganze Kirche zu untergraben und in die Luft zu sprengen bemüht wären, weil sie ausgekundschaftet hatten, dass sich in ihr das Volk bei dem allverehrten Gnadenbild sehr zahlreich und häufig einfinde. Hierauf hat man den Feinden sogleich entgegen gegraben und eine große Anzahl von ihnen durch eine angelegte Gegenmine zu Grunde gerichtet.

 

Indessen kam es doch mit der verängstigten Stadt auf das Äußerste, so dass sich schließlich der venezianische Generalkapitän gezwungen sah, den Platz im Jahr 1669 an die Türken zu übergeben. Bei diesen Umständen schickten sich die fremden Hilfsvölker zum Abzug an, und Oberst von Kielmannseck war eben mit den kaiserlichen Truppen zur Abfahrt bereit, als sich bei ihm ein Priester melden ließ, der ihn auf das Inständigste bat, er möchte ihn doch in sein Schiff, das den Namen der heiligen drei Könige führte, aufnehmen und nach Venedig bringen. Als es der Oberst bewilligte, so übergab ihm dieser Priester das Gnadenbild, das er aus der Kirche des heiligen Nikolaus gerettet und den Entehrungen der Türken entzogen hatte. Der Oberst erkannte es sogleich, und befahl seinem Adjutanten Olivicciani, dass er es auf das Sorgfältigste einpacken und zugleich einige Zypressenbäume abhauen und mitnehmen soll, indem er gesonnen wäre, in der Pfarrkirche zu St. Michael in Wien einen Altar von Zypressenholz zu errichten, und das Gnadenbild auf ihm der öffentlichen Verehrung aussetzen zu lassen. Olivicciani vollzog diesen Befehl auf das Genaueste. Das Gnadenbild wurde jedoch erst im Jahr 1672 den Karmeliten zu St. Michael übergeben.

 

Kaum war es aber der öffentlichen Verehrung ausgesetzt, so fanden sich auch schon viele Gläubige ein, die bei ihm Hilfe und Beistand suchten und erhielten.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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135. Maria Thalheim

 

Wallfahrt bei Wartenberg im Erzbistum München

 

Maria Thalheim ist ein kleines Dorf am Abhang der von Wartenberg sich heraufziehenden Anhöhe mit einer schönen Wallfahrtskirche nebst der St. Michaels-Kapelle und elf Häusern. Mitten zwischen den zwei Häuserreihen fließt ein Bächlein, das sich in die Sempt ergießt und der Ratschenbach genannt wird. Der Ort gehört zur Pfarrei Riding und mit ihr zum Landgericht und ins Dekanat Erding, von dem es drei Stunden entfernt ist.

 

Was diesem Ort seit mehreren Jahrhunderten Namen und Berühmtheit gab, ist ein Muttergottesbild, das auch jetzt noch auf dem Hochaltar der Wallfahrtskirche verehrt wird.

 

Dieses Bild war am Anfang zwischen den zwei Stammästen eines Holunderstrauchs aufgestellt und unter freiem Himmel der Gegenstand der Verehrung. Wo es hergekommen ist und wer es dahin brachte, ist unbekannt. Dieser in der Länge der Zeit zu einem Baum herangewachsene Holunderstrauch soll dazumal mit dem Bild noch ganz von Wald umgeben gewesen und dennoch von vielen Andächtigen besucht worden sein. Allgemein bekannt ist, dass dieser Strauch alljährlich zwar Beeren, aber nie Blüten getragen hat und dass die Beeren immer grün blieben, während alle anderen Sträucher derselben Art in der nächsten Nähe blühten und zeitige Früchte trugen. Jahrhunderte lang stand er bis zum Jahr 1855, in dem er bei Vornahme einer Restaurierung des Gotteshauses zertrümmert wurde. Allein aus seinen Wurzeln wachsen neue Schosse auf, die bald wieder zum neuen Baum werden.

 

Als sich allmählich die Wälder lichteten, und im kultivierten Grund die Zahl der Ansiedlungen sich mehrte, kam den naheliegenden Bewohnern der Gedanke, sie möchten dem schon längst verehrten Muttergottesbild auch eine Wohnung errichten, um in ihr statt unter freiem Himmel ihre Andacht verrichten zu können. Sie wählten dazu, so geht die Sage, den höchsten Punkt auf einem naheliegenden Berg, und erbauten daselbst eine Kapelle. In sie wurde das Muttergottesbild hinaufgetragen und zur Verehrung aufgestellt. Allein schon am nächstfolgenden Morgen fand sich das Bild wieder auf dem Holunderstrauch. Und so oft man es versuchte, das Bild in die Kapelle zu übertragen, so oft soll es sich am darauffolgenden Morgen wieder auf dem Holunderstrauch befunden haben. Dies sahen die Leute als ein Zeichen an, dass die Verehrung der Mutter Gottes fortan an der Stelle geschehen soll, die schon längst durch die Andacht der Gläubigen und durch den Schutz der seligsten Jungfrau war geheiligt worden. Die Kapelle auf der Anhöhe wurde abgetragen und es wurde neben dem Holunderstrauch ein Kirchlein gebaut, in dem man das Bild der Mutter Gottes aufzustellen gedachte. Das geschah wirklich und das Bild hatte in diesem Kirchlein sein Bleiben. Das neugebaute Kirchlein mit seiner Wallfahrt wurde der dreiviertel Stunden entfernten Pfarrei Riding einverleibt, zu der es noch gehört bis auf den heutigen Tag.

 

Das alles hat sich im vierzehnten oder im Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts zugetragen.

 

Die Wallfahrer zur Mutter Gottes in Thalheim vermehrten sich von Jahr zu Jahr und verlangten nach einem Wallfahrtspriester. Diesem Bedürfnis geschah eine Abhilfe durch den würdigen Pfarrer von Riding, Friedrich Lindegut, und die Kirchenpröbste von Thalheim. Die frommen Männer stifteten im Jahr 1439 ein Benefizium für einen Wallfahrtspriester zu Thalheim. Von dieser Zeit an wurde der Ruf von Maria Thalheim in der Nähe und Ferne immer größer. Im Jahr 1645 wurde eine neue größere Kirche gebaut. Das vormalige Wallfahrtskirchlein blieb stehen und wurde sodann von da an dem heiligen Erzengel Michael gewidmet. Das berühmte uralte Muttergottesbild wurde in die neue Wallfahrtskirche übertragen und auf einem Seitenaltar aufgestellt. Im Jahr 1700 wurde die Bruderschaft „Mariahilf“ eingeführt. Die Mitglieder dieser Bruderschaft vermehrten sich unter Hohen und Niedern, unter Weltlichen und Geistlichen. Als ausgezeichnete Wohltäterin der Wallfahrt und Bruderschaft Maria Thalheim wird eine Freiin von Lambfritzhamb, Besitzerin des nahe bei Thalheim gelegenen Schlosses Pirka gerühmt.

 

Als ein besonderes Wunder ist in Thalheim die Rettung der Kirche bei einer im Jahr 1726 ausgebrochenen Feuersbrunst durch eine Gedenktafel verewigt. Auf ihr ist bemerkt, dass die Flammen vom ganz nahestehenden Stadel bei heftigem Sturmwind schon stürmisch an die Fenster schlugen, so dass das Blei zerschmolz, und dass man die Erhaltung der Kirche, sowie die Verwahrung der Felder vor dem so häufig in der Umgegend verheerenden Schauer und die Verschonung vor der weitum grassierenden Viehseuche nur der Fürbitte der Mutter Gottes, die in Thalheim verehrt wird, zuzuschreiben habe.

 

In dieser Zeit wurde auch eine Wasserleitung angelegt, über dem Wasserbehältnis ein auf einem Säulengewölbe ruhender Salon erbaut und der Brunnen so eingerichtet, dass das Wasser durch die Wunden eines auf dem Schoß Mariens liegenden Christus von Stein in ein sechseckiges Behältnis von rötlichem Marmor herausströmt. Diesem Wasser, das sehr angenehm schmeckt und in der Sommerzeit durch liebliche Frische sich auszeichnet, schrieb man bald eine wunderbare Heilkraft zu, vor allem für kranke Augen.

 

Durch die Freigebigkeit der Wallfahrer, die scharenweise aus allen Gegenden des Bayernlandes und der Oberpfalz hierher strömten, und durch treue Bewahrung und redliche Verwaltung der gestifteten Kapitalien war das Vermögen dieser Wallfahrtskirche und der damit verbundenen Bruderschaft so sehr angewachsen, dass man eine gänzliche Erneuerung und Umgestaltung der Kirche vornehmen konnte. Als im Jahr 1753 die ganze Restauration vollendet war, wurde das bisher auf dem Seitenaltar aufgestellte Wallfahrtsbild unter großen Feierlichkeiten auf den prachtvollen Hochaltar übersetzt.

 

In jüngster Zeit erhielt die Wallfahrt neuen Aufschwung. Unzählige Gläubige wallfahrteten dahin, um ihre Andacht zu verrichten oder um Gelübde zu lösen, die sie in den Tagen der Not gemacht hatten, wo sie gesehen haben, dass ihre eigene Kraft und Weisheit nicht ausreicht.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

 

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136. Unsere Liebe Frau von den sieben Schleiern zu Foggia

 

Im Jahr 1731 hatte ein heftiges Erdbeben in der italienischen Provinz Apulien die schrecklichsten Verwüstungen angerichtet. Foggia, die Hauptstadt von Apulien, war beinahe ganz im Schutt begraben, unter andern war auch die Kollegialkirche gänzlich eingestürzt. Diese Kirche war im Besitz eines uralten Gnadenbildes der allerseligsten Jungfrau, an dem zwar die Farben fast gänzlich verloschen waren, das aber gleichwohl allgemein in hohen Ehren gehalten wurde, und als man es in jenen betrübten Umständen in die Kirche des Kapuzinerklosters versetzt hatte, drängte sich alles dorthin und suchte Schutz bei Maria.

 

Eines Tages erschien plötzlich das Angesicht an diesem Bild mit den frischfarbigen Zügen des jugendlichen Alters belebt, und richtete liebevoll und mitleidig die Blicke auf das versammelte Volk. Dieses Wunder wiederholte sich mehrere Tage und wurde bald im Land umher verbreitet.

 

Unter den Missionaren, die die Bischöfe Apuliens berufen hatten, um in dieser Zeit der Drangsal die Gläubigen zur Buße zu bewegen und dadurch den Zorn Gottes zu besänftigen, befand sich auch der heilige Alphons von Liguori. Auf die Nachricht von jenem wunderbaren Ereignis in Foggia begab auch er sich mit seinen Genossen dahin, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen. Der Bischof der Stadt ersuchte den Heiligen, eine neuntägige, öffentliche Andacht zu Ehren der heiligen Jungfrau abzuhalten, um durch ihre Fürbitte Schutz gegen neue Gefahren zu erlangen, denn man befürchtete mit jedem Augenblick Wiederholung des Erdbebens und neue Vernichtungen.

 

Eines Abends während der Novene, als das Volk entlassen war, bestieg Alphons den Altar, voll heiligen Verlangens, ein Bildnis, von dem man so viele Wunder erzählte, etwas näher zu betrachten. So wie er sich ihm näherte, geriet er in Verzückung und blieb während einer ganzen Stunde unbeweglich. Während dieser ganzen Zeit zeigte sich ihm die heiligste Jungfrau sichtbar in wunderbarer Schönheit. Als er wieder zu sich gekommen und vom Altar herabgestiegen war, sang er mit mehr als dreißig Personen, die sich noch in der Kirche befanden, den Hymnus: „Ave maris stella“ – „Sei gegrüßt, du Meeresstern“.

 

Am folgenden Tag erzählte der Heilige öffentlich, was er gesehen hatte, und ließ durch einen Maler ein Bildnis verfertigen, in dem er Maria so darzustellen suchte, wie sie Alphons erschienen war, und das noch heutigen Tages aufbewahrt wird. Und damit niemand an der Wahrheit dieser Erscheinung zweifeln möchte, so gefiel es dem Herrn, sie durch ein neues Wunder zu bekräftigen.

 

Als nämlich nach einigen Tagen in derselben Kirche Alphons mit feuriger Liebe von der Andacht und vom Vertrauen zur mildherzigen Gottesmutter predigte, enthüllte sich das Haupt jenes wunderbaren Bildes, das gewöhnlich verschleiert war, plötzlich von selbst. Es zeigte sich mit den Zügen eines vierzehnjährigen Mädchens, einen glänzenden Lichtstrahl entsendend, der sich auf dem Haupt des frommen Missionars niederließ. Alle Anwesenden sahen dies, und von allen Seiten hörte man den Ausruf: „Wunder, Wunder!“ Alle wurden zu Tränen bewegt, und die Herzen waren so gerührt, dass mehrere öffentliche Sünder sich augenblicklich mit seltenen Äußerungen der Reue bekehrten.

 

Im Jahr 1777 legte Alphons, veranlasst durch die Bitte des Diözesanbischofs, der in Rom die Krönung des heiligen Bildnisses nachsuchte, ein eidliches Zeugnis für dieses Wunder ab.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

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137. Unsere Liebe Frau von Nazareth in Ostflandern

 

Zwei und eine halbe Stunde südwestlich von Gent, an einem Ort, wo einst ein ungeheurer Tannenwald stand, befindet sich heutzutage die Gemeinde „Nazareth“, der Hauptort des östlichen Flanderns.

 

Über die Entstehung dieser Gemeinde, die schon vor dem dreizehnten Jahrhundert vorhanden war, wird Folgendes berichtet:

 

Ein reicher Mann, dessen Besitztümer den Platz begrenzten, auf dem sich später Nazareth erhob, wurde auf einem Weg durch den Wald von wilden Tieren überfallen. Nicht in der Lage, sich zu verteidigen, lief er Gefahr, in Stücke zerrissen zu werden. Gerade aber, als die Not aufs Höchste stieg, wird er eines Bildes der seligsten Jungfrau ansichtig, das seit langer Zeit schon an einem Waldbaum aufgehangen war, als wollte es die Vorübergehenden beschützen. Sogleich macht er das Gelübde, er wolle, sobald er der Gefahr entrinne, der Mutter Gottes eine Probe seiner wärmsten Dankbarkeit ablegen.

 

Das Gelübde findet Erhörung. Er wird wunderbar gerettet, und geht aber auch sogleich daran, sein Versprechen zu erfüllen. Er wählt sich eine halbe Stunde von dem Ort, wo er die Gefahr bestand und das Bild der seligsten Jungfrau sich befand, einen Platz aus, um daselbst eine Kapelle zu erbauen. Er gab diesem Platz den Vorzug, weil sich hier schon mehrere Häuser befanden. Man brachte das zum Bau nötige Material zusammen. Allein Gott gab es nicht zu, auf diesem Punkt das Werk auszuführen. Als man Hand anlegen wollte, war alles verschwunden. Zum großen Erstaunen aller fand man das Material an der Stelle wieder, wo der Mann nahe daran war, zu Grunde zu gehen und den Beistand der seligsten Jungfrau Maria anrief.

 

Man zweifelte nun nicht mehr an dem Willen der mächtigen Beschützerin, um deren Ehre es sich ja handelte, fing die Arbeit an und kam damit bald zu Ende. In Folge der Zeit erlitt dieses Bethaus bedeutende Veränderungen. Nichts erinnert mehr an seinen alten Bau als der Mutter-Gottes-Altar, der gegen den Gebrauch nicht auf der Epistel- sondern auf der Evangelienseite sich befindet, wo die ursprüngliche Kapelle gestanden sein soll.

 

Das Bild der seligsten Jungfrau, das zu Nazareth verehrt wird, ist aus einem einzigen Stück Eichenholz, die Krone mitbegriffen. Dennoch hat man sich dem in Belgien allgemeinen Gebrauch angeschlossen, und es mit Kleidern aus kostbaren Stoffen bedeckt. Die Mutter des Erlösers trägt ihren göttlichen Sohn auf dem rechten Arm, in der Linken hält sie ein Zepter. Die Höhe übersteigt nicht zwei und einen halben Fuß, doch scheint das Bild vier Fuß zu haben wegen des Sockels, auf dem es steht.

 

Die Statue Unserer Lieben Frau von Nazareth bietet wie die Unserer Lieben Frau del Pilar in Spanien die merkwürdige Eigenheit, dass, während im Lauf der Zeit das ganze Bild wurmstichig wurde, dennoch das Gesicht verschont blieb. Es ist vollkommen gut erhalten und zeigt weder innen noch außen die geringsten Spuren des Alters, ja es ist überdies von jedem auch von dem natürlichsten Schmutz frei. Zwar finden jetzt die Wallfahrten zu Unserer Lieben Frau zu Nazareth nicht mehr mit so großem äußeren Glanz wie früher statt, aber dennoch kommen unaufhörlich fromme Pilger, um ihre Leiden der mächtigen Beschützerin zu klagen.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

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138. Unsere Liebe Frau auf dem Heiligberg in Böhmen

 

Der Ursprung der Kapelle auf dem Heiligberg soll dieser sein:

 

In grauer Vorzeit kam der Ritter Malowetz in große Lebensgefahr. Einige sagen, Räuber hatten ihn hier überfallen. Andere behaupten, er habe von gewaltigen Feinden besiegt, hier in Waldesdunkel Schutz vor den Verfolgern gesucht und ihn auch gefunden. Zum Dank nun für die ihm gewordene Hilfe gelobte der Ritter an dem Ort seiner Errettung eine Kapelle zu erbauen und zwar zur Ehre der gnadenvollen Gottesmutter Maria.

 

Die Nähe der Besitzungen des Ritters erleichterte den angelobten Bau. Von welcher Gestalt und Größe er doch gewesen ist, kann nicht bestimmt werden. Über den Besuch der Marien-Kapelle von Seite fremder Wallfahrer schweigen um diese Zeit (1632) die Geschichtsschreiber. Fromme Mütter von Pribram besuchten die einsame Marien-Kapelle um den Schutz der Mutter der schönen Liebe für ihre Säuglinge zu erbitten. Und diese zarte Sitte erhielt sich bis auf unsere Tage (1866). Der Besuch der heiligen Kapelle nahm indes zu, als das gegenwärtige Gnadenbild in deren Räume übertragen wurde.

 

Die Vorzeit schreibt dies Bild oder vielmehr diese Statue, dem ersten Prager Erzbischof Arnest zu, ja er selbst soll es mit eigener Hand verfertigt haben. Das von Arnest verfertigte Gnadenbild hat sehr viel Ähnlichkeit mit dem zu Glatz. Seine Übertragung in die Kapelle des Heiligberges wird auf folgende Weise erzählt. Bei den häufigen Fehden zwischen einem gewissen Herrn Hanüs und der Stadt Pribram soll es aus der Arnest`schen Schloss-Kapelle in die Pfarrkirche von Pribram übertragen und nach immer größerer Verbreitung der hussitischen Lehre von einigen frommen Bürgern in die Hospitalkirche des heiligen Johann versetzt worden sein. Nachdem aber diese Kirche zerstört wurde, brachte man das heilige Bild in die stille Kapelle des Heiligberges.

 

In der Zeit der Glaubensspaltung wurde der Pribramer Bürger Paul Klobaucnjk im Traum ermahnt, dem Marienbild eine gesicherte Rast anzuweisen. Daraufhin nahm er es zwei Jahre hindurch in sein Haus auf und betätigte auf diese Weise seinen frommen Sinn.

 

Während dieser Zeit zog ein zu Nimburg gebürtiger, völlig erblindeter Mann nach Prag, namens Johann Prochazka. Nun saß er elend und verlassen an der Brücke zu Prag und sprach die Vorübergehenden um ein Almosen an. Da erschien ihm im Traum ein alter ehrwürdiger Mann und befahl ihm, gegen Heiligberg zu wallen. An der Hand eines achtjährigen Knaben, seines Enkels, zog Prochazka nach Pribram. Eine höhere Hand führte ihn in das Haus des frommen Bürgers Klobaucnjk. Der fasste den Vorsatz, dem auf Gottes Wegen hierher gelangten Bettler die Überwachung des Heiligberges anzuvertrauen. Somit erteilte man Prochazka die Erlaubnis, als Eremit auf dem Heiligberg zu leben und die Kapelle zu bewachen. Mit Hilfe seines Neffen reinigte er die während der Kriegsunruhen zu einem Pferdestall verwendete Kapelle und sein immerwährendes Tun war jetzt, Gott zu loben und zu preisen. Am 14. Januar 1633 erhielt Prochazka plötzlich das verlorene Gesicht des einen Auges zurück. Die Gattin Prochazkas, noch in Prag lebend, vernahm die Kunde von diesem auffallenden Wunder und machte sich auf den Weg nach Pribram. Als sie ihren Mann wirklch sehend fand, trennte sie sich nicht mehr von dem Ort der Gnaden und drückte Prochazka 1639 am 7. April die Augen zu.

 

Wohl mancher andere Bedrängte eilte gleich Prochazka auf den Heiligberg, um Gnade zu erlangen vor dem Thron der Gnadenmutter und keiner ging ungehört von dannen. Der Ruhm des wundertätigen Bildes stieg von Tag zu Tag. Nicht nur gemeine Leute rüsteten sich zur Wallfahrt auf den Heiligberg, auch gelehrte Leute wallten zu dieser geheiligten Stätte Mariens. Die bisher ärmlich besorgte Wald-Kapelle auf dem Heiligberg wurde am 24. August 1647 dem Jesuiten-Orden übergeben und nun zogen Scharen über Scharen frommer Pilger nach dem Heiligberg. Die Jesuiten schritten nun dazu, die heilige Kapelle zu erweitern. Bis zum Jahr 1696 war alles vollendet und 1662 schon legten die Jesuiten den Grundstein zu einer größeren Wohnung, Residenz genannt und eiferten, um das Haus Mariens zu erweitern und zu verschönern.

 

Man schritt nun dazu, das Bildnis Mariens auf dem Heiligberg zu krönen. Rom erteilte die Erlaubnis hierzu und unter ungeheurem Andrang des Volkes und des Adels nahm sie der Fürstbischof von Maiern vor. Am 24. August 1747 feierten die Jesuiten den Tag ihres hundertjährigen Wirkens auf dem Heiligberg. Im Jahr 1773 am 5. September wurde ihnen die Ausübung ihres Amtes untersagt. Die wenigen, die zurückblieben, wurden den Dechanten von Pribram unterstellt und versahen wie zuvor den Dienst am Heiligtum. Nach der Entfernung der Jesuiten wurde die Wallfahrt und Administration des Kirchenvermögens dem Theatiner Graf Ceyka übergeben und er auch 1775 zum Probst für seine Lebenszeit ernannt. Er starb 1814. Gegenwärtig bewohnt Probst Jedina die Residenz der Jesuiten. Unter diesem für die Ehre Mariens besorgten Mann blüht die herrliche Wallfahrt noch wie ehedem. Zeugnis dessen gibt der Besuch des Heiligberges durch die Herzogin von Angouleme 1836, durch Erzherzog Johann 1837, durch den Fürstbischof Joseph 1839 und 1841, sowie die Heilung eines Stummen am 6. Juli 1834, Franz Huttar mit Namen, Bürgerssohn von Horazdiowitz.

 

Wunder, die dort stattfanden:

 

Im Jahr 1635 lag die Tochter des königlichen Rates Albert Beneda von Nectin an einer gefährlichen Krankheit darnieder. Da ihm schon drei Kinder gestorben waren, begab er sich von Prag auf seine Besitzung, um nicht durch den beständigen Anblick des furchtbar leidenden, geliebten Kindes gänzlich niedergebeugt zu werden. Auf dem Weg dahin gönnte er in Pribram seinen Pferden Rast und während dieser Zeit unterhielt er sich einige Minuten mit der Tochter des Wirtes, die eben festlich gekleidet nach Hause kam. Auf die Frage, wo sie gewesen sei, erwiderte sie, auf dem Heiligberg, wo sie ein Bildnis der Mutter Gottes, die ihr Antlitz verwandle, in der Nähe betrachtet habe. Die Neuheit der Sache reizte den Rat. Er begab sich mit seinem Wirt zu Pferd auf den Heiligberg, aber bereits hatte die Statue ihre früheren Züge wieder angenommen. Der Einsiedler Prochazka, befragt, ob das Bild öfters das Antlitz verändere, bejahte es und fügte noch bei, dass alle, die hier fromme Bitten um Mariens Fürsprache gen Himmel sendeten, erhört würden. Sogleich erinnerte sich Beneda von Nectin seiner unglücklichen Tochter Margarita, die er sterbend verlassen, und in wenigen, aber tief gefühlten Worten flehte er Maria um die Genesung seines Kindes an.

 

Zu Hause angekommen und stündlich die Nachricht vom Sterben Margaritas erwartend, bekam er am vierten Tag darauf einen Brief von der Hand seiner Gattin, worin ihm bemerkt wurde, dass Margarita den andern Tag nach seiner Abreise plötzlich genesen sei. Der Rat, der eine solche Nachricht nicht erwartete und glaubte, man wolle ihm den Tod seines Kindes verheimlichen, schickte einen eigenen Boten nach Prag, um den wahren Sachverhalt zu erfahren. Man meldete ihm nun den Tag und die Stunde der plötzlichen Genesung seiner Tochter und siehe, es war um dieselbe Zeit, da er den Heiligberg bestiegen und Maria sein Anliegen vorgetragen hatte.

 

Überwältigt von dieser Barmherzigkeit Mariens, fragte der glückliche Vater den Eremiten Prochazka, wie er sich der seligsten Jungfrau dankbar bezeigen könnte. Damals war die heilige Kapelle schaudererregend. Es mangelten die Fenster, Altäre und jede Zierde. Nun ließ Beneda von Nectin diesen Übelständen abhelfen und nahm von dieser Zeit an immer seine Zuflucht zu Maria auf dem Heiligberg.

 

Wie Herr Beneda, so wurde auch ein Freund von ihm auf dem Heiligberg begnadet.

 

Dieser Herr, von Adel und einer der ersten im Königreich, war religionslos. Schon zwölf Jahre hatte er sich von den heiligen Sakramenten ferngehalten, besonders schreckte er vor der Beicht zurück, Herr Beneda beschwur den Unglücklichen nun bei seiner Freundschaft, mit ihm den Heiligberg zu besuchen. Er versprach dies und sie bestiegen den berühmten Berg. Kaum traten nun beide in die heilige Kapelle, so erfasste es den großen Sünder mit übernatürlicher Gewalt, denn er bemerkte zu seinem Schrecken, dass das heilige Bild sein Angesicht veränderte. Eine heftige Reue über alle begangenen Laster erfüllte nun die Brust dieses Mannes. Er schreckte nicht mehr vor dem Beichtgericht zurück, sondern es drängte ihn, seine Sünden zu bekennen und Verzeihung zu erlangen. Dass aber wirklich das Bildnis Mariens sein Angesicht verändert hatte, beschwur er bei seinem Seelenheil. Solche Veränderungen im Antlitz des Gnadenbildes finden wir in allen Beschreibungen des Heiligbergs.

 

Im Jahr 1629 sollte das Bildnis Unserer Lieben Frau auf dem Heiligberg mit neuen Farben überzogen werden. Da kein hierfür geeigneter Maler katholischer Konfession in der Nähe wohnhaft war, übertrug man die Arbeit einem, der mit den Irrtümern der Sektierer angesteckt war. Durch die gute Bezahlung bewogen, übernahm er sie, erlaubte sich aber, während er mit der Renovation beschäftigt war, allerlei scherzhafte und mitunter gotteslästerliche Reden über die Bilder der Heiligen überhaupt und namentlich über die der seligen Jungfrau. Gewarnt hörte er damit nicht nur nicht auf, sondern vermehrte den Frevel auch noch durch unflätige Späße. Aber bald sollte er erfahren, wie der reinsten der Jungfrauen sie missfallen, und wie mächtig sie ist, sie zu bestrafen. Ein Gewitter erhob sich plötzlich. Zwei gewaltige Donnerschläge konnten den Frevler noch nicht zur Besinnung bringen. Als ein dritter erdröhnte, war die rechte Hand des Malers, mit der er eben an der Statue arbeitete, vom Blitzstrahl getroffen und gänzlich verbrannt. Der Blitz fuhr durch mehrere Stellen des Hauses, aber ohne anderen Schaden zu tun. Diese Strafe öffnete dem Frevler die Augen und wurde ihm zum Heil. Er schwur seine Irrtümer ab, wurde katholisch und Verehrer der jungfräulichen Mutter Gottes.

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

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139. Der heilige Berg zu Gostin in Polen

 

Das einzige Kloster, das in den beiden Erzdiözesen Gnesen und Posen bestehen blieb, ist der Wallfahrtsort auf dem heiligen Berg in Gostin, Dekanat Kröben, Erzdiözese Posen in preußisch Polen.

 

Über die Entstehung dieses Gnadenortes sagt die Legende Folgendes:

Wie in Maria-Schein, führte ein unvergleichlich heller Glanz Hirten an einen Ort in den waldigen Bergen, wo sie das Vieh kniend fanden – und da sich diese Erscheinung öfters wiederholte, hat man dort gegraben und fand da sowohl das auf Holz im byzantinischen Stil gemalte Bild der allerseligsten Jungfrau mit dem Jesuskind, wie auch eine in Holz geschnittene Pietas (die schmerzhafte Mutter Gottes mit dem Leichnam ihres göttlichen Sohnes im Schoß) von unaussprechlicher Schönheit. Beide Bilder stellte man in die kleine hölzerne Kirche, die ungefähr eine Viertelmeile von der Stadt Gostin auf dem Berg stand und wo schon im Jahr 1511, nach urkundlichen Belegen, die Gläubigen wunderbare Gnaden bei den beiden Bildern erlangten. In diesem Jahr finden wir auf Ansuchen des Gutsbesitzers Mathias von Gostin und des Ortspfarrers Stanislaus von Oporow eine bischöfliche Kommission in Gostin, die die Wunder beglaubigen sollte und dies auch getan hat. Im Jahr 1668 berief Adam von Konazewski mit Hilfe des Pönitentiars von Posen, Stanislaus Grudowitsch, die im Jahr 1612 von Philippus Neri begründeten Philippianer, doch die prachtvolle Kirche wurde erst im Jahr 1698 von Suffragan und Administrator der Diözese Polen, Hieronymus von Wjerschbowsky, eingeweiht, das Kloster aber wurde erst 1748 fertig. Kirche und Kloster sind prachtvoll in italienischem Stil erbaut. Die Begründer beider Gebäude, die es auch reichlich ausstatteten, waren Adam von Konazewski, sein Sohn Philipp, dessen Gemahlin Theophila, nach Philipps Tod verehelicht an Janusch Fürsten Wischniowjezki, wie auch Philipps Tochter Veronika, verehelichte Gräfin Mycielska.

 

Wenn auch stets Wundergnaden mancher Art am heiligen Bild geschehen sind, so ist doch das größte Wunder, dass dieses Stift, obschon die ältesten Klöster eingingen, wiewohl reich begütert, den vielfachen Klosterstürmen Widerstand zu leisten im Stande war; es ist das einzige aller Konvente in beiden Erzdiözesen.

 

Als einer der dortigen Geistlichen vor acht Jahren in einer Audienz beim Heiligen Vater mit der Überreichung einer Zeichnung von dem Gnadenbild dieses Umstandes erwähnte, erinnerte ihn Pius IX. an den wunderbaren Schutz Mariens und fügte hinzu: „Wahrscheinlich haben eure Vorfahren es bei Marien verdient, dass das Haus erhalten wurde, es ist dies für euch eine Anspornung, derselben Gnade würdig zu werden.“ In derselben Audienz gewährte er der Kirche das ganze Jahr hindurch für ewige Zeiten dieselben Ablässe, wie sie die Basilika St. Petri besitzt: das heißt Jubelablass für jede Kommunion im Stand der Gnade. Das Dekret ist selbsteigenhändig in aller Ausführlichkeit vom Heiligen Vater niedergeschrieben.

 

Von den vielen Wundern, die durch eine besonders dazu vom Konsistorium niedergesetzte Kommission untersucht und mit bischöflicher Autorität als wahrhaft erwiesen erachtet worden sind, erwähnen wir nur einige:

 

Im Jahr 1511 ritt ein Landmann, namens Golyska von Domachowo, bei dem damals noch ärmlichen Kirchlein vorbei und spottete darüber, dass Aberglaube diesen Ort auszeichne, da ja Maria in der stattlichen Pfarrkirche einen angemesseneren Aufenthalt hätte. Auf einmal fühlte er die Erde unter dem Pferd wanken, er stieg ab, fiel auf die Knie, da kniete auch sein Pferd vor der Kapelle. Als die bischöfliche Kommission im selben Jahr eine Untersuchung über die Wunder des Ortes eröffnete, wurde das Ereignis eidlich bekräftigt.

 

Schon vor 1495 wird uns folgendes Wunder berichtet: Ein Edelmann, Krschyschonowsky, lag drei Jahre vom Schlag gerührt und an allen Gliedern gelähmt. Er ließ sich nach Gostin führen und ein gut Stück Weges vor der Kirche ließ er sich vom Wagen tragen, um sich selbst auf den Knien zur wunderbaren Kapelle hinzuschleppen. Kaum dass er sein Gebet verrichtet hatte, als er neue Kräfte in den Gliedern fühlte, selbst aufstand und genesen in die einviertel Meile entfernte Stadtpfarrkirche ging, wo eben Andacht gehalten wurde. Da erbat er sich die Erlaubnis des Pfarrers und erzählte laut vor dem staunenden Volk, was Gott an ihm durch Mariens Fürbitte getan hat. Auch dieses Ereignis wurde vor der Kommission eidlich bekundet. Die Krücken des Geheilten hängen noch heute in der Kirche.

 

Immer noch wird dieser Gnadenort von zahlreichen Pilgern besucht und am Pfingstfest und zu Mariä Geburt ist die Kirche überfüllt von Andächtigen.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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140. Unsere Liebe Frau vom Schnee

auf dem Rigiberg in der Schweiz

 

Der Rigiberg in der Schweiz, 5355 Fuß hoch über dem Meeresspiegel, weltberühmt durch seine Fernsicht, ist nicht minder berühmt durch seine Kapelle, in der die seligste Jungfrau Maria unter dem Titel „Maria vom Schnee“ verehrt wird.

 

Die Kapelle entstand einfach, um dem religiösen Bedürfnis der Alpenbewohner abzuhelfen, die im Sommer auf der grasreichen Alm mit ihren Viehherden sich aufhaltend, an Sonn- und Feiertagen des Gottesdienstes entbehren mussten. Um diesem Übelstand abzuhelfen, versammelt der edle Ratsherr Johann Sebastian Zay von Arth die Alpleute auf dem First und es wurde einmütig beschlossen, auf einem Platz „Sand“ genannt, eine Kapelle zu bauen, in der die ehrwürdigen Väter Kapuziner von Arth an Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst halten könnten. Rasch ging man ans Werk und schon im Jahr 1689 stand die Kapelle da, zwar klein, aber zur Andacht einladend. Im darauffolgenden Jahr wurde ein von Johann Balthasar Steiner von Arth gemaltes Bild der Lieben Frau feierlich und unter allgemeinem Jubel der Bergbewohner auf dem Altar zur Verehrung ausgesetzt. Das Bild ziert noch heut zu Tage den Hochaltar. Erwähnung verdient die Aussage des obengenannten Malers, dass er dies Gemälde ohne Mühe, gleich als leitete eine höhere Macht seine Hand, verfertigt habe; eine Aussage, die er in seinem Leben oft wiederholte und die Tatsache zu bekräftigen scheint, dass keine der vielen Nachbildungen dem wahren Bild gleichkommt. Im Jahr 1700 wurde die Kapelle von dem damaligen päpstlichen Nuntius in der Schweiz in eigener Person unter dem Titel „Maria vom Schnee“ eingeweiht, ein Titel, den die Kirche Maria die Größere genannt, in Rom trägt. Nun strömte von allen Seiten das Volk herbei und bald war die Kapelle zu klein, weshalb im Jahr 1716 der Grundstein zu einer neuen und größeren gelegt, und die in drei Jahren vollendet wurde. Im Jahr 1719 wurde die neue schöne Kapelle feierlich vom Weihbischof von Konstanz geweiht.

 

Von den zahllosen Gnadenerweisen aus der Hand der Gottesmutter sollen hier einige Platz finden:

 

Im Jahr 1797 befand sich zu Rohr, in der Pfarrei Tafers, ein zwölfjähriger Knabe, der zwei Jahre lang blind war. Als keine ärztliche Hilfe fruchten wollte, riefen seine bedrängten Eltern die Liebe Frau auf dem Rigi an und gelobten eine Heilige Messe. Welche Freude! Als die Binde von des Knaben Augen plötzlich wegfiel und der Knabe sein vollkommenes Gesicht hatte.

 

Im Jahr 1843 war das sechsjährige Töchterlein des Joseph Ulrich von Küssnacht in Folge einer Krankheit schon ein halbes Jahr blind. Die betrübten Eltern gelobten eine Wallfahrt auf den Rigi und riefen St. Ottilia an. Das Kind wurde wieder sehend und begab sich in Begleitung seiner Mutter auf den Rigi.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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141. Das Liebfrauen-Münster zu Aachen

 

 

Diese unter Karl dem Großen im Jahr 796 gegründete und im Jahr 804 durch Papst Leo III. feierlich geweihte Kirche ist der Ort, den dieser edle Fürst mit den seltensten Geschenken bereicherte, die ihm gemacht wurden, nämlich mit den kostbarsten Reliquien unseres Herrn Jesus Christus, seiner glorwürdigen Mutter und der Heiligen. Unter ihnen sind die merkwürdigsten: Zwei Stücke vom heiligen Kreuz, ein Stück vom Schwamm, mit dem man dem Herrn am Kreuz zu trinken gab, ein Stück von den Stricken, mit denen man ihn band, und ein Stück von einem der heiligen Nägel, mit denen man ihn kreuzigte, Stücke von der Dornenkrone Christi, dem Schilfrohr und der Kreuzesaufschrift, das Schweißtuch Christi, das Lendentuch des Herrn und die Windeln, mit denen er in der Krippe lag.

 

Auch von der Lieben Mutter Gottes suchte er sich heilige Reliquien zu verschaffen, um damit ihr Münster zu Aachen zu bereichern.

 

Die erste und vorzüglichste ist

 

Das Kleid der heiligen Jungfrau.

 

Es ist ein baumwollenes Gewand, nämlich aus Baumwolle gewebt, Zettel und Einschlag haben die nämliche weißgelbliche Farbe. Es ist zwei und eine viertel Elle lang und eine Elle und zwei und ein halb Viertel breit. Die Halseinfassung und der rechte Ärmel sind mit Stickerei verziert. In der Brustgegend hat es Flecken, die man für Milchflecken hält, die beim Stillen des göttlichen Kindes Jesus entstanden sind. Ein Ärmel ist kürzer als der andere. Bis auf den heutigen Tag ist es noch unversehrt erhalten. In kostbare Seidenstoffe gehüllt, wird es in einem sehr schönen Schrein im Liebfrauen-Münster zu Aachen aufbewahrt, und alle sieben Jahre dem Volk mit den anderen heiligen Reliquien gezeigt.

 

Der Gürtel der heiligen Jungfrau.

 

Der Gürtel, aus Leinen gewebt, an beiden Enden von rötlicher Farbe, befindet sich in einer zwei Fuß hohen Monstranz von acht Zoll Durchmesser. Er wurde durch zwei vornehme, fromme Männer nebst dem Kleid der heiligen Gottesmutter nach Konstantinopel gebracht, die diese heiligen Reliquien im heiligen Land im Haus einer frommen Frau, jüdischen Stammes, fanden.

 

Mit dieser Reliquie des Leibgürtels, von dem der gottselige Mönch Euthymius in einer Festrede, die er in der Kirche, wo der heilige Schrein des Gürtels sich befand, gehalten hat, sagt, dass Maria ihn in der Kindheit Christi trug, mit dem er vielleicht als Kind auf dem Schoß der Mutter spielte, - mit diesem Gürtel hat der selige Kaiser Karl sein liebes Münster in Aachen beschenkt. Wahrscheinlich hatte er ihn von der Kaiserin Irene zum Geschenk erhalten.

 

Die Haare der allerseligsten Jungfrau.

 

Im Jahr 1000 nach Christus ließ Kaiser Otto III. das Grab des seligen Kaisers Karl im Liebfrauen-Münster öffnen. Nachdem eine Öffnung in das Gewölbe gemacht war, sah man den Leib des Seligen, nicht wie einen anderen Leichnam gestreckt, sondern wie lebend auf einem Thron sitzend, eine goldene Krone auf dem Haupt, ein Zepter in der einen, das Evangelienbuch in der anderen Hand. An seinem Hals hingen an Schnüren drei kostbare Reliquienkapseln, die er im Leben öfters bei sich getragen hatte, nämlich einen Splitter des heiligen Kreuzes, etwas von den Haaren der Himmelskönigin und ein vom heiligen Lukas verfertigtes kleines Bild Unserer Lieben Frau. Die Reliquie der Haare Unserer Lieben Frau befand sich in einem runden, goldenen, mit Steinen geschmückten Behälter, der drei Zoll Durchmesser hatte. Sie wurde neben dem Bild der Mutter Gottes der Kaiserin Josephine, Gemahlin Napoleons, von der Stadt Aachen zum Geschenk gemacht.

 

Diese heiligen Reliquien wurden neben den anderen größeren Heiligtümern von Christus dem Herrn und vieler seiner Heiligen seit Kaiser Karls Tod vom Volk in höchsten Ehren gehalten. Schon zu des Kaisers Lebzeiten zogen Pilger zum Liebfrauen-Münster nach Aachen aus allen Gauen des Franken – und deutschen Landes, und es entstanden so nach und nach die berühmten großen Wallfahrten, die alle sieben Jahre stattfanden und unter dem Namen Aachenfahrt ein großes deutsches Nationalfest bildeten. Wenn die Zeit zur heiligen Fahrt kam, dann waren alle Straßen und Wege des deutschen Vaterlandes von Pilgern aus allen Ständen bedeckt, die zum heiligen Münster strömen, um die Heiligtümer zu schauen und zu verehren, die mit größter Feierlichkeit von der Galerie des hohen Münsters herabgezeigt wurden.

 

Obwohl nun (1866) seit sechzig Jahren diese volkstümliche Fahrt nach Aachen aufgehört hat, so pilgern doch noch die Bewohner der Rheingegend der katholischen Sitte ihrer Vorfahren getreu, zu den Heiligtümern nach Aachen.

 

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

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142. Unsere Liebe Frau vom Blütendorn im Juragebirge

 

Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts sah man an einem Abhang des Juragebirges die Trümmer einer Kirche und eines Klosters, zu Unserer Lieben Frau vom Blütendorn“ genannt, und eine Stunde Wegs davon stößt der Fuß des Wanderers auf die Steine eines zerfallenen Herrenhauses. Hier in diesem Haus lebte vor alter Zeit eine fromme Matrone, deren Mann im heiligen Land gestorben war, einsam und gottergeben, und suchte ihren Trost in Übung von Werken der Barmherzigkeit. Noch nennt sie das Volk jener Gegend mit Ehrfurcht „die Heilige“ wegen ihrer Nächstenliebe und Frömmigkeit.

 

Eines Tages – es war zu Ende des Winters, wo die Sonnenstrahlen schon wärmend die Luft durchdringen, - ging die Frau, wie die Legende erzählt, im Baumgang des Schlosses lustwandelnd und gelangte, in Betrachtung versunken, zu einem Dornengesträuch, das in jener Gegend unter dem Namen Blütendorn bekannt ist und die schönsten, den Rosen ähnliche Blumen trägt. Sie wunderte sich nicht wenig, als sie um diese Zeit einen Strauch im vollen Schmuck des Frühlings blühen sah. Staunend trat sie näher und als sie sich überzeugt hatte, dass es keine Täuschung sei, brach sie entzückt einen blühenden Zweig, um damit den Altar der seligsten Jungfrau, die sie von Kindheit an ehrte und liebte, in der Kapelle ihres Hauses zu schmücken. Als sie den blühenden Strauch vor das Bild der gebenedeiten Gottesmutter gelegt hatte, da empfand sie in ihrem Inneren einen wunderbaren Trost und vor Freude gelobte sie, von den Blüten des Strauches der Allerseligsten täglich einen Kranz zu bringen. Treu erfüllte sie ihr Gelübde.

 

Als sie aber eines Tages, von der Sorge für die Armen und Kranken zurückgehalten, erst im Dunkel der Nacht zu dem Blütenstrauch gehen konnte, um den Kranz zu winden, sah sie mit Erstaunen ihn von glänzendem Licht umflossen. Lange fürchtete sie sich ihm zu nähern, aber endlich, sich an ihr Gelübde erinnernd, trat sie näher, brach zitternd einen Zweig, der ihr wie von selbst in die Hände zu fallen schien und machte sich dann schnell, ohne sich mehr umzusehen, auf den Heimweg.

 

Die ganze Nacht konnte sie nicht schlafen, immer dachte sie über die Erscheinung nach. Um das Geheimnis zu erforschen, nahm sie des anderen Tages ihren Schlosskaplan und einen treuen Diener mit, und begab sich zu dem Blütenstrauch. Sie bemerkten dasselbe sanfte Licht, und je näher sie kamen, desto lebhafter und strahlender wurde sein Glanz. Ehrfurchtsvoll knieten sie nieder, denn sie glaubten, der Lichtglanz komme vom Himmel, und stimmten einen frommen Gesang an, während dessen der Priester sich erhob, die Zweige auseinanderbog und nun voll freudigen Staunens auf den Boden niederblickte. Da lag mitten in den Zweigen und bedeckt von den Blüten das Bildnis Unserer Lieben Frau, einfach aus Holz geschnitzt und mit einem schmucklosen Kleid bedeckt und es schien den wunderbaren Glanz auszustrahlen, der den ganzen Strauch erhellte. „Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnade“, rief endlich der Priester in heiliger Freude aus, warf sich auf die Knie nieder und betete feierlich mit seinen Begleitern die Lauretanische Litanei, während dessen sie das Säuseln eines himmlischen Gesanges wie von Engelsstimmen zu hören glaubten. Nach Beendigung der Litanei nahm der Priester das Bild und trug es ehrfurchtsvoll in das Herrenhaus der Schlossfrau, um es dort zur Verehrung aufzustellen. Fast bis Mitternacht blieben die Bewohner des Hauses vor dem Bild im andächtigen Gebet. Als sie aber am frühen Morgen das Bild wieder besuchen wollten, da war es verschwunden. Sie waren hierüber sehr betroffen und wussten nicht, was sie denken sollten. Schon glaubten sie, die Mutter des Herrn habe sie wegen irgendeiner heimlichen Schuld, die sie im Haus vorfand, verlassen. Endlich kam ihnen der Gedanke, wieder an dem Ort, wo sie das Bild gefunden hatten, nachzusuchen, und wirklich fanden sie selbes unter dem blühenden Strauch von himmlischem Glanz umflossen. In ehrfurchtsvollem Schweigen sanken sie auf die Knie und die fromme Schlossfrau sprach: „Mächtige Königin der Engel, du willst also lieber hier wohnen, als in meinem Haus. Dein Wille geschehe. Ich will dir einen Tempel bauen, und fromme Pilger sollen kommen und dich loben und anrufen und deiner Hilfe teilhaftig werden.“

 

 

Sogleich gab sie ihren Dienern Befehl, den Grund zu einer Kirche zu graben. Alle ihre Untertanen und die Bewohner der ganzen Umgegend halfen zusammen, und so erhob sich bald eine sehr schöne Kirche, in der das Bild, auf den Altar erhoben, nun freundlich herabblickte auf die zahlreichen Wallfahrer, die von Nah und Fern kamen, um Trost und Hilfe zu suchen und die Mutter des Herrn zu verehren. Fromme Jungfrauen bauten ein Kloster an der Kirche, dessen erste Oberin die fromme Schlossfrau geworden ist. Reich an Jahren und Verdiensten lebte sie daselbst, bis sie endlich am Fuß des Altares Unserer Lieben Frau vom Blütendorn ihre Seele aushauchte. Kirche und Kloster stehen nicht mehr, aber im Mund des Volkes lebt das Andenken an „die Heilige“ und ihre Liebe und Andacht zur heiligen Jungfrau noch fort.

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143. Die Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau

di Caravaggio in Südtirol

 

Die Entstehung dieses berühmten Wallfahrtsortes in Tirol ist folgende:

 

Die Gemeinde von Montanaga im südlichen Tirol erhielt erst im Jahr 1700 einen eigenen Seelsorger, der in einem uralten Kirchlein der heiligen Anna den Gottesdienst verrichten musste. Um diese Zeit lebte zu Varda, einem kleinen Weiler bei dem Dorf Montanaga, in der Gemeinde Piné, ein armes Hirtenmädchen, mit Namen Dominica, ein Mädchen von ausgezeichneter Frömmigkeit.

 

Am 14. Mai 1729 weidete sie nicht fern vom Annakirchlein die Herde, die wegen großer Hitze sich zerstreute. Aus Furcht, es möchte den benachbarten Feldern ein Schaden zugehen, rief sie die Mutter Gottes um Hilfe an. Siehe da, auf einmal erschien vor ihr die gebenedeite Jungfrau Maria im himmlischen Glanz und trug ihr auf, die Mutter des Caravaggio zu besuchen. Darunter verstand man ein Liebfrauenbild des Meisters Caldara, genannt Caravaggio, eines Schülers des Raphael Sanzio, das im Mailändischen verehrt, mit vielen Gnadenerweisungen des Himmels leuchtete. Dahin wollte nun das Mädchen wallfahrten. Aber eine zweite Erscheinung der heiligen Jungfrau belehrte sie, dass mit diesem Namen das Frauenbild in dem Annakirchlein gemeint sei. In dieses Kirchlein solle sie gehen, und zwar am Himmelfahrtstag, und dort vor einem Bild der seligsten Jungfrau von Caravaggio ihre Andacht verrichten. Sie verfügte sich also am 26. Mai, am Himmelfahrtstag Christi, nach Montanaga in die Kirche vor das Bildnis der seligsten Jungfrau. Volk und Priester hielten eben Gottesdienst in der Kirche. Laute Gesänge tönten zur Ehre der reinen Gottesmutter Maria. Und siehe, mitten unter Gesang und Litanei trat Maria mit dem Jesuskind vor das betende Mädchen, und befahl ihm, laut vor allem Volk die Erscheinung zu verkünden. Dominica hatte nicht Mut genug, solche Dinge öffentlich kund zu machen. Daher versuchte sie stillschweigend hinwegzugehen, ohne etwas zu sagen. Aber eine unsichtbare Kraft hielt sie zurück, bis sie alles bekannt machte. Darauf ging sie nach Hause.

 

Am 8. September des Jahres 1729, während Dominica in der Anna-Kapelle betete, erschien ihr abermals die Himmelskönigin und forderte ernsthaft den Bau eines heiligen Tempels. Das Mädchen beeilte sich, die Sache dem Pfarrer zu erzählen, der sie aber gleichsam mit Verachtung hinwegschickte, um sie auf die Probe zu stellen. Daher ging Dominica traurig und verwirrt nach Hause.

 

Am 10. Desselben Monats, da sie ihre Herde weidete, erschien ihr die seligste Jungfrau in derselben Gestalt, wie das erste Mal und gab ihr den Auftrag, das ganze zuerst ihrem Beichtvater, Don Michael Bernardi, zu berichten. Er werde dann die Ausführung des ganzen besorgen. Dominica erzählte also alles, was sie gesehen und gehört hatte, ihrem Beichtvater.

 

Das Gerücht von diesen Dingen verbreitete sich indessen im Volk und Don Bernardi machte die Sache dem Pfarrer alsogleich bekannt, verkündete alles öffentlich dem Volk und traf Vorbereitung zum Bau des von Maria angeordneten Gotteshauses. Der anbefohlene Tempel erstand im armen, kleinen Dorf aus frommen Beiträgen von Nah und Fern und im Jahr 1740 hatte Dominica den Trost, die Kirche vollendet, und die Befehle der seligsten Jungfrau erfüllt zu sehen. Im Jahr 1751 am 26. Mai wurde die Kirche vom Fürstbischof Leopold Ernst von Firmian geweiht, und Dominica in Bezug auf die erwähnten Erscheinungen von ihm geprüft.

 

Diese fromme Person baute sich ein kleines Häuslein in der Nähe, und widmete sich ganz dem Dienst der heiligen Jungfrau, die ihr alljährlich am 26. Mai zur selben Stunde erschien, was sie aber vor der Welt mit Ängstlichkeit zu verbergen wusste, um das Heilige nicht preiszugeben. Sie starb im Jahr 1764 und wurde in der neugebauten Kirche begraben.

 

Von dieser Zeit an dauerte die Verehrung des Gnadenbildes fort bis zum Jahr 1808, wo das Bild am 18. März nach Civezzano gebracht und dort zur Verehrung ausgestellt wurde. Aber hierher zogen nicht viele Verehrer. Im Gegenteil dauerten die Wallfahrtszüge fort nach Montanaga, wo man die Stelle verehrte, an der das Bild nicht mehr zu sehen war. Auf Bitten der Bewohner von Piné wurde das Bild der Mutter Gottes wieder zurückgestellt. Am 30. April 1809 wurde es im Beisein einer großen andächtigen Volksmenge mit jubelnder Begeisterung an seine Stelle zurückgetragen.

 

Von den Gnadenerweisen durch die Hände Unserer Lieben Frau von Caravaggio sollen nur ein paar erwähnt werden:

 

Der Maurer Jakob Schutz fiel am 6. April 1735 vom oberen Gerüst der zu Ehren der Lieben Frau von Caravaggio zu Piné (Südtirol) erbauten Kapelle siebeneinhalb Schritte (neunzehn Schuh?) hoch herab. Ein Priester (Herr Joseph Papriani), der in der Nähe war, eilte sogleich herbei, um den Verunglückten, falls er noch am Leben wäre, bedingungsweise loszusprechen. Allein er war ganz unverletzt und dankte dies der seligsten Jungfrau, die er im Fall um ihre Hilfe angerufen hatte. Ein kleines Gemälde in der Kapelle Unserer Lieben Frau bezeugt Rettung und Dank des Maurers.

 

Im Jahr 1842 kam ein Jüngling mühsam mit Hilfe zweier Krücken, die Mutter Gottes zu besuchen. Er ging gesund hinweg und ließ seine Krücken zurück.

 

Im Dorf Montanaga brach im Jahr 1836 die Cholera aus. Zwei vom Ort wurden gleich davon ergriffen und starben. Die Bewohner des Dorfes gelobten Eine Glocke für die Gnadenkirche gießen zu lassen. Dies wurde sogleich ausgeführt, und die Cholera hörte ohne weiteren Schaden auf.

 

Das alljährliche Hauptfest fällt auf den 26. Mai, das Fest der Erscheinung Mariens genannt. Deutsche und wälsche Prediger treten auf, die andächtige Menge zu erbauen. Zahllose Pilger aus deutschen und wälschen Gegenden erscheinen dabei, besonders solche, die mit seltsamen Krankheiten behaftet sind, und für Besessene gehalten werden. Sie kehren oft wunderbar geheilt in ihre Heimat zurück.

 

Gewöhnlich heißt die Wallfahrt schlechtweg nur la Madonna di Piné, in der Nachbarschaft wohl gar nur la Madonna.

 

Eine gewisse Johannetta, eine arme Bürgerin zu Caravaggio, war unglücklich an einen Mann, namens Franz Varoli, ebenfalls Bauer und ein grausamer, roher Mensch, verheiratet. Sie wurde von ihm ohne Unterlass beschimpft und misshandelt. Eines Tages ging sie voll von den Spuren der tätlichen Misshandlung ihres Gatten, auf eine Wiese, Mazzolengo genannt, und sammelte dort unter Tränen und ganz verzweifelt das Futter für ihre Haustiere. Während sie so über die Maßen weinte und das abgeschnittene Gras aufnahm, sah sie die Schatten des Abends herannahen und mit ihnen wieder die Grausamkeiten ihres Mannes. Da wendete sie sich schluchzend zum Himmel und sprach: „O du allerheiligste Jungfrau, von dir allein hofft deine arme Magd Hilfe und Linderung ihres Schicksals. Wenn deine Huld mich verlässt, so muss ich arme heute wieder das Opfer dieses Unmenschen sein.“ Die Betrübte hatte kaum so gebetet, als ihr eine edle, majestätische, liebreizende Frau erschien. Johannetta schrie bei ihrem Anblick voll Freude auf: „Ach, die allerseligste Jungfrau!“ Die Mutter Gottes sagte hierauf zu ihr: „Tröste dich, meine Tochter, tröste dich, dein Gebet ist von meinem Sohn erhört worden, und auf meine Fürbitte werden dir die ewigen Freuden des Himmels zuteilwerden.“

Als Johannetta sich hierauf zu Boden warf, sprach die mitleidsvolle Mutter des Herrn weiter: „Höre mich, mein Kind, und achte wohl auf das, was ich dir jetzt sagen werde, und offenbare so vielen wie du kannst, meine Worte und meine Absichten, obwohl ich es auch durch andere Personen kundgeben werde. Die Pest der menschlichen Sünden hat ihren Hauch bis zu Gottes Thron gewälzt, und der Herr war darüber so erzürnt, dass er schon bereit war, das ganze menschliche Geschlecht zu vernichten: da ich aber durch sieben Jahre unausgesetzt meine Fürbitte einlegte, so ließ er sich noch besänftigen. Mache daher allen bekannt, dass für diese besondere Wohltat meiner Fürsprache am Freitag jeder bei Brot und Wasser faste, und dass sie ebenso zu meinem Andenken und meiner Verehrung den Samstag nach der Vesper heiligen.“ Als Maria so gesprochen hatte, erwiderte Johannetta, einfach wie sie war: „Aber wie kann ich das, die Unwissende und niedrige? . . . Wer wird mir in Caravaggio Glauben schenken, wenn ich von eurer Gnade und eurem Willen spreche? Ich bin ja in Armut geboren und auferzogen, und man wird mich daher für ein Törin und Träumerin halten. Gewiss werden sie alle meiner Botschaft spotten, und ihr, ruhmreiche Mutter des Herrn, werdet keinen Gehorsam finden.“ – „Zweifle nicht“, schloss die allerseligste Jungfrau, „zweifle nicht, erhebe dich, geh nach Caravaggio, erzähle und erkläre allenthalben, was du gesehen und gehört hast, und ich werde deiner Rede beistehen, ich werde deine Aussagen mit Zeichen und Wundern so umgeben, dass keiner es wagen wird, dir zu widersprechen. Der Ort, an dem du mich jetzt siehst, wird so berühmt, dass bei der Menge der durch meine Vermittlung hier ausgeteilten Gnaden und gewirkten Wunder nicht nur das gemeine Volk, sondern auch die Edlen, die Großen und Fürsten zu meiner Verehrung herbeieilen werden, und mein göttlicher Sohn wird infolgedessen nicht minder in Italien, wie in den nahegelegenen Ländern seine Wohltaten spenden . . .“ Nach diesen Worten segnete sie Johannetta und entschwand.

 

Johannetta tat, wie ihr die seligste Jungfrau befohlen hatte. Sie fand vielfachen Widerspruch, doch Maria leistete ihr den verheißenen Beistand. Zur Bestätigung dieser merkwürdigen Erscheinung dient, was bald hernach einem Ungläubigen begegnete. Er leugnete hartnäckig sowohl die Erscheinung, als auch das Vorhandensein des Wunderbrünnleins, das an der Stelle entsprang, an der die Jungfrau vor Johannetta erschienen war, und wollte sich nur durch ein dem ersten ähnliches Wunder zum Glauben bekehren lassen. Er nahm einen Ast, den er auf dem Feld zufällig gefunden hatte, und der bereits dürr und fast vermodert war, und setze ihn in die Fußstapfen Mariens ein, wie sie im Boden noch von allen zu sehen waren. Kaum war der Ast gepflanzt, als er auch schon zu grünen und zu blühen anfing. Durch die Felder hin zog ein ungewohnter, lieblicher Duft, und der hartnäckig verleugnende Mann wurde plötzlich so erleuchtet, dass er seine Schuld bekannte, und unter vielen Lobpreisungen der großen göttlichen Mutter von der himmlischen Erscheinung selbst Zeugnis gab.

 

Solche wunder machten den Ort, wo die seligste Jungfrau erschien, weithin berühmt. Viele Pilger fanden an der Wunderquelle wunderbare Hilfe. Es erhob sich eine herrliche Kirche, und unter den vielen Heiligtümern, die sich in der schönen und fruchtbaren Lombardei finden, ist unbedingt das Unserer Lieben Frau zu Caravaggio das berühmteste.

 

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144. Unsere Liebe Frau von Aldenhoven in Rheinpreußen

 

Ein Bürger der Marktveste Aldenhoven, Dietrich Müllfahrt, ging eines Tages mit seinem Sohn aus, um Vögel zu schießen. Da bemerkte er von ungefähr in einem hohlen Lindenbaum ein Marienbild. Es geschah im Frühjahr 1654. Er erzählte, was er gesehen und gefunden hatte zwei Nachbarn, namens Johann Gratzweiler und Martin Lenardts, die beide von nun an mit ihm an diesem Ort des Öfteren ihre Andacht verrichteten. Während ihres Gebetes ereignete sich zu wiederholten Malen, dass sie spät abends in derselben Gegend eine wunderbare Helle, als komme sie von einem brennenden Licht, bemerkten, die nach einem eidlichen Zeugnis der frommen Beter ungefähr ein Miserere lang sichtbar war, und dann wieder verschwand. Daher fassten die drei Freunde den Entschluss, an diesem Ort ein Heiligen-Häuschen zu bauen, das unter dem Namen Erfindungs-Kapelle noch am Ende Aldenhovens außerhalb der Ringmauern des Kapuziner-Klosters steht. Auch entdeckten sie ihren Fund dem damaligen Pfarrer des Ortes, Rainer Breuer, der pflichtgemäß mit Sorgfalt und Umsicht allem Irrtümlichen und Missbräuchlichen vorzubeugen suchte, wobei ihm sein Kapellan Johann Moll treulich zur Seite stand. Dieselbe Vorsicht gebrauchte der zu Rat gezogene Bischof von Joppe, Paul Stravius, Weihbischof von Köln, während seiner Anwesenheit in Aldenhoven im September 1654, indem er, damit nichts Abergläubisches einschleichen konnte, das Bild aus dem Lindenbaum zu entfernen befahl. Es wurde hierauf in die hiesige Pfarrkirche gebracht und zur Seite des Tabernakels aufgestellt. Wie und wohin aber das Bild von da verschwunden war, konnten weder die eidlich befragten Zeugen, noch der Pfarrer und der Kapellan sagen. Als inzwischen das Heiligen-Häuschen vollendet war, fand man nach einiger Zeit das verlorene Bildlein wieder und stellte es in demselben Kapellchen zur Verehrung auf.

 

Während dieses umsichtigen Verfahrens offenbarte sich Gottes Macht und Erbarmung und lohnte die Anrufung der Lieben Frau in dem erwähnten Kapellchen und die Verehrung des wunderbaren Bildes durch zahlreiche Wunder und Zeichen. – Als der damalige regierende Fürst, Philipp Wilhelm Herzog von Jülich, von der Auffindung des genannten Bildes der Lieben Frau, sowie von der Andacht der Gläubigen und von den Wunderzeichen hörte, ließ er durch geistliches und weltliches Gericht den Tatbestand untersuchen und genau prüfen. Was für eine Überzeugung die angestellte Untersuchung in dem Herzog hervorbrachte, zeigt deutlicher als alles der fernere Entschluss, den er fasste und das Werk, das er gründete. Er ließ nämlich nach dem Plan der weltberühmten Kapelle zu Altötting in Bayern in der Gegend, wo die frommen Finder den wunderbaren Schein bemerkt, unweit des Heiligen-Häuschens eine schöne Kapelle zu Ehren der allerseligsten Jungfrau errichten. Diese Kapelle ist die noch jetzt stehende, in Form einer Rotunde gebauten Gnadenkapelle. Dies geschah im fünften Jahr nach der Auffindung des Bildes im Jahr 1659. Die geistliche Pflege der ankommenden Pilger übertrug derselbe Herzog den ehrwürdigen Vätern des Ordens des heiligen Franziskus, die täglich aus ihrem Kloster zu Jülich hierherkamen, bis sie sich im Jahr 1661 in Aldenhoven wohnlich niederließen und die Behausung neben der Kapelle bezogen.

 

Der Zulauf der Pilger wurde so stark, dass die Zahl der Ordensgeistlichen an Marienfesten nicht ausreichte. – Auf diese Weise geschah, dass das Gnadenbild von Aldenhoven schon vor seiner Auffindung an weithin bekannt, und dieser Gnadenort seit zwei Jahrhunderten den berühmtesten und besuchtesten Wallfahrtsorten zur Lieben Frau beigezählt wird.

 

Im Jahr 1754 wurde dann das hundertjährige Gedächtnis der Auffindung des Bildes durch ein feierliches Jubiläum gefeiert. Dieses Jubiläum wurde im Jahr 1854 erneuert, wozu Papst Pius IX. einen vollkommenen Ablass verlieh. Bis zum Jahr 1804 dauerte der Andrang der Wallfahrer ohne Unterlass fort. In diesem Jahr aber nahm sie teilweise ab, weil das Kloster wie so viele andere dem Schicksal der Aufhebung verfiel. Die Gnaden-Kapelle wurde Eigentum der Pfarrei. Das Gnadenbild wurde in die Pfarrkirche übersetzt und wurde dort der Mittelpunkt der Andacht der Pilger. Die geistliche Pflege kam in die Hände der Pfarrgeistlichen. Auch heutzutage (1866) erscheinen noch während der drei Oktaven von Mariä Heimsuchung, Himmelfahrt und Geburt gegen fünfundvierzig feierliche Prozessionen. Und die Pilger, die da beten und Hilfe suchen, kommen in einer großen Zahl.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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145. Das Wallfahrtskirchlein Mariahilf

auf der Schwarzlack bei Brannenburg

 

Fast 12 Jahre nach dem Ende des Schwedenkrieges fällt der Ursprung, das erste Entstehen des Wallfahrtskirchleins Mariahilf auf der sogenannten schwarzen Lacke, eine halbe Stunde von Brannenburg.

 

Ein Eremit, Georg Thanner, hatte von der Gutsherrschaft, Baron Hund, zu Brannenburg die Erlaubnis erhalten, auf einem ziemlich hochgelegenen Abhang des Sulzberges, fast gleichweit entfernt von dem höheren Weiler Ried eine Klause bauen zu dürfen. Es war im Jahr 1659. Nach einiger Zeit fand der Eremit eines Morgens auf einem abgehauenen Baumstamm in der sogenannten „schwarzen Lacke“ (ein kleiner Sumpf, über dem jetzt das Wallfahrtskirchlein erbaut ist), in der Nähe seiner Klause ein wunderbarlich gemaltes Bild der allerseligsten Mutter Jesu, Maria. Freudig nahm er das schöne Bild in seine Klause, und verrichtete von nun an vor ihm kniend seine gewöhnlichen Gebete und Andachtsübungen. Die Sage von dem schönen Bild wurde bald in der nahen Gegend bekannt. Neugierde, das Bild zu sehen, trieb Leute an, die Klause zu besuchen, und das liebliche Bild weckte die Andacht. Die Besuchenden mehrten sich von Tag zu Tag.

 

Da befahl der damalige Pfarrer Wolfgang Formajer von Großholzhausen das Bild in die nahe Filialkirche zu Brannenburg hinabzutragen. Wiewohl höchst ungerne, musste doch der Eremit dem Befehl seines Ortspfarrers gehorchen. Allein am nächstfolgenden Morgen fand sich das schöne Bild wieder auf dem Baumstock, wie bei der ersten Auffindung. Auf des Pfarrers wiederholten Befehl wurde es zum zweiten- und dritten Mal in die Kirche gebracht. Aber allezeit fand es sich am nächstfolgenden Morgen wieder auf dem Stock in der schwarzen Lacke. Es wurde nun dort gelassen. Der Ruf hiervon verbreitete sich schnell in der ganzen Gegend, und der Zulauf von dem schönen Marienbild wurde sehr groß. Mit Hilfe der Nachbarn erbaute der Eremit nur eine kleine Kapelle, in der das Bild zur Verehrung dargestellt wurde. So lautet die alte Volkssage, ohne sie beurkunden zu können.

 

Da die Andacht und der Zudrang zu dem schönen Marienbild immer größer geworden, erhielt Baron von Hund die Erlaubnis zum Bau eines Kirchleins. Die erste Messe wurde am St. Paulus Bekehrungstag 25. Januar 1687 gelesen. Nachdem im Jahr 1724 der letzte aus dem Zweig der Freiherrn von Hund zu Brannenburg gestorben war, kam die Hofmark durch Kauf an den Grafen von Preisyng.

 

Das Kirchlein auf dem Schwarzlack mag mit kümmerlichen Mitteln nur übereilt gebaut worden sein, denn im Jahr 1748 drohte der Einsturz so sehr, dass kaum mehr Messe gelesen werden konnte.

 

Im Juli 1764 trat Johann Maximilian V. von Preysing ins Majorat, und Brannenburg und Schwarzlack kamen unter seine Herrschaft. Er war sein Leben lang ein Eifriger Verehrer der allerseligsten Jungfrau und Mutter Gottes Maria, ein emsiger Beförderer alles wahrhaft Guten, und ein liebevoller väterlicher Herr aller seiner Herrschaft Untergebenen. Mit freigebiger Hand ließ er sogleich die Kirche auf der Schwarzlack um vieles verschönern, und durch Betchöre (Oratorien) an den Seiten des Chores erweitern, ließ später den Musikchor erbauen und mit einer Orgel versehen, dann die Deckengemälde und noch später die vier Wandgemälde fertigen, und schenkte dem Kirchlein, das er selbst in seinem höchsten Alter noch oft besuchte, am Ende seines Lebens noch eine jährliche Rente von fünfzig Gulden, auf liegende Gründe angewiesen. Als nun die Kirche nach dem Wunsch des Grafen verschönert war, hielt er bei dem damaligen Bischof von Freysing um ihre feierliche Einweihung an, und am dritten Tag des Monats Juni im Jahr 1767 wurde sie feierlichst eingeweiht.

 

Schon im Jahr 1763 hatte Graf Maximilian IV. von Rom die Erlaubnis erhalten, die sogenannten drei goldenen Samstage im Herbst nach dem Fest des heiligen Erzengels Michael auf der Schwarzlack einführen zu dürfen, welch gleiche Erlaubnis derselbe Graf für das Wallfahrtskirchlein Kirchwald am Heuberg bei Nußdorf erhalten hatte. An diesen drei Tagen wurde vom päpstlichen Stuhl vollkommener Ablass verliehen allen, die nach reumütiger Beicht und andächtiger Kommunion diese Kirche besuchen und für das Wohl der ganzen Kirche beten. Dieser herbstlichen Andacht entsprechend wurde auf Bitte des Grafen ein vollkommener Ablass an den ersten drei Freitagen des Monats März unter gleichen Bedingungen den beiden Wallfahrtskirchen verliehen.

 

Der Zudrang zu dem schönen Mariahilfkirchlein war sehr groß. Von nah und fern strömten andächtige Wallfahrer herbei, Kranke an Leib und Seele, Bresthafte und Bedrängte aller Art nahmen ihre Zuflucht und setzten ihr Vertrauen auf die Fürbitte der allerseligsten Jungfrau Maria. Und der Bitterhörungen und Gnadenerweise mögen wohl sehr viele gewesen sein, denn alle Wände waren mit sogenannten Votivtafeln weithinauf überhängt. In dem fanatischen Sturm, der im Anfang des 19. Jahrhunderts über die katholische Kirche losbrach, wurden auch diese sprechenden Beweise tausendfacher Hilfeerfahrungen durch die Fürbitte Mariens aus dem Kirchlein geschafft und größtenteils vernichtet. Nur wenige von den besser gemalten Tafeln wurden von den Nachbarsleuten aufbewahrt, und man ersieht aus den Gemälden, wie aus dem darunter Geschriebenen, in welch großen Gefahren ganz plötzliche Hilfe kam, die nur der Tor für Zufall halten kann, der Weise und der Christ aber der Hand des Allmächtigen zuschreibt.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

Wallfahrtskirche_Schwarzlack

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146. Unsere Liebe Frau zu Hochkirch

bei Groß-Glogau in Niederschlesien

 

Die Wallfahrtskirche Hochkirch ist eine der ältesten Kirchen des Glogauer Fürstentums. Gemäß einer alten Überlieferung, die der hochwürdige Pfarrer Anton Rauch in einer Urkunde niedergelegt hat, wollte man die Kirche auf einem etwas höheren, mehr nach Mittag gelegenen Berg bauen, und hatte auch schon das nötige Baumaterial angefahren, aber in der Nacht wurde das am Tag Angefahrene von den Engeln auf den jetzigen, mehr nach Norden gelegenen Kirchberg getragen. Damals wollte der allmächtige Gott schon anzeigen, wie er diesen Ort zum Wunderort, zu einem Ort der tausendfachen, durch Fürbitte der allerseligsten Jungfrau schon erlangten und noch zu erlangenden Gnaden auserwählt habe, wie sehr viele Beweise und noch mehr die hier getanen Gelübde der Wallfahrer bezeugen. So der fromme Pfarrer Rauch.

 

Die Kirche hat aber im Laufe der Zeit verschiedene Unglücksfälle erlitten. Einmal legte die die Flamme des feindlichen Kriegers, ein andermal ein Blitzstrahl dergestalt in Asche, dass durch lange Zeit ihre Mauern in Trümmern lagen bis sie endlich durch Vermittlung des Fürstbischofs von Breslau nach und nach wiederhergestellt wurde. Durch ein Jahrhundert und länger ließen die Stiftsherren in Glogau durch Kapläne die Seelsorge verwalten. Um das Jahr 1694 begann der Kanonikus und Pfarrer Rauch hier seinen Wohnsitz aufzuschlagen, und weil er ein frommer Priester und eifriger Verehrer der seligsten Jungfrau war, wirkte er auch eifrig zur Ehre Gottes und Erbauung der Gemeinde. Um diese Zeit war auch die Wallfahrt zur Lieben Frau nach Hochkirch in großer Blüte.

 

Baron von Dyrhen, der zur katholischen Kirche sich bekehrt hatte, und Unsere Liebe Frau in Hochkirch kindlich verehrte, wallfahrtete alle Jahre hierher, bedachte die Kirche mit mehreren Vermächtnissen und bestimmte durch ein eigenes Vermächtnis, dass die Väter Franziskaner von Glogau alljährlich am Fest Mariä Geburt eine Prozession nach Hochkirch halten sollten. Auch verlieh Papst Clemens XIII. den Wallfahrern einen vollkommenen Ablass auf jeden beliebigen Tag. Woher aber, wie und wann das Gnadenbild nach Hofkirch gekommen war, davon ist nichts bekannt, da die Urkunden verloren gingen. Das Bildnis der Lieben Frau aus Holz geschnitzt, mit Kleidern und wertvollen Votivgeschenken geschmückt befindet sich in einem Glasschrank auf dem Hochaltar. Schon seit sehr vielen Jahren verehren zahlreiche Wallfahrer aus der Umgegend die hohe Himmelskönigin in diesem Bild. An ihrem Geburtsfest und die Oktav hindurch finden sich noch jetzt (1866) alljährlich sechs- bis achttausend Wallfahrer aus der ganzen Umgegend ein.

 

Alte Aufzeichnungen geben Zeugnis, dass das kindliche Vertrauen vieler Wallfahrer auf die Macht und Güte Unserer Lieben Frau vielfach belohnt wurde.

 

Als der Erzpriester und Pfarrer Johann Tausch an der Kirche baute, ging ihm das Geld aus. Der Samstag kam, und er konnte den Arbeitern den Lohn nicht bezahlen. Da nimmt er seine Zuflucht zur Mutter Gottes, eilt, nachdem er zuvor seine Stube verschlossen hatte, in die Kirche. Wie er wieder zurückkehrt und die Stube aufschließt, findet er das nötige Geld auf dem Tisch. Niemand von den Seinigen war in seiner Stube gewesen. So wurde es nach der Erzählung des nächsten Nachfolgers des Pfarrers Tausch und dem Bericht der Bewohner Hofkirchs vom Pfarrer Johann vom Zöpfel aufgeschrieben und hinterlassen.

 

Er erzählt auch, dass zwei Frauen aus Naumburg ein sieben- bis achtjähriges Mädchen hierher brachten, das so kurzsichtig war, dass es einen Apfel, den er ihm vorhielt, nicht sehen konnte. Sie ließen eine heilige Messe lesen und beteten für das Kind. In demselben Jahr gegen Ende der Oktav von Mariä Geburt kamen sie wieder nach Hochkirch, und erzählten mit Dank an Unsere Liebe Frau, dass das Mädchen sehend geworden war. Pfarrer von Zöpfel setzt seinen Berichten noch bei: „dies bezeuge ich zur Ehre Gottes und der seligsten Jungfrau!“

 

Auch jetzt noch spendet Maria Gnaden in Hochkirch an die, die mit Vertrauen an ihr mitleidsvolles Herz klopfen. Davon geben Zeugnis die vielen Weihegeschenke, die in der schönen Kirche aufgehangen sind.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

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147. Maria, die Trösterin der Betrübten, zu Luxemburg

 

Luxemburg, die Hauptstadt des Großherzogtums gleichen Namens, berühmt als Festung ersten Ranges, ist noch berühmter durch das Heiligtum, das es in sich birgt, nämlich durch das Gnadenbild der Trösterin der Betrübten. Die ehrwürdigen Väter der Gesellschaft Jesu, die seit 1594 in der Stadt wohnten, waren besonders bemüht, die Liebe und Andacht zur Gottesmutter Maria im Herzen zu entflammen und waren vorerst darauf bedacht, außer den Stadtmauern zu Ehren der Gottesmutter eine kleine Kapelle zu bauen, wohin sie ihre Schüler und Zöglinge führen und auch Vorübergehende zur Andacht einladen wollten. Zur Beförderung des Baues trug besonders die Auffindung eines Bildes bei, des Gnadenbildes der Lieben Frau.

 

Es gingen nämlich die Studenten des Jesuitenkollegiums sehr häufig außerhalb der Stadt vor das Neutor spazieren. Der Berg vor dem Tor war damals mit Gehölz bedeckt. Hierher gingen die Studenten gerne, begleitet von den Jesuiten, um sich durch jugendliche Spiele zu erholen. Als nun eines Tages die Schüler wieder das Wäldchen durchstreiften, bemerkte der ehrwürdige Pater, der sie begleitete, auf einmal in einem hohlen Baum ein Bild der Mutter Gottes. Er nimmt es hervor und bewundert es. Dasselbe tun seine Schüler, die sich neugierig um ihn versammeln. Sie besinnen sich nicht lange, nehmen das Bild mit nach Hause und tragen es freudig zur Stadt hinein. Doch das Bild, sagt eine alte Überlieferung, war am folgenden Tag verschwunden, man fand es wieder im hohlen Baum. Unterdessen wurde trotz vieler Hindernisse eine Kapelle am Fuß des Waldes vor dem Neutor, etwa eine kleine Viertelstunde von der Stadt entfernt, zu bauen begonnen. Dies geschah im Jahr 1625. Alles, Jung und Alt, Reich und Arm half zusammen, um den Bau zu vollenden. Die Seele des Unternehmens war der fromme Pater Brocquart. Aber noch war der Bau nicht vollendet, als die damals grassierende Pest auch Luxemburgs Bürger heimsuchte, fast die halbe Stadt war ausgestorben, auch der Pater Brocquart war von der Pest befallen. Schon dem Tod nahe, nahm er mit kindlichem Vertrauen seine Zuflucht zur Trösterin der Betrübten und gelobte, wenn sie ihm die Gesundheit schenke, barfuß zur Kapelle zu pilgern und eine zweipfündige Wachskerze zu opfern, und in wenigen Tagen ist er gesund geworden. Die Erzählung von dieser wunderbaren Genesung ging von Mund zu Mund. Alle freuten sich, alle fassten Mut. Die Bürger glaubten mit Recht, dass auch ihnen Maria eine wunderbare Trösterin in der Trübsal werden würde und riefen von nun an Maria mit Inbrunst unter diesem Titel an. Pater Brocquart betrieb nun seines Gelübdes eingedenk, mit allem Eifer den Bau, und hatte endlich die Freude, ihn im Jahr 1627 vollendet zu sehen. Auf den Altar wurde das Gnadenbild aus dem hohlen Baum gestellt. Dasselbe aus Holz geschnitzt wird heute noch in der Liebfrauenkirche in Luxemburg verehrt, hat nicht ganz die Höhe von drei Fuß und ist äußerst schlicht und einfach. Das Gesicht der Mutter Gottes ist oval und von einer bräunlichen Farbe. Ein reiches Haupthaar, das unter der Krone hervorquillt, fällt in schönen Locken wohlgeordnet auf die Schultern herab. Die Stirn ist hoch, ein wenig gewölbt. Die Augenbrauen sind schwarz, die Wangen rötlich und ziemlich voll. Die Nase ist verhältnismäßig lang, etwas zugespitzt. Der Mund mittelmäßig groß mit hervortretenden Oberlippen, das Kinn hervorragend. Was an dem Bild am meisten auffällt, sind die großen, still strahlenden Augen der Mutter Gottes, die zum Betenden hernieder blicken. Ein einfaches, tuchenes Kleid fällt vom Hals herab, zu beiden Seiten sich immer weiter ausbreitend, und ein schmuckloser Schleier hüllt die ganze Statue gar anmutig ein. Auf der linken Hand trägt die Mutter das göttliche Kind Jesus. Ein stark gekräuseltes Haar bedeckt sein heiliges Haupt mit der Krone. Über den beiden vollen Wangen des lieblichen Gesichtes leuchten die Augen, wie zwei funkelnde Sterne. Auf der linken Hand trägt das Kind die Weltkugel mit dem Kreuz, es hat der Mutter das Zepter gereicht und gibt mit drei Fingern der rechten Hand den himmlischen Segen.

 

Der Anblick des heiligen Gnadenbildes, das keinen Anspruch auf Kunst macht, bewirkt in den Herzen der andächtig Beschauenden immer einen tieferen Eindruck. Man nannte, und nennt es mit Recht „die Mutter Jesu, die Trösterin der Betrübten“, denn es entfaltet gerade solche Züge, die nichts anderes als Vertrauen, Zuversicht und Beruhigung einflößen. Das gläubige Volk fühlte gleich seinen vollen Wert, und mit jedem Tag nahm die Zahl der Andächtigen zu. Endlich wurde die Kapelle am 10. Mai 1628 vom Weihbischof von Trier feierlich eingeweiht. Im Jahr 1640 den 12. Oktober wurden vom hochwürdigsten Weihbischof von Trier dreiunddreißig Wunder gerichtlich untersucht und bestätigt.

 

Dass auch heutzutage (1866) sich hier noch Maria als Trösterin der Betrübten zeigt, beweisen die noch immer fortdauernden zahlreichen Prozessionen, die alle Jahre daher gemacht werden, sowohl aus der Umgegend, wie aus den fernsten Ländern.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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148. Unsere Liebe Frau zu Mainz

 

Die Stadt Mainz, die das Licht des Glaubens einem Apostelschüler, dem heiligen Creszenz, verdankt, war von Anfang der Sitz des Bischofs und wurde unter dem heiligen Bonifazius 748 zur ersten Kirche in Deutschland erhoben. Unter den alten kirchlichen Gebäuden der Stadt nahm die Kirche der heiligen Jungfrau, dicht bei dem riesigen Dom, eine hervorragende Stelle ein. Da bereits in den Urkunden aus den ersten Jahren des neunten Jahrhunderts (803) der Liebfrauenkirche Erwähnung geschieht, so gehörte sie sicherlich zu den ersten Kirchen von Mainz. Nach den meisten und glaubwürdigsten Geschichtsschreibern erbaute um das Jahr 988 der Rat und die Bürgerschaft der Stadt auf der Stelle der früheren Marienkirche eine Kirche zu Ehren der heiligen Jungfrau.

 

Während im Lauf der Zeiten nun die fromme Sinnesart durch zahlreiche Schenkungen aller Art sich bewährte, brannte das Gebäude, das inzwischen in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch größere Reparaturen vor dem Einsturz bewahrt wurde, im Jahr 1285 ab. Turm, Dachwerk, Orgel, fast alle Kirchengeräte wurden ein Opfer der verzehrenden Flammen, selbst die Gewölbe widerstanden nicht, so dass ein Neubau unerlässlich notwendig wurde. Bereits 1311 wurde unter dem Schutz der heiligen Jungfrau die neue Kirche zu ihrer Ehre durch den Erzbischof Peter von Aichspalt eingeweiht. Neues Brandunglück traf aber den herrlichen, mit der höchsten Kunst und großem Aufwand ausgestatteten Bau im Jahr 1637. Doch war er bald wieder hergestellt, und im großen Ganzen blieb die Kirche nun, wenngleich sie noch dreimal von Bränden heimgesucht wurde, nämlich 1561, 1609 und schließlich 1793 bis zum Jahr 1803 erhalten.

 

Die Kirche besitzt ein Gnadenbild, dessen Entstehung wir, nach dem ganzen gotischen Gepräge zu urteilen, in das 14. Jahrhundert, in die Zeit des Neubaus der Kirche, versetzen dürfen. Es ist aus Holz kunstreich geschnitzt, die Figuren sind kaum unter der natürlichen Größe. Maria ist zum Ausdruck ihrer hohen Würde, sitzend auf einem Polster dargestellt. Mit der rechten Hand unterstützt sie das auf ihrem Schoß mit einem Vogel fröhlich spielende Jesuskind, dessen Füßchen ihre linke Hand umschließt. Die Krone bedeckt ihr von reichen Locken umflossenes Haupt, während ein faltiger Mantel das anliegende Unterkleid leicht umwallt. Die Gewänder, ursprünglich schon vergoldet, mit auf Kreidegrund zierlich eingegrabenen Mustern, wurden wahrscheinlich nach dem Brand von 1561 mit dunklen Arabesken in Öl auf Goldgrund bemalt, welche Anordnung bei der vor einigen Jahren (Mitte des 19. Jahrhunderts) stattgefundenen Renovation beibehalten wurde.

 

Diesem Bild wendete sich durch mehrere Jahrhunderte hindurch die besondere Verehrung der Bewohner von Mainz, sowie vieler frommen Verehrer Mariens zu.

 

Das letzte Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts brachte auch über Mainz alle Gräuel und Schrecken der Französischen Revolution und der Kriege in ihrem Gefolge. Nachdem 1792 eine französische Horde unter Custine die Stadt durch einen Handstreich weggenommen hatte, erzwangen 1793 die deutschen Reichstruppen unter dem König von Preußen die Stadt. Das furchtbare Bombardement aber, das vorausging, verwüstete außer einer Masse von Privatgebäuden, viele Kirchen der Stadt, und unter ihnen war neben dem Dom auch die herrliche Liebfrauenkirche. Das Feuer wurde von angrenzenden Stiftsgebäuden rasch weitergeleitet und brannte die Kirche aus. Nur mit genauer Not rettete ein Mainzer Bürger das Gnadenbild, das er in die Augustinerkirche brachte.

 

Die ausgebrannten Hallen der Liebfrauenkirche benützte man, notdürftig gedeckt, als Magazin. Zehn Jahre später aber wurden sie durch Männer der Aufklärung um den Spottpreis von sechshundert Gulden auf Abbruch verkauft, wo die trefflichen Bildwerke aus Stein rasch auswärtige Abnehmer fanden, so dass außer dem Gnadenbild nichts weiter erhalten blieb.

 

Mitten in den Kriegsstürmen fand das Gnadenbild selbst in den Reihen des kaiserlichen Heeres einen treuen Verehrer. Feldmarschall Clerfait nämlich ließ wegen des über die Franzosen vor Mainz 1795 erfochtenen Sieges einen Schrein von Holz um das Gnadenbild verfertigen, damit es auf diese Weise geschützt und ausgezeichnet werde. So blieb es bis zum Jahr 1851. Als in diesem Jahr in Folge eines Mordanschlags auf einen die Heilige Messe lesenden Priester die Kirche neu geweiht, und die Verehrung der heiligen Jungfrau gewidmet wurde, kam man auf den Gedanken, eine Umrahmung in Form des schönen Portals der alten Liebfrauenkirche herzustellen. Bereits am 1. Mai 1853 erhielt das Gnadenbild seinen neuen Platz.

 

Hatte man auch zu keiner Zeit die Andacht zu dem Gnadenbild gänzlich vernachlässigt, so brachte doch diese Veränderung mit einem Mal einen regen Eifer unter die frommen Verehrer Mariens.

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149. Die heilige Linde Unserer Lieben Frau bei Rosenberg

in Preußisch-Oberschlesien

 

Die Entstehung dieses nahe bei Rosenberg liegenden Wallfahrtsortes wird folgendermaßen erzählt:

 

Die deutschen Ordensritter hatten zur Bezwingung der heidnischen Preußen sich Vesten gebaut. Eine von ihnen, eine Vorveste, befand sich am Saum des Urwaldes, in dem die Preußen bei der heiligen Eiche ihren Götzendienst hielten. Die Ordensritter waren so glücklich, den Sohn des Häuptlings der Preußen, Godewin mit Namen, in ihre Gewalt zu bringen und gaben ihn ihrem Kastner zur Erziehung, der ein liebliches Töchterlein hatte, Dorokta oder Dorothea mit Namen. Mit diesem Mädchen wuchs der Knabe auf. Das Mädchen, gar fromm und gut, erzählte dem heidnischen Knaben vieles von Jesus, unserem Heiland, von seinem heiligen Leben, seiner himmlischen Lehre, seinem Tod am Kreuz für uns sündige Menschen und seiner glorreichen Auferstehung und Himmelfahrt. Der Knabe horchte dem guten Mädchen gerne zu, und ließ sich von ihm leiten wie ein Kind von der Mutter. Doch konnte er seinen Vater nicht vergessen und die Heimat. Die Sehnsucht, seinen Vater wieder zu sehen, bewog ihn, zu entfliehen. Er kam glücklich wieder in seine Heimat. Immer aber trug er das Andenken an das gute, fromme Mädchen Dorothea und die Erinnerung an ihre schönen Belehrungen von Jesus und seiner Liebe zu uns und seinen bitteren Kreuzestod im Herzen. Dem Mädchen tat die Flucht Godewins weh, sie wollte ihn ja für Christus gewinnen und seine Landsleute vor den Füßen des Gekreuzigten sehen. Oft sann sie nach, wie sie es wohl anstellen müsste, um den Heiden das Evangelium zu verkünden. Oft wollte sie in heiliger Begeisterung mit dem Kreuz in der Hand mitten unter die Heiden treten, ihnen den Namen Jesus verkünden und aus Liebe zu Jesus für sie sterben. Da geschah es, dass sie einst, bei der Nacht ruhend und eben mit diesem Plan beschäftigt, ein Geräusch vernahm. Als sie sich umschaute, springt plötzlich des Heidenhäuptlings Sohn, Godewin, den sie als Knaben gekannt, durch das Fenster in ihre Kammer, und sprach zu ihr: „Jungfrau, fliehe mit mir, ich will Christ werden und mit deiner Hilfe meine Landsleute für deinem Gott gewinnen.“ Die Jungfrau Dorothea ließ sich bewegen, und floh mit Godewin in einen tiefen Wald, wo drei Freunde Godewins schon auf sie warteten. Sie bauten sich eine Hütte und Dorothea unterrichte Godewin und seine Freunde im Christentum, das sie mit glühendem Glauben annahmen.

 

Eines Tages trat plötzlich, wie von Gott gesandt, ein Mönch aus dem Bernhardiner-Orden unter sie. Er war ein Missionar, und suchte die heidnischen Preußen für den Heiland zu gewinnen. Mit Freuden wurde er aufgenommen, vollendete an Godewin und seinen Freunden, was Dorothea bereits begonnen hatte und taufte sie. Er verweilte längere Zeit bei ihnen und schnitt am Stamm einer Linde ein Liebfrauenbild gar schön und lieblich. Vor ihm beteten oft die jungen Christen. Als sie eines Tages wieder ihre Andacht vor dem Bild der Lieben Frau an der Linde verrichteten, wurden sie von einem Haufen wilder Heiden überfallen, unter denen sich auch Godewins Vater befand. Der Priester, Godewin, Dorothea und seine Freunde wurden grausam hingemordet. Die Linde aber mit dem heiligen Bild hieben die Heiden nieder und warfen sie in einen nahen Weiher. Im Laufe der Zeit wurden endlich die Heiden in der Umgegend bekehrt, der Wald wurde gelichtet, die Götzen wurden umgestürzt, das Land bebaut. Da ritten eines Tages einige Ordensritter an dem Weiher vorüber, wo die heilige Linde lag. Sie wunderten sich, dass sie Bäume rings um den Weiher alle ihre Äste dem Wasser zuneigten. Als sie näher kamen, bemerkten sie das Wasser voll Lindenblüte und auf ihm die heilige Linde mit dem Bild glänzen. Mit Verwunderung, Freude und Ehrfurcht erhoben sie das Bild, und bauten hierauf eine Kapelle um die Linde. Der Ruf von der wunderbaren Begebenheit verbreitete sich nach und nach unter das Volk. Von allen Seiten kamen Pilger, verehrten das heilige Bild und opferten ihre Gaben so reichlich, dass die Linde mit Silber umfangen, das Bild mit Silber geschmückt und eine schöne Kirche gebaut werden konnte. Durch die Glaubensspaltung verlor die Kirche ihre Schätze, aber die Wallfahrt zur heiligen Linde hörte nicht auf, die noch hinter dem Altar in der Kirche steht. Jedermann wollte zum Andenken von der heiligen Linde ein Stückchen Holz haben. Man sah sich daher gezwungen, die Linde mit Brettern zu umfangen. Noch immer ist diese Kirche die Freude und der Trost der ganzen Umgegend.

 

(Aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)

 

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150. Die wundertätige Hostie zu Seefeld in Tirol