Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast

Mariä Heimsuchung (Zweites freudenreiches Geheimnis)
Mariä Heimsuchung (Zweites freudenreiches Geheimnis)

 

Den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast

 

Im vorliegenden Bild erblicken wir das gewöhnliche Haus eines angesehenen Mannes aus dem Levitenstamm, beschattet vom wilden Feigenbaum oder Sycomorus, umgrünt von einem Rebengeländer. Die Hauptgruppe bildet die freudige Begrüßung zwischen der jungfräulichen Pilgerin und ihrer Base Elisabeth. Man erkennt an der ersteren noch den eiligen Schritt, womit sie über das schroffe Gebirge gewandert ist, beflügelt von dem Eifer und der Freudigkeit heiliger Liebe. Der greise Zacharias, für jetzt noch der Sprache nicht mächtig, blickt mit freudigem Staunen von seinem Buch auf, und im Begriff, von seinem Sitz sich zu erheben, scheint er über das Gespräch der Frauen, dem er horcht, wieder daran zu vergessen.

 

Als sei ihm Maria eine bedeutende Strecke vorangeeilt, zeigt sich ihr Gemahl und Reisegefährte, der heilige Josef, noch in verhältnismäßig geraumer Ferne. Dass er seine Gemahlin begleitet, wird zwar in der heiligen Geschichte nicht erzählt, muss aber, wenn man an die fünftägige Dauer dieser beschwerdevollen Reise, an die Einrichtungen der morgenländischen Nachtlager (Caravanserai´s), an die Sitten des Orients, und an Josefs Lebensaufgabe denkt, als eine Tatsache gelten, die sich von selbst versteht. Die evangelische Geschichte macht wohl deshalb keine ausdrückliche Erwähnung von ihm, weil, wenn auch beide die Reise gemeinschaftlich unternahmen, es doch eigentlich nur Maria war, die Elisabeth heimzusuchen kam.

 

Mit sinniger Umsicht hat der Künstler den edlen Patriarchen um einige hundert Schritte zurückbleiben lassen, und so den sehr wesentlichen Umstand motiviert: dass Josef, obwohl Marias Begleiter, doch weder von Elisabeths Gruß, noch von dem Lobgesang der Jungfrau etwas vernahm, weil er, wäre dies der Fall gewesen, schon jetzt das Mysterium erfahren hätte, dessen Unkenntnis, wenige Monate nachher, zur Feuerprobe seiner erhabenen Tugend und Selbstverleugnung die Veranlassung gab.

 

 

Lukas 1,39-56: In jenen Tagen machte sich Maria auf und ging eilends in das Gebirge nach einer Stadt in Juda. Sie trat in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Sobald Elisabeth den Gruß Marias vernahm, hüpfte das Kind in ihrem Schoß auf. Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: "Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes! Wie habe ich verdient, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, sobald der Klang deines Grußes an mein Ohr drang, hüpfte das Kind in meinem Schoß vor Freude auf. Selig, die geglaubt hat, dass in Erfüllung gehen wird, was ihr vom Herrn gesagt worden ist!"

Da sprach Maria:

"Hoch preist meine Seele den Herrn,

und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heiland.

Er hat gnädig auf seine niedrige Magd herabgeblickt.

Siehe, fortan werden mich selig preisen alle Geschlechter.

Denn Großes hat an mir getan der Mächtige, dessen Name heilig ist,

dessen Erbarmen währt von Geschlecht zu Geschlecht für jene, die ihn fürchten.

Er wirkt Machtvolles mit seinem Arm,

zerstreut, die stolzen Herzens sind.

Er stürzt die Gewalthaber vom Thron

und erhöht die Niedrigen.

Hungrige sättigt er mit Gütern,

Reiche lässt er leer ausgehen.

Er hat sich Israels, seines Knechtes, angenommen

und gedenkt, wie er den Vätern verheißen hat, in Ewigkeit seines Erbarmens

gegen Abraham und dessen Nachkommen."

Maria blieb etwa drei Monate bei ihr. Dann kehrte sie nach Hause zurück.

 

Zehn Sätzchen, von denen jeweils eins vor jedem Ave gelesen werden kann:

 

1. Maria und Joseph sind auf der dreitägigen Reise von Nazareth ins Gebirge Juda zu Elisabeth und Zacharias begriffen. Letztere stehen in Erwartung des Johannes.

 

2. Beschützt vom hl. Joseph wandert Maria durch Felder und Wälder, über Berge und Täler. Äußerlich so arm, innen so reich, da Jesus im Herzen. Nur an ihn denkt sie auf dem mühsamen Weg. Für ihn trägt sie alle Anstrengungen. So vererbt die gute Mutter Maria auch ihrerseits alle ihre edlen Gesinnungen auf ihr Kind.

 

3. Wenn ich Jesus im Herzen trage, ist selbst ein mühsamer Lebensweg nur ein Weg des Friedens, eine goldene Linie zu Gott. Ohne Jesus sind die größten Werke tot.

 

4. Welch große gegenseitige Freude, als die guten Menschen Maria und Elisabeth sich nach langer Trennung wiedersehen! Ich will gegenüber meinen Verwandten und gegenüber allen Menschen solche Liebe im Herzen tragen.

 

5. Elisabeth erkennt, dass Maria die Mutter Gottes ist. Sie fühlt sich nicht würdig, dass Maria und Joseph bei ihr einkehren. "Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes. Woher kommt mir dies, dass die Mutter meines Herrn mich heimsucht?"

 

6. Jesus und Johannes. Mit den Müttern begegnen sich zum ersten Mal Jesus und Johannes, die zwei Größten der Weltgeschichte. Johannes wird befreit von der Erbsünde.

 

7. Selten hat die Welt eine so hohe Freude gesehen wie jetzt bei Maria und Elisabeth. Ihre Freude kommt von Gott und geht zu Gott. "Hoch preise meine Seele den Herrn!" Lieber Gott, schenke auch mir hie und da große Freude in dir, die vollendet wird in der Ewigkeit!

 

8. Demütig schreibt Maria alle Ehre und Erhöhung nur Gott zu. "Er hat gesehen die Niedrigkeit seiner Magd. Die Demütigen erhöht er, die Hungrigen speist er."

 

9. Sie schaut voraus, wie in Zukunft alle Menschen sie ehren werden. "Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter der Erde." Auch ich will nach Kräften beitragen zur Erfüllung dieses Wortes. Ich will Maria verehren, soviel in meinen Kräften steht.

 

10. Mein Vorsatz: Wie Maria auf ihrem Weg, so will ich Gott in meinem ganzen Leben im Herzen tragen. Ihm will ich alle meine Gedanken, Worte und Werke, alle meine Leiden und Freuden weihen.