Jesus, den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast

Mariä Verkündigung (Erstes freudenreiches Geheimnis)
Mariä Verkündigung (Erstes freudenreiches Geheimnis)

 

Den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast

 

Auf unserer Federzeichnung „Mariä Verkündigung“ erblicken wir den Engel, der betenden Jungfrau erscheinend. Ehrfurchtsvoll sein Knie beugend vor der Tochter der Patriarchen, der reinen Lilie der Menschheit, der Zierde aller irdischen und überirdischen Schöpfung, bringt er ihr, zur Kraft und Huld des Allerhöchsten emporweisend, die wunderbare Botschaft. Die Jungfrau (wie St. Thomas von Aquin bemerkt) ist anfangs bestürzt und von Furcht bewegt, nicht über den Anblick des Engels, da sie an den Umgang mit den Himmlischen gewohnt ist, sondern wie es der Evangelist ausdrücklich sagt: über seine Rede; indem sie an so große Dinge von und für sich niemals gedacht hatte. Und nachdem sie vernommen hatte, dass die Mutterwürde, die ihr zugedacht, ihrem Gelübde nicht widersprechen werde, neigt sie ihr Haupt, den göttlichen Ratschluss anbetend.

 

Auf dem Betschemel, an dem die Jungfrau kniet, ist die böse Botschaft des Lügners von Anfang an die erste Eva, sowie die Friedensbotschaft Gottes an den Erzvater Noah angedeutet, dessen Fahrzeug auf der weiten Flut als eines der Vorbilder der Kirche betrachtet wird. Durch die Fensterwölbung öffnet sich die Aussicht links auf einen Hof, wo Marias gesetzlicher rechtmäßiger Gemahl, der jedoch mit ihr an das gleiche Gelübde sich gebunden hat, mit seiner Handarbeit beschäftigt ist; jetzt noch ohne Kenntnis des großen Mysteriums. Rechts hat der Künstler die fernen Bergtriften von Bethlehem angedeutet, wo ein Hirte seine Schafe weidet, einer von jenen, die nicht lange nachher berufen wurden, dem neugeborenen Heiland ihre Huldigung darzubringen.

 

Lukas 1,26-38: Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas namens Nazareth zu einer Jungfrau gesandt, die mit einem Mann namens Joseph aus dem Haus Davids verlobt war. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sprach: "Gegrüßet seist du, voll der Gnade; der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen."

Sie erschrak über die Rede und dachte nach, was dieser Gruß wohl bedeute.

Doch der Engel sprach zu ihr: "Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst empfangen und einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Allerhöchsten genannt werden. Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben; und er wird in Ewigkeit über das Haus Jakob herrschen; seine Herrschaft wird kein Ende haben."

Maria fragte den Engel: "Wie wird das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?"

Der Engel gab ihr zur Antwort: "Der Heilige Geist wird auf dich herabkommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das aus dir geboren wird, Sohn Gottes heißen. Siehe, auch deine Verwandte Elisabeth hat in ihrem Alter noch einen Sohn empfangen; und dies ist für sie, die unfruchtbar genannt wird, schon der sechste Monat. Bei Gott ist ja kein Ding unmöglich."

Da sprach Maria: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort." Und der Engel schied von ihr.

 

Zehn Sätzchen, von denen jeweils eins vor jedem Ave gelesen werden kann:

 

1. Maria betet im Kämmerlein. Wie freuen sich Himmel und Erde über die einsame betende Jungfrau! Möge auch ich im Gebet vor Gott angenehm erscheinen!

 

2. Die erste Aveglocke läutet: "Gegrüßet seist du, Maria!" So ehrerbietig, so andächtig steige auch mein Ave zum Thron der Gottesmutter empor!

 

3. Der Erzengel Gabriel verkündet die Botschaft: "Du sollst einen Sohn empfangen und seinen Namen Jesus nennen." Nun dämmert das Morgenrot der Erlösung. Was Jahrtausende ersehnt, geht jetzt in Erfüllung.

 

4. Die Jungfrau fragt: "Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?" Ich bewundere die reinste Jungfrau. Sie will nur Gottesmutter werden, wenn sie Jungfrau bleiben kann.

 

5. Der Ratschluss des Allmächtigen ist wunderbar. "Der Heilige Geist wird dich überschatten. Darum wird das Heilige, das aus dir geboren wird, Sohn Gottes (nicht Sohn Josephs) genannt werden." Maria soll Mutter Jesu werden und doch Jungfrau bleiben.

 

6. Mit unendlicher Freude höre ich die Zustimmung Mariä. "Siehe, ich bin die Magd des Herrn." Engel und Menschen dürfen Maria von jetzt an als Mutter Gottes begrüßen.

 

7. Wie demütig ist Maria! In dem Augenblick, wo sie Mutter Gottes wird, nennt sie sich nur die Magd des Herrn. Welches Beispiel, dass auch ich immer demütig sei!

 

8. Wie tapfer ist Maria! Sie sieht durch göttliche Eingebung voraus, was sie und ihr göttliches Kind leiden werden. Aber sie will auch im Kreuztragen nur die Magd des Herrn sein. Ich will Gott dienen auch da, wo es schwer fällt: in Versuchungen und im Leiden.

 

9. Der hohe Augenblick der Menschwerdung ist da. "Und das Wort ist Fleisch geworden." Wie eine heilige Kommunion kehrt die erschaffene menschliche Natur Christi, verbunden mit der zweiten göttlichen Person, in das Herz der Gottesmutter ein. Ich knie nieder vor der Arche des Neuen Bundes und bete den Heiland an.

 

10. Mein Vorsatz: Möge der Heiland auch bei mir allezeit in einem so reinen Herzen wohnen!